Politbarometer-Umfrage Armin Laschet stürzt ab

Berlin · Die Wähler sind offenbar vom Krisenmanagement des Kanzlerkandidaten Armin Laschet bei der Jahrhundertflut enttäuscht. Vor dem völligen Absturz bewahrt ihn die Stärke der Union.

 Armin Laschet beim Besuch der vom Hochwasser betroffenen Gemeinde Erftstadt (Archivbild).

Armin Laschet beim Besuch der vom Hochwasser betroffenen Gemeinde Erftstadt (Archivbild).

Foto: dpa/Oliver Berg

Ausgerechnet die beiden Kanzlerkandidaten von Union und Grünen belegen in der jüngsten Politbarometer-Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen die letzten Plätze im Ranking der zehn wichtigsten Politiker. Dabei erleidet der CDU-Vorsitzende Armin Laschet auf der Skala von -5 bis +5 mit einem Rückgang von 0,7 seinen bislang schwersten Absturz. Mit einem Wert von -0,2 ist er auch erstmals im negativen Bereich. Seine Mitbewerberin Annalena Baerbock von den Grünen liegt sogar bei -0,5, allerdings unverändert gegenüber der vergangenen Umfrage Anfang Juli. Der Kandidat der SPD, Olaf Scholz, konnte hingegen um 0,2 Punkte zulegen und belegt nun mit 1,2 den dritten Platz - hinter Kanzlerin Angela Merkel (2,6) und dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (1,4).

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Foto: AP/Michael Sohn

Wäre am Sonntag Bundestagswahl, käme die Union nach der jüngsten Politbarometer-Umfrage noch auf 28 Prozent (minus 2). Zweitstärkste Kraft wären die Grünen mit 21 Prozent (plus 1), vor der SPD (16 Prozent) und der AfD (11 Prozent, beide je plus 1). Unverändert blieben die FDP (10 Prozent) und die Linke (7 Prozent). Demnach wäre als Zweier-Konstellation nur ein Bündnis von Union und Grünen möglich. Auch eine Ampel-Koalition (mit SPD und FDP) unter Führung der Grünen würde eine knappe Mehrheit erhalten. Theoretisch regierungsfähig wäre auch die sogenannte Deutschland-Koalition mit Union, SPD und Liberalen.

Die Befragten haben indes andere Präferenzen. Keines der jetzt denkbaren Koalitionsmodelle wird mehrheitlich positiv gesehen wird: Die Fortsetzung eines CDU/CSU-SPD-Bündnisses wird ähnlich deutlich abgelehnt wie Schwarz-Grün unter Führung der Union und „Jamaika“ (Union, Grüne und Liberale). Konkret fänden es 33 Prozent der Deutschen gut, aber 45 Prozent schlecht, wenn es zu einer Koalition aus Union, Grünen und FDP käme. 32 Prozent möchten gerne eine schwarz-grüne Bundesregierung unter Unionsführung (schlecht: 51 Prozent) und nur 29 Prozent eine Fortsetzung der Großen Koalition (schlecht: 49 Prozent). Auf noch stärkere Vorbehalte treffen die Bündnisse unter Führung der Grünen. Grün-Schwarz wird von 61 Prozent abgelehnt (gut: 28 Prozet), ein Bündnis aus Grünen, SPD und FDP von 64 Prozent (gut: 21 Prozent), und Grün-Rot-Rot stößt bei 65 Prozent auf Kritik (gut: 23 Prozent). 

Bei der Frage nach der Eignung für das Kanzleramt stürzt Unions-Kandidat Laschet ebenfalls ab. Ihn halten nur noch 35 Prozent als Bundeskanzler für geeignet, zwölf Prozentpunkte weniger als zuvor. Grünen-Chefin Baerbock legt zwar um einen Punkt zu, erreicht aber nur einen Wert von 25 Prozent. Mehrheitlich halten die Bürgerinnen und Bürger dagegen laut Politbarometer SPD-Kanzlerkandidat Scholz für geeignet, der mit 54 Prozent klar vorn liegt. Er hat übrigens nicht nur bei den eigenen Anhängern mit 81 Prozent eine Mehrheit, sondern auch bei denen der Union (53 Prozent), der Linken (52 Prozent) und der Grünen (61 Prozent). Mit 62 Prozent trauen nur unwesentlich mehr der Unions-Wähler ihrem Kandidaten Laschet die Kanzlerschaft zu. Hier verfügt Baerbock mit 78 Prozent der Grünen-Anhänger über mehr Zustimmung. Auch nach Alter und Geschlecht gibt es deutliche Unterschiede: Während sowohl Frauen als auch Männer Laschet und Baerbock die Kanzlerfähigkeit absprechen, halten 61 Prozent der Männer Scholz für geeignet, aber nur 47 Prozent der Frauen.

Etwas anders ist die Verteilung auf die Frage, wer tatsächlich als Bundeskanzler oder -kanzlerin gewünscht wird. Hier führt Scholz mit 34 Prozent (plus sechs Punkte) vor Laschet mit 29 Prozent (minus acht) und Baerbock mit 20 Prozent (plus zwei). Ein Blick in die Altersgruppen macht deutlich, dass es hier starke Unterschiede in der Kanzlerpräferenz gibt: Scholz liegt bei den ab 60-Jährigen deutlich vorn (40 Prozent) und bei den 35-59-Jährigen knapp (32 Prozent) vor Laschet (30 Prozent), während von den unter 35-Jährigen Annalena Baerbock von 37 Prozent gewünscht wird.

Die jüngste Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands hat die Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf das Thema Klimawandel gelenkt. Noch vor zwei Wochen bewerteten 50 Prozent der Befragten die Corona-Krise als wichtigstes politisches Problem. 34 Prozent nannten den Bereich Klima und Umwelt. Jetzt werden die beiden Felder mit 45 Prozent und 44 Prozent aktuell für gleichermaßen wichtig erachtet. Dazu kommen noch einmal 12 Prozent, die das Hochwasser und den Katastrophenschutz explizit nennen.

Bei der Frage, ob die staatlichen Stellen genug tun, um den Opfern der Hochwasserkatastrophe zu helfen, sagen 44 Prozent und Mehrheiten in den Parteianhängerschaften von Union (55), SPD (48), FDP (51) und Grünen (51), es wird genug getan. 35 Prozent, darunter 70 Prozent der AfD, sind der Ansicht, der Staat leistet nicht genügend Hilfe. Dass die Hochwasserkatastrophe eine Folge des Klimawandels ist, glauben 63 Prozent, 34 Prozent verneinen das. Die größte Zustimmung findet diese Ansicht bei den Grünen-Wählern (86 Prozent), es folgen die Anhänger der Union (62 Prozent) und SPD (62 Prozent). Die Mehrheit der Wähler von AfD (67) und FDP (50) sehen das Hochwasser nicht als Folge des Klimawandels.

Beim Thema Impfen ist eine große Mehrheit gegen eine allgemeine Pflicht. Inzwischen sind 84 Prozent aller Befragten (erwachsene Personen) nach eigenen Angaben mindestens einmal geimpft. Drei Prozent wollen sich noch impfen lassen, sechs Prozent sind noch unsicher. Lediglich sieben Prozent aller Befragten lehnen ein Impfung definitiv ab. Einer Impfpflicht stehen 64 Prozent der Bevölkerung und Mehrheiten in allen Parteianhängerschaften negativ gegenüber. Nur jeder Dritte befürwortet sie. Von den Altersgruppen spricht sich lediglich bei den ab 70-Jährigen eine Mehrheit von 53 Prozent für die Pflicht zur Corona-Impfung aus.   Nach der Meinung von 60 Prozent der Befragten soll es für vollständig Geimpfte weniger Beschränkungen geben als für Nicht-Geimpfte. 37 Prozent, darunter überdurchschnittlich viele Anhänger und Anhängerinnen der AfD (67 Prozent), lehnen das ab.

Für die Umfrage befragte die Forschungsgruppe Wahlen von Dienstag bis Donnerstag 1268 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte. Die Fehlerquote wurde mit zwei bis drei Prozentpunkten angegeben.

Dieser Text wurde um die Themen Klimapolitik und Katastrophenschutz sowie Corona-Maßnahmen und Impffplicht in der Umfrage aktualisiert.

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