Merkel und Macron einig EU-Länder sollen 400 Minderjährige aus Moria übernehmen

Berlin · Kanzlerin Merkel und der französische Präsident Macron wollen nach den Bränden im griechischen Flüchtlingslager Moria mit anderen EU-Staaten 400 unbegleitete Minderjährige übernehmen.

 Eine Familie steht innerhalb des ausgebrannten Flüchtlingslagers Moria.

Eine Familie steht innerhalb des ausgebrannten Flüchtlingslagers Moria.

Foto: dpa/Socrates Baltagiannis

Deutschland und Frankreich sind nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) miteinander im Gespräch, um minderjährige Flüchtlinge aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen. Sie hoffe, dass auch andere Länder dazu bereit sind, sagte Merkel am Donnerstag. Die Bundesregierung werde dafür kämpfen, dass man in dieser Angelegenheit zu einer europäischen Verantwortung kommt, betonte die Bundeskanzlerin.

Die Zahl sollte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vom Donnerstag für alle teilnehmenden Länder gelten. Wie viele der Flüchtlinge davon Deutschland übernehmen würde, stehe noch nicht fest, hieß es weiter.

In Moria bündelten sich die Probleme im Zusammenhang mit der Migration, sagte Merkel. Es sei seit langem bekannt, dass dort Menschen unter unwürdigen Bedingungen leben. „Der Brand hat wie im Brennglas gezeigt, was das Problem ist“, sagte die Kanzlerin. Jetzt gehe es darum, sofort zu helfen und eine neue und bessere Unterbringung für die Menschen dort sicherzustellen. Aus Griechenland gebe es die Bitte, insbesondere minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen.

Nach diesen Informationen wird derzeit mit weiteren Ländern über eine Teilnahme an der Aktion verhandelt. Griechenland selbst bitte demnach nicht ausdrücklich um die Übernahme weiterer Personen, hieß es weiter. In Athen werde befürchtet, dass ansonsten Sabotage auch in anderen Flüchtlingslagern angereizt werden könne.

Macron hatte zuvor erklärt, Frankreich plane gemeinsam mit Deutschland einen Vorschlag, um Flüchtlinge nach dem Brand in Moria aufzunehmen. Es sollten auch andere europäische Partner gewonnen werden: „Wir müssen mit Griechenland solidarisch sein“, sagte er auf der französischen Mittelmeerinsel Korsika. Es gehe nun um eine „gute Antwort der Solidarität“ an Griechenland, sagte der 42-Jährige.

Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich zuversichtlich gezeigt, dass mehrere europäische Länder in Kürze eine gemeinsame Lösung zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem griechischen Lager Moria finden. „Es ist eine gute Entwicklung, dass die Bereitschaft solidarisch zu helfen wächst“, sagte Scholz. Für unbegleitete Minderjährige seien Deutschland, Frankreich und „einzelne andere Länder“ bereit zu einer schnellen Lösung. Auch für alle anderen Flüchtlinge „muss in großer europäischer Solidarität jetzt gehandelt werden. Das duldet keinen weiteren Aufschub“, sagte Scholz. „Ich bin sicher, dass die Regierung gemeinsam dazu beiträgt, dass Deutschland einen solidarischen Beitrag leistet“, sagte Scholz mit Blick auf die zögerliche Haltung von Innenminister Horst Seehofer (CSU).

Deutschland hat bereits mehr als 460 unbegleitete Kinder, kranke Kinder und ihre Angehörigen aus den Flüchtlingslagern von den Inseln aufgenommen. Weitere Aufnahmen kranker Kinder sind bereits in Vorbereitung. Die nun zwischen Merkel und Macron zugesagte Aufnahme unbegleiteter Minderjähriger, die von den griechischen Behörden nun auf das Festland gebracht wurden, soll nach dpa-Informationen unabhängig davon stattfinden.

Die griechische Regierung hat unterdessen einer schnellen Verlegung weiterer Flüchtlinge nach dem Großfeuer im Lager Moria eine Absage erteilt und gezielte Brandstiftung als Auslöser der Katastrophe festgestellt. Zugleich wurden bis Donnerstag schon 400 Minderjährige, die ohne Begleitung ihrer Eltern unterwegs sind, von der Insel Lesbos in die Hafenstadt Thessaloniki geflogen.

Der stellvertretende Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos schloss aber aus, dass auch erwachsene Migranten die Insel verlassen dürfen. Im Nachrichtensender Skai sagte er: „Wer denkt, er könne zum Festland und dann nach Deutschland reisen, der soll es vergessen.“

Über die Frage, ob Deutschland notfalls auch im Alleingang und ohne Beteiligung anderer EU-Staaten mehr Migranten von den griechischen Inseln aufnehmen könnte, wurde in Berlin seit Mittwoch gestritten. Die Bundesregierung hatte betont, auf Hilfe vor Ort zu setzen und sich mit Griechenland und den EU-Partnern abzustimmen. Auch aus der Union waren aber Stimmen laut geworden, die mehr Aufnahmen forderten - beispielsweise vom griechischen Festland, um die Lage zu entspannen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert, dass Deutschland vorangehen und 2000 Migranten aufnehmen soll.

Die Niederlande teilten derweil mit 100 Menschen aus Moria aufnehmen zu wollen. Darauf einigten sich die Koalitionsparteien am Donnerstag in Den Haag. Bisher hatte die Regierung des rechtsliberalen Premier Mark Rutte die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland strikt abgelehnt. Nach dem verheerenden Brand hatten jedoch seine drei Koalitionspartner auf eine Änderung des Standpunktes gedrängt.

In der Nacht zu Mittwoch hatte es im Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos mehrere Brände gegeben. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden sie gelegt. Das Lager ist auf 2800 Bewohner ausgelegt, zuletzt lebten mehr als 12.000 Migranten dort. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hatte gefordert, dass Deutschland vorangehen und 2000 Migranten aufnehmen solle. Mehrere deutsche Bundesländer hatten sich bereit erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen.

(ahar/dpa/epd)
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