Nach tagelangen Unruhen Kasachstan hat einen neuen Regierungschef

Nur-Sultan · Die Ex-Sowjetrepublik Kasachstan hat nach tagelangen schweren Ausschreitungen einen neuen Regierungschef. Außerdem kündigte Präsident Tokajew den Abzug der von ihm ins Land gerufenen verbündeten ausländischen Truppen an.

Kasachstan: Tote bei Gefechten von Militär und Demonstranten
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Konflikt zwischen Militär und Demonstranten in Kasachstan

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Foto: dpa/Vladimir Tretyakov

Das Parlament des zentralasiatischen Landes stimmte am Dienstag für Alichan Smailow, der den Posten bereits übergangsweise nach der Entlassung der alten Regierung vor gut einer Woche inne hatte, wie das Staatsfernsehen berichtete. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte kurz zuvor den 49-Jährigen als Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Smailow war zuvor Vize-Regierungschef sowie in der Vergangenheit mehrere Jahre lang Finanzminister.

In der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik, die unter anderem an Russland grenzt, war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise in Proteste gegen die Staatsführung umgeschlagen. Neben friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, insbesondere in der Millionenstadt Almaty. Tokajew hatte angesichts der Unruhen ein von Russland geführtes Militärbündnis um Unterstützung gebeten. Es gab viele Tote und Verletzte.

Indes näherte sich die Zahl der Festnahmen der Marke von 10.000. Das Innenministerium sprach der Agentur Tengrinews zufolge davon, dass während der Unruhen etwa 9900 Menschen in Gewahrsam gekommen seien.

Präsident Tokajew kündigte den Abzug der von ihm inmitten schwerer Unruhen ins Land gerufenen verbündeten ausländischen Truppen an. Die überwiegend von Russland entsandten Einheiten der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) würden in zwei Tagen damit beginnen, Kasachstan zu verlassen, sagte er am Dienstag im Parlament. Ihre Mission sei nahezu beendet, der Rückzug werde zehn Tage dauern.

Er begründete das im Parlament so: „Als diese Entscheidung getroffen wurde, hätten wir komplett die Kontrolle über Almaty verlieren können, das von Terroristen auseinandergerissen wurde. Hätten wir Almaty verloren, würden wir die Hauptstadt (Nur-Sultan) und das ganze Land verlieren.“

Experten gehen davon aus, dass der Präsident die Krise auch dafür nutzt, um seinen Vorgänger, den Ex-Langzeit-Präsident Nursultan Nasarbajew, zu entmachten. Nasarbajew galt auch nach seinem Rücktritt 2019 weiter als mächtigster Mann in Kasachstan. Tokajew entzog ihm kürzlich den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrates und entließ mehrere seiner Vertrauten aus wichtigen Ämtern.

(mba/dpa)
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