Britischer Premier unter Druck Stolpert Boris Johnson über Partygate?

London · Der britische Premierminister Boris Johnson soll während des Corona-Lockdowns eine Gartenparty gefeiert haben. Jetzt hat sich Scotland Yard eingeschaltet und ermittelt die Hintergründe und Details. Der Regierungschef hält sich bedeckt.

 Boris Johnson während eines Briefings Anfang Januar 2022 in der Downing Street.

Boris Johnson während eines Briefings Anfang Januar 2022 in der Downing Street.

Foto: AP/Jack Hill

„Partygate“ lässt Boris Johnson nicht los. Der Skandal um illegale Feiern im Amtssitz Nummer 10 Downing Street hatte im vergangenen Jahr die britische Regierung in eine Vertrauenskrise gestürzt. Im neuen Jahr holt er den Premierminister persönlich ein. Der Vorwurf lautet: Mitten im ersten Lockdown, als wegen der Corona-Pandemie strenge Kontaktbeschränkungen galten, soll Johnson eine Party im Garten der Regierungszentrale besucht haben. Der Aufschrei im Königreich ist groß.

Einschlägige Gerüchte gab es schon seit Längerem, jetzt können sie von dokumentarischen Beweisen unterfüttert werden. Dem Sender ITV wurde eine E-Mail vom 20. Mai 2020 zugespielt, die er am Montagabend veröffentlichte. Sie stammt von Johnsons Privatsekretär Martin Reynolds. „Nach einer unglaublich hektischen Zeit dachten wir“, schrieb Reynolds, „dass es schön wäre, das Beste aus diesem wunderbaren Wetter zu machen und uns ein paar sozial distanzierte Drinks im Garten von Nummer 10 zu genehmigen. Bitte schließt euch ab 18 Uhr an und bringt euren eigenen Alkohol mit!“ Die E-Mail ging an mehr als 100 Mitarbeiter raus, wovon rund 40 erschienen, darunter laut übereinstimmenden Zeugenaussagen auch Boris Johnson mit seiner damaligen Verlobten Carrie Symonds.

Am 20. Mai 2020 herrschten in Großbritannien noch strenge Corona-Restriktionen. Nur eine knappe Stunde vor der Gartenparty hatte in der Downing Street eine Pressekonferenz stattgefunden, in der der Kulturminister Oliver Dowden den Briten die Regeln erklärt hatte: „Sie können nur eine Person außerhalb Ihres Haushalts an einem öffentlichen Ort an der freien Luft treffen, vorausgesetzt, dass Sie zwei Meter Abstand einhalten.“ Partys dagegen waren ausdrücklich verboten. In der Nacht zum Dienstag hat sich Scotland Yard eingeschaltet und die Regierungszentrale wegen eines möglichen Regelverstoßes kontaktiert. Noch ist nicht entschieden, ob es zu einer offiziellen polizeilichen Untersuchung kommt.

Berichte über Partys in der Downing Street machen schon seit dem letzten Herbst die Runde, und die Verteidigung, die Boris Johnson oder Regierungssprecher bisher anboten, war: Nein, es handele sich um informelle Meetings oder um Arbeitstreffen, bei denen mitunter auch Alkohol konsumiert wurde, der Premier habe nicht teilgenommen und Covid-Regeln seien keinesfalls gebrochen worden. Boris Johnson selbst sagte Anfang Dezember im Unterhaus, dass er von keinen Regelverstößen wisse und entsetzt darüber wäre, wenn es tatsächlich dazu gekommen sei. Deshalb habe er eine interne Untersuchung der Vorgänge anberaumt. Die hochrangige Beamtin Sue Gray leitet diese Ermittlungen, und bevor sie nicht berichtet hat, will die Regierung keine Stellung nehmen.

Doch es ist fraglich, wie lange Downing Street diese Verteidigungsstrategie durchhalten kann angesichts der allzu eklatanten Regelverstöße. Die Opposition jedenfalls will nicht lockerlassen. Labour leckt Blut, die Schattenfinanzministerin Rachel Reeves hat jetzt erstmals Boris Johnson als „Lügner“ bezeichnet. Und der Labour-Vorsitzende Keir Starmer sagte: „Wenn er in seinen Pressekonferenzen das Land instruiert, sich an Beschränkungen zu halten, während es gleichzeitig immer mehr Beweise von Feiern in der Downing Street gibt, untergräbt das seine moralische Autorität, von anderen zu verlangen, sich an die Regeln zu halten.“

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