Die Linke stellt Gerhard Trabert auf Mit dem Obdachlosenmobil ins Schloss Bellevue

Die Linke nominiert den parteilosen Professor für Sozialmedizin, Gerhard Trabert, als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten und hofft auf „71 plus X“ Stimmen in der Bundesversammlung

 Der parteilose Mainzer Professor Gerhard Trabert kandidiert für die Linke für das Amt des Bundespräsidenten

Der parteilose Mainzer Professor Gerhard Trabert kandidiert für die Linke für das Amt des Bundespräsidenten

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Von Holger Möhle

Gerhard Trabert hat keine Chance. Aber die will er nutzen. So wie auch Peter Sodann seine Chance hatte. Der Schauspieler und Tatort-Kommissar hätte aus dem Schloss Bellevue eine Suppenküche gemacht – für die Armen. Auch Obdachlosen hätte er dort einen Platz geboten, erzählte er seinerzeit freimütig. Aber so weit ist es 2009, als Sodann für die Partei Die Linke für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte, doch nicht gekommen. Sodann hatte mit seiner sehr eigenwilligen Auslegung einer möglichen Amtsführung des höchsten Staatsamtes am Ende auch in den eigenen Reihen für Kopfschütteln gesorgt.

Nun also will Trabert, 65 Jahre alter Mainzer Professor für Sozialmedizin, Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier bei der Bundespräsidentenwahl am 13. Februar so viel Konkurrenz wie möglich machen. Was ein Außenseiter eben ausrichten kann. Wahrscheinlich aussichtslos, aber Co-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow formuliert zumindest für die Öffentlichkeit die „Träumerei“ eines Bundespräsidenten auf dem Ticket der Linken. 71 Stimmen hat die Linke in der Bundesversammlung. Das Ziel ist schon gesteckt: „71 plus X“, wie es Fraktionschef Dietmar Bartsch bei der Vorstellung von Trabert am Dienstag in Berlin formuliert. Dafür will der Kandidat nun in eine Art Wahlkampf einsteigen und sich in den knapp fünf Wochen bis zur Bundespräsidentenwahl im Land bekannter machen. Der 65 Jahre alte Professor für Sozialmedizin und Sozialpsychiatrie an der Hochschule Rhein-Main macht aber auch gleich deutlich, dass er Amtsinhaber Steinmeier nicht als politischen Gegner ansieht: „Ich trete nicht gegen Frank-Walter Steinmeier an, sondern für den Kampf gegen Armut.“  

Der „Arzt der Armen“, wie ihn Linke-Co-Vorsitzende Janine Wissler jetzt bezeichnet hat, würde gleich in den ersten Wochen seiner Zeit als Bundespräsident aber gleich „Betroffenen-Initiativen“ von Armen und Obdachlosen ins Schloss Bellevue einladen. Und er sieht auch keinen Grund, warum ein Bundespräsident nicht „alle zwei Wochen einmal mit dem Obdachlosenmobil unterwegs“ sein soll, so wie es Trabert im Raum Mainz regelmäßig macht. Der Sozialarbeiter hat weltweit Flüchtlingen und Menschen in Not geholfen. Er war in Afghanistan ebenso wie auf Haiti. Er hat mitgeholfen, Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten, und er hat Menschen in den Flüchtlingslagern in Griechenland betreut, ebenso wie er in Deutschland Obdachlose kostenlos medizinisch versorgt.

Die Linke nominiert inzwischen schon traditionell eigene Kandidaten bei der Wahl zum Bundespräsidenten. Neben Fernsehkommissar Sodann hatten es auch die Antifaschistin Beate Klarsfeld, die frühere Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen und zuletzt – bei der ersten Wahl von Steinmeier vor fünf Jahren – der Armutsforscher Christoph Butterwegge auf dem Ticket der Linken versucht. Trabert und die Linke wollen mit der Kandidatur Themen wie Armut, Obdachlosigkeit oder Arbeiten in prekären Verhältnissen wieder etwas in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken.

Trabert ist der gemeinsame Kandidat von Partei- und Fraktionsspitze der Linken. Das ist insofern ein Zeichen von Geschlossenheit, als es zuletzt erneut Berichte über ein gestörtes Verhältnis von Parteiführung und Fraktionsspitze gab. Co-Vorsitzende Hennig-Wellsow hatte die Wahl des früheren Linke-Vorsitzenden Klaus Ernst, ein erklärter Befürworter der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2, zum Vorsitzenden des Klimaausschusses im Bundestag kritisiert. Zudem kündigte sie eine inhaltliche wie personelle Neuaufstellung der Linken an, um die Partei aus der Krise zu führen. Nun aber ist erst einmal Konzentration auf die Wahl des Bundespräsidenten im Februar angesagt. Hennig-Wellsow sagt: „Gerhard ist ein Mensch, den es so eigentlich gar nicht mehr gibt.“ Jetzt soll er Bundespräsident werden. Gibt’s doch gar nicht.

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