Reisen zwischen NRW und Brüssel Raus aus dem Risikogebiet, rein ins Risikogebiet

Düsseldorf · Das Auswärtige Amt hat die Region Brüssel zum Risikogebiet erklärt. Umgekehrt warnt Belgien vor Reisen in die Region Düsseldorf. Eine verzwickte Situation - unter anderem für EU-Parlamentarier aus NRW. Wie gehen sie mit den Regeln um?

 Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Gruppe in der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament, wünscht sich in der Quarantäne-Frage während der Pandemie eine einheitliche Lösung für die Parlamentarier in Deutschland.

Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Gruppe in der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament, wünscht sich in der Quarantäne-Frage während der Pandemie eine einheitliche Lösung für die Parlamentarier in Deutschland.

Foto: EuropaSPD/Jens Geier

Reisen zu Corona-Zeiten sind kompliziert. Viele Deutsche haben daher diesen Sommer darauf verzichtet oder haben Urlaub im eigenen Land gemacht. Anders sieht es für Leute aus, die beruflich unterwegs sein müssen: Jens Geier etwa ist Vorsitzender der SPD-Gruppe in der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament. Durch seine Tätigkeit sind Reisen nach Brüssel auch während der Corona-Pandemie erforderlich. Der Europaabgeordnete lebt in Essen und kehrt gerade von einer Sitzung aus Belgien zurück, als wir ihn erreichen. Dass Belgien strengere Corona-Regeln habe, falle direkt auf: „In meiner Mittagspause war ich in einem Park, da lief jeder völlig selbstverständlich mit einer Maske rum, wie es in der Öffentlichkeit hier Pflicht ist - da haben die Leute es in Belgien schwerer.“

Brüssel wurde am 21. August neben der Provinz Antwerpen vom Robert-Koch-Institut als Corona-Risikogebiet eingestuft, Reiserückkehrer müssen in Nordrhein-Westfalen also in eine 14-tägige Quarantäne, wenn sie keinen negativen Corona-Test vorweisen können. Belgien wiederum warnt vor Reisen in den Regierungsbezirk Düsseldorf, Einreisenden aus diesem Gebiet wird „dringend empfohlen“, sich einem Test zu unterziehen oder sich in eine ebenfalls 14-tägige Quarantäne zu begeben. Was eine prekäre Situation für einen Europaparlamentarier sein könnte, hat das Land NRW jedoch entschärft: Als Mitglied einer europäischen Institution und Berufspendler ist Jens Geier von der Quarantäne-Pflicht befreit. Das bedeute aber nicht, dass er und die anderen Sozialdemokraten ständig „hin- und herreisen“ würden: „Wir schränken uns sehr ein und fahren nur nach Brüssel, wenn es zwingend geboten ist.“

Eine einheitliche Lösung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) gebe es derweil in Deutschland nicht, berichtet Jens Geier weiter: „Die Regeln sind für die MdEPs von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, in einigen muss man beispielsweise einen Antrag stellen, damit man zur Ausübung des Mandats nach Brüssel reisen kann. Wir brauchen in Deutschland dringend eine gemeinsame Lösung, weil es sonst mit der Gleichbehandlung nicht klappt.“

Der „Flickenteppich“ EU in der Corona-Pandemie

Belgien schottete sich am 20. März ab; der strenge Lockdown sah nur absolut notwendige Grenzüberschreitungen vor, schon eine Fahrt zu einem Supermarkt über die Grenze war nicht erlaubt. Das Nichtbefolgen dieser Regeln wurde mit hohen Bußgeldern geahndet. Das Schengener Abkommen war nach Ansicht vieler Beobachter außer Kraft gesetzt. Könnte es zu einem zweiten drastischen Lockdown kommen?

„Selbstverständlich“, meint Geier. Auch wenn es gerade keine Grenzkontrollen gebe, könnten solche Maßnahmen erneut angeordnet werden, wenn die Corona-Zahlen wieder in die Höhe schießen. Gerade die aktuellen Entwicklungen auch durch die Reiserückkehrer beobachte er mit Sorge. Dennoch habe man in den letzten Monaten dazu gelernt und könne nun gegebenenfalls mit anderen Modellen zur Eindämmung vorgehen. Problematisch sei jedoch der unterschiedliche Umgang mit der Pandemie in der Europäischen Union. Schließlich habe etwa Deutschland Brüssel zur Gefahrenzone erklärt, andere Länder taten dies aber nicht. Dieser „Flickenteppich“ sei weder reisefreundlich, noch wirtschafts- oder politikfreundlich. Eine gemeinsame, multinationale Herangehensweise der EU-Länder sei angebracht, sagt Geier: „Da muss man auf Vernunft setzen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort