Nach Politik-Beben in Großbritannien Neuer britischer Premier wird am 5. September bekannt gegeben

Update | London · Der Nachfolger des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson wird am 5. September bekannt gegeben. Das teilte die regierende konservative Tory-Partei am Montagabend in London mit. Für die Nachfolge bewerben sich bisher elf Abgeordnete.

Das sind die potenziellen Nachfolger von Boris Johnson
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Das sind die potenziellen Nachfolger von Boris Johnson

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Foto: AP/Frank Augstein

Die britischen Konservativen haben hohe Hürden für die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson gesetzt. Wie der Vorsitzende des für die Wahl zuständigen Komitees, Graham Brady, am Montagabend mitteilte, müssen Bewerber mindestens 20 Unterstützer aus der eigenen Fraktion vorweisen, um an dem Auswahlverfahren teilzunehmen. Bewerbungen werden im Laufe des Dienstag entgegengenommen. Am 5. September soll die Nachfolge für das Amt des Tory-Parteichefs und damit auch des Premiers geklärt sein.

Die ersten beiden Abstimmungsrunden in der Fraktion sollen noch am Mittwoch und am Donnerstag dieser Woche stattfinden. Die erste Runde übersteht demnach nur, wer mindestens 30 Stimmen von konservativen Abgeordneten erhält. Üblicherweise fällt in jeder weiteren Runde der Letztplatzierte raus. Das Prozedere wird dann so lange wiederholt, bis nur noch zwei Kandidaten übrig sind. Wer den Posten des Parteichefs und damit des Premiers von Boris Johnson übernimmt, entscheiden die Parteimitglieder in einer Briefwahl über den Sommer.

Bis Montagabend haben elf Bewerber ihre Kandidatur erklärt. Einer Umfrage der Webseite Conservative Home zufolge liegen Handelsstaatsekretärin Penny Mordaunt und die Abgeordnete Kemi Badenoch in der Gunst der Parteimitglieder vor den prominenteren Kandidatinnen und Kandidaten wie Ex-Finanzminister Rishi Sunak, Chefjustiziarin Suella Braverman und Außenministerin Liz Truss. Es wird sich zeigen, ob die Favoriten der Mitglieder es durch den Auswahlprozess in der Fraktion schaffen.

Amtsinhaber Johnson kündigte an, sich aus dem Wahlkampf herauszuhalten. „Ich möchte niemandem die Chance verbauen, indem ich meine Unterstützung anbiete“, sagte der 58-Jährige mit Blick auf die schwere Kritik, die er von seiner Partei in den vergangenen Tagen einstecken musste. Johnson hatte am Donnerstag nach massivem Druck aus den eigenen Reihen seinen Rückzug angekündigt. Der Premier hatte zuvor Skandal an Skandal gereiht. Zuletzt wurde ihm eine Affäre um sexuelle Belästigung zum Verhängnis: Ein Parteifreund soll schwer betrunken zwei Männer begrapscht haben. Wie sich herausstellte, hatte Johnson den Mann in einem wichtigen Fraktionsamt installiert, obwohl er von ähnlichen Vorwürfen aus der Vergangenheit wusste. Doch das war nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Fast alle Bewerberinnen und Bewerber kündigten sofortige Steuersenkungen an. Zudem wollen die meisten an umstrittenen Plänen Johnsons wie der einseitigen Aufhebung von Brexit-Regeln für Nordirland und dem Asyl-Pakt mit Ruanda festhalten. Illegal eingereiste Menschen sollen demnach ohne Prüfung ihres Asylantrags und unabhängig von ihrer Nationalität nach Ruanda gebracht werden, um dort Asyl zu beantragen. Die Opposition fordert eine Neuwahl. Der Chef der Labour-Partei, Keir Starmer, warf den Tory-Kandidaten vor, unerfüllbare Steuerversprechen zu machen.

In den Wettbüros gilt derzeit Ex-Finanzminister Rishi Sunak als Favorit. Er wird aber von Teilen der Partei scharf angegriffen: Ihm wird vorgeworfen, mitschuldig an Johnsons Sturz zu sein und zudem mit Steuererhöhungen eine „sozialistische“ Wirtschaftspolitik verfolgt zu haben. Aussichtsreich im Rennen liegen zudem Handelsministerin Penny Mordaunt und Außenministerin Truss. Eine Überraschung könnte die frühere Staatssekretärin Kemi Badenoch werden, die von Schwergewichten wie Ex-Minister Michael Gove gestützt wird. Die 42-Jährige ist vor allem am rechten Rand der Partei beliebt.

(felt/REU//dpa)
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