Trotz hoher Corona-Zahlen Mehr Länder pochen auf Öffnungsperspektiven

Berlin · Omikron wütet noch, aber in mehreren Bundesländern werden Corona-Maßnahmen insbesondere im Einzelhandel zurückgefahren. In anderen Regionen Deutschlands und stößt das auf Kritik.

 Ein Schild mit der Aufschrift „Bei uns gilt die 2G-Regel Geimpft Genesen“ hängt im Schaufenster eines Schuhgeschäftes in Potsdam.

Ein Schild mit der Aufschrift „Bei uns gilt die 2G-Regel Geimpft Genesen“ hängt im Schaufenster eines Schuhgeschäftes in Potsdam.

Foto: dpa/Soeren Stache

Nach dem angekündigten Aus der 2G-Regel im Einzelhandel in Schleswig-Holstein und Hessen fordern Politiker von Koalition und Opposition, einen solchen Schritt auch bundesweit umzusetzen. FDP-Chef Christian Lindner sagte in der RTL-Sendung „Guten Morgen Deutschland“, die 2G-Regel richte wirtschaftlichen Schaden an, ohne dass sie einen wirksamen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leiste. „Und deshalb ist 2G im Handel nicht erforderlich, die Maske ist es schon“, betonte der Minister bei RTL und ntv. 2G bedeutet, dass nur Geimpfte oder Genesene Zutritt haben.

CSU-Chef Markus Söder sagte der „Bild“-Zeitung: „Mit einer FFP2-Maske können wir auf die 2G-Regel im Handel verzichten. Man hält sich nur kurz in Geschäften auf. Das könnte man bundesweit umsetzen.“ In der Gastronomie könne man die 2G-Regel beibehalten, aber auf einen zusätzlichen Test verzichten. Im RTL/ntv-„Frühstart“ sagte der bayerische Ministerpräsident: „Wir brauchen jetzt einen Einstieg in den Ausstieg. Die Omikronwand ist jetzt zwar da und wird wohl auch noch etwas größer, aber es sind Türen in der Wand erkennbar, durch die wir durchgehen können.“

In mehreren Bundesländern ist Shopping ohne Impf- oder Genesenennachweis bereits wieder erlaubt, weil Gerichte die entsprechende 2G-Regel gekippt hatten. Das Saarland gehört dazu. Auch Mecklenburg-Vorpommern will dem Beispiel anderer Bundesländer nun folgen und die Corona-Beschränkungen für den Handel lockern.

In NRW und Rheinland-Pfalz ist das vorerst nicht geplant. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte darauf hingewiesen, dass man die Gesundheitssysteme nicht überlasten wolle und der Höhepunkt der Omikron-Welle erst für Mitte Februar anvisiert sei. Ähnlich äußerte sich der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) dazu: „Wir sehen aktuell sehr hohe Infektionszahlen und erwarten insbesondere in den Krankenhäusern in den kommenden Wochen noch deutliche steigende Belastungen.“ Ziel sei es, die Überlastung der Gesundheitssysteme zu vermeiden. Man sei mit dem richtigen Maß bisher durch die Pandemie gekommen. „Es gibt von der Landesregierung die Zusage, dass wir - sobald die Zahlen es erlauben und die Belastung in den Krankenhäusern sicher beherrschbar ist - die Maßnahmen auch wieder schrittweise zurücknehmen, in der Gastronomie, beim Sport und auch im Einzelhandel“, sagte Hoch.

Der Deutsche Städtetag übte scharfe Kritik an regional begrenzten Lockerungen. „Es ist schädlich, dass einige Bundesländer erneut in eine unkoordinierte Öffnungshektik verfallen“, sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy unserer Redaktion. „Ein möglicher Shoppingtourismus über Landesgrenzen hinweg wegen unterschiedlicher 2G-Regeln ist da nicht das drängendste Problem. Viel größer ist der Schaden, weil es den Menschen nicht zu erklären ist, welche Regeln in welchem Bundesland gelten“, sagte Dedy. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte in dem Zusammenhang eine bundesweite Aufhebung der 2G-Regel im Einzelhandel gefordert. „Es ist ungerecht, wenn der eine Einzelhändler die 2G-Regel kontrollieren muss und der andere nicht, wenn der eine Händler wegen 2G Umsatz verliert und der andere nicht“, sagte Dulger. „Deshalb plädieren wir für eine bundesweit einheitliche Aufhebung“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA).

Der deutsche Einzelhandel zeigte sich unterdessen offen für die Einführung einer FFP2-Maskenpflicht für Kunden, wenn im Gegenzug die 2G-Regel im Handel überall fallen würde. „Es ist erwiesen, dass FFP2-Masken um ein Vielfaches besser schützen als medizinische Masken“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE) Stefan Genth. „Insofern ist eine solche FFP2-Vorgabe im Gegensatz zu 2G beim Einkauf sicherlich verständlich. In einigen Bundesländern ist das ja auch schon eingeführt“, sagte Genth.  „2G im Einzelhandel muss besser heute als morgen in allen Bundesländern fallen“, forderte er. „Schließlich ist das Einkaufen mit Maske und Abstand in NRW ja nicht weniger sicher als etwa in Niedersachsen oder Bayern“, sagte er. „Es ist aus Sicht der Einzelhändler in den Gebieten, die nach wie vor 2G beim Einkauf haben, eine große Ungerechtigkeit, dass sie weiterhin unter dieser für die Pandemiebekämpfung nutzlosen Regel arbeiten müssen, während benachbarte Bundesländer längst den Pfad der Vernunft eingeschlagen haben. Es ist allerhöchste Zeit, endlich bundesweit und flächendeckend den Irrweg 2G im Einzelhandel zu beenden. Die Maßnahme sorgt für erhebliche Umsatzeinbrüche und bringt nichts beim Kampf gegen Corona“, betonte Genth.

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