Kanzlerkandidatur der Union Eine Frage des Timings

Berlin · Nach dem „Pitch“ der Jungen Union ist das Rennen um den CDU-Vorsitz offen. Für die Entscheidung ist auch wichtig, wer als Kanzlerkandidat infrage kommt. Dabei haben Laschet, Merz und Röttgen unterschiedliche Präferenzen, wann die Kür des Bewerbers für die Merkel-Nachfolge erfolgen soll. Denn alle drei müssen auf CSU-Chef Söder aufholen.

 Die drei Kandidaten für den Bundesvorsitz der CDU, Armin Laschet (M), Friedrich Merz (r) und Norbert Röttgen stellten sich am Samstag den Fragen der Jungen Union (JU) -Mitglieder bei einem Online-Talk.

Die drei Kandidaten für den Bundesvorsitz der CDU, Armin Laschet (M), Friedrich Merz (r) und Norbert Röttgen stellten sich am Samstag den Fragen der Jungen Union (JU) -Mitglieder bei einem Online-Talk.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Für die drei Bewerber um den CDU-Vorsitz war das Format ungewohnt. Nach den Regeln von Werbeagenturen trafen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen am Samstagabend das erste Mal zu dritt auf einer Bühne gegeneinander an. Beim „Pitch“ der Jungen Union versuchten sie, den CDU-Nachwuchs in einer Art Kurzvorstellung von sich zu überzeugen und Punkte zu sammeln für die Nachfolge von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Doch ein Schlagabtausch blieb aus. Als sich die drei Kandidaten auf der Bühne den Mund-Nasen-Schutz auszogen, im vorgeschriebenen Abstand zueinander, und vor die zugeschalteten Mitglieder der Jungen Union und ein breites Fernsehpublikum traten, zogen sie mental etwas anderes gleich wieder an: Samthandschuhe. Hätte es nach Norbert Röttgens Eintreten für mehr Bundeskompetenzen in der Bildung nicht Armin Laschets engagierte Replik gegeben (“ich bin definitiv nicht der Meinung, dass der Unterricht besser wird, wenn es die Bundesverwaltung in die Hand nimmt“) - die Kandidaten hätten nur den Eindruck erweckt, sie träten miteinander und nicht gegeneinander für die höchste Position in ihrer Partei an.

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Dabei sprachen sich alle drei für ein Digitalministerium aus, betonten die Bedeutung von Umweltpolitik, Zukunftsinvestitionen, Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit und die Zukunft der CDU als Volkspartei. Wie Friedrich Merz hinterher berichtete, sei der sanfte Umgang miteinander kein Zufall, sondern der Einsicht geschuldet, dass sie alle drei ja für das Zusammenstehen der CDU eintreten. So legten sie ihre Vorstellungen nicht gegeneinander, sondern nebeneinander. Trotzdem entwickelten sie dabei durchaus unterschiedliche Profile und Perspektiven. Am Ende gab es jedoch keinen klaren Gewinner.

Zum Abschluss der Vorstellungsrunde startete JU-Chef Tilman Kuban eine zweiwöchige Mitgliederbefragung der Jugendorganisation zum CDU-Vorsitz. Das Ergebnis gilt als Empfehlung des Parteinachwuchses für die Wahl beim Parteitag in Stuttgart, der für Anfang Dezember geplant ist. Die JU – die gemeinsame Jugendorganisation von CDU und CSU – befragt allerdings nur die gut 70.000 Mitglieder, die nicht aus Bayern stammen, da es um den CDU-Vorsitz geht.

Mitbestimmen darf Bayern dann aber bei einer anderen Frage, die für die Entscheidung des CDU-Spitzenpostens ebenfalls wichtig ist: Wer die Union im kommenden Jahr als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf führen soll. Derzeit wird vor allem um das Timing gerungen, wann die Kür des potentiellen Nachfolgers von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erfolgen soll.

JU-Chef Kuban schlug bereits ein Verfahren bis Ende März vor, um die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz „nicht mit Diskussionen in Berlin“ zu überlagern. Diese finden am 14. März statt. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) riet seiner Partei zu einer noch späteren Verständigung mit CSU-Chef Markus Söder, nämlich erst „nach der Osterpause“. Söder selbst hatte das vorgeschlagen.

Doch die drei CDU-Kandidaten haben völlig unterschiedliche Vorstellungen davon, wann der Kanzlerkandidat der Union feststehen soll – wohl auch mit Blick auf Umfragen. Denn die führt derzeit Markus Söder an, obwohl er immer wieder betont, sein Platz sei in Bayern. So liegt der bayerische Ministerpräsident in einer aktuellen Kantar-Umfrage für die Funke-Mediengruppe mit 34 Prozent vorn, Merz kommt hier nur auf 12 Prozent, Spahn auf 8, Laschet auf 7 und Röttgen auf 5 Prozent.

Die CDU-Kandidaten wissen, dass ihre Wahrnehmung und Durchsetzungsfähigkeit als CDU-Chef auch vom Zeitpunkt der Kanzlerkandidatur abhängen wird. Röttgen und Merz brauchen sie früh, um neben der unverändert beliebten Bundeskanzlerin im Corona-Krisenmodus eine Rolle spielen zu können. Sie wissen, wie marginal die Möglichkeiten Kramp-Karrenbauers waren, ohne Regierungsamt in der Öffentlichkeit vorzukommen. Röttgen plädiert daher für eine Klärung „Anfang des nächsten Jahres“, Merz will die Verständigung nach eigenen Angaben gar „bis Weihnachten“ erreichen.

Laschet und CSU-Chef Markus Söder haben jedoch mehr Zeit, weil sie als Ministerpräsidenten und damit automatisch als Macher in der Krise jederzeit auch neben Merkel punkten können. So will sich Laschet derzeit nicht auf einen Zeitpunkt festlegen, schließt aber ein Abwarten bis nach der Osterpause nicht aus. Im Gegenteil, er kann es sich wohl gut vorstellen. Und freundet sich offenbar mit dem Grundsatz „besser später als früher“ an.

(jd/may- )
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