Asylstreit Jetzt soll Bundestagspräsident Schäuble vermitteln

Berlin · Der Streit zwischen CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik stellt die Union vor eine Zerreißprobe. Während Bayerns Ministerpräsident Söder weiter Härte zeigt, soll nun Bundestagspräsident Schäuble vermitteln.

 Wolfgang Schäuble im Bundestag.

Wolfgang Schäuble im Bundestag.

Foto: dpa/Jens Büttner

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (selbst CDU-Mitglied) soll auf Wunsch der CDU-Spitze im Asyl-Streit mit der CSU vermitteln. Die CDU-Führung und der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder hätten Schäuble gebeten, in den kommenden Tagen mit der Führung der bayerischen Partei zu reden, um eine Kompromisslinie auszuloten, erfuhr unsere Redaktion aus der CDU-Führung.

Schäuble habe in der Flüchtlingspolitik immer wieder eine kritische Haltung eingenommen, ohne die Loyalität zur Kanzlerin aufzugeben, hieß es. "Er besitzt auf beiden Seiten Glaubwürdigkeit." Zu einem Gespräch zwischen Unionsfraktionschef Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt werde es erst am Montag nach den Parteigremiensitzungen kommen.

Die Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters berichteten am Freitagmittag unter Berufung auf Kreise der Unionsfraktion, die Meldung sei nicht zutreffend.

Mit einem Platzen der Koalition rechnet Merkel nach eigenen Worten nicht. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa hat sie zwei Kompromissangebote der CSU abgelehnt. Die CSU habe bei dem Krisentreffen am Mittwochabend im Bundeskanzleramt zunächst vorgeschlagen, sofort mit Zurückweisungen weiterer Asylbewerber an den deutschen Grenzen zu beginnen - dies aber bei einem Erfolg des EU-Gipfels in zwei Wochen wieder zu beenden.

Außerdem habe die CSU den Vorschlag gemacht, jetzt schon weitere Zurückweisungen an den Grenzen zu beschließen - aber nur für den Fall, dass die Verhandlungen auf europäischer Ebene scheitern. Auch diesen zweiten Vorschlag habe die Kanzlerin abgelehnt, hieß es aus CSU-Kreisen.

Söder: Es geht darum, „was richtig ist“

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder verteidigte derweil am Donnerstagabend in den ARD-„Tagesthemen“ das Vorgehen der CSU. Wenn man den Satz ernst nehme, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfe, brauche man eine grundlegende Veränderung - und dazu gehöre die Sicherung der Grenzen. Es gehe dabei nicht um Eitelkeiten, sondern darum, „was richtig ist“. Zu einem möglichen Bruch der Koalition sagte Söder: „Wir wollen auf keinen Fall riskieren, Glaubwürdigkeit zu verlieren.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sagte im ZDF-„heute journal“: „In der Tat ist der Konflikt groß. Es war heute ein gebrauchter Tag für die Union. Aber was alle eint, ist, dass die Unionsfamilie zusammenbleiben muss.“

Seit Tagen streiten CDU und CSU darüber, ob auch Asylbewerber ohne Papiere und solche, die bereits in anderen EU-Ländern als Asylbewerber registriert sind, nicht mehr über die deutsche Grenze gelangen dürfen. Die CSU will diese künftig zurückweisen, Merkel lehnt dies ab. Lediglich bei der Zurückweisung von Personen, deren Asylantrag in Deutschland bereits abgelehnt wurde, signalisierte das CDU-Präsidium am Donnerstag Kompromissbereitschaft: Diese sollen bei einem zweiten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden. Das betrifft allerdings ohnehin nur sehr wenige Menschen.

Raum für Kompromisse in dieser Sache sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten nicht. „Die gesamte Politik besteht aus Kompromissen, aber die Frage, ob wir an der Grenze bestimmte Personengruppen abweisen, kann nur mit Ja oder Nein beantwortet werden“, sagte er der „Heilbronner Stimme“. Die Unionsfraktion sei klar auf der Seite Seehofers und werde seinem sogenannten Asyl-Masterplan zustimmen, falls dieser zur Abstimmung gestellt würde. Zwar sei eine europäische Lösung immer die bessere, sagte von Stetten. „Aber auf diese warten wir bereits seit zweieinhalb Jahren - und deshalb muss jetzt gehandelt werden.“

SPD-Chefin Nahles stellt sich hinter Merkel

Am heutigen Freitag steht das Thema Flüchtlinge auch im Bundestag auf dem Programm. Geplant ist eine Abstimmung zum Thema Familiennachzug. Außerdem soll es eine Aktuelle Stunde zur Flüchtlingspolitik geben.

Der Koalitionspartner SPD betrachtet die Entwicklung mit Sorge. „Die Lage im Streit in der Union ist offenbar ernst“, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley der „Augsburger Allgemeinen“. Sie warnte vor einer schweren Koalitionskrise und betonte, dass ihre Partei dabei nicht über die mit der Union vereinbarten Punkte hinausgehen werde. „Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag müssen eingehalten werden.“ SPD-Vize Malu Dreyer nannte das Verhalten der CSU „menschlich gesehen wirklich unterirdisch“.

Die SPD-Parteivorsitzende Andrea Nahles stellte sich im Asylstreit hinter Merkel. Nahles übte am Freitag in Berlin scharfe Kritik an der CSU, die gegen den erklärten Willen Merkels künftig verstärkt Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen will. In der Flüchtlingspolitik könne nur mit Europa eine vernünftige Lösung gefunden werden, betonte Nahles. „Schlechterdings ist eine Lösung im Alleingang nicht denkbar und sinnvoll.“

FDP-Chef Christian Lindner forderte eine "klare Positionsbestimmung" des Bundestags in der Flüchtlingspolitik. "In der Sache unterstützen wir ja schon seit Jahren die Position von Horst Seehofer", sagte Lindner am Freitag im ARD-"Morgenmagazin". Flüchtlinge, die schon in einem anderen EU-Land registriert seien, sollten aber nur vorübergehend an der deutschen Grenze abgewiesen werden.

(RP/das/dpa)
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