Klausur der CSU-Landesgruppe Merz und Söder wollen mit demonstrativer Harmonie alte Konflikte kitten

Analyse | Berlin · Bei ihrem ersten offiziellen Treffen demonstrieren die Frontmänner von CDU und CSU maximale Geschlossenheit. Über die bitteren Erfahrungen des vergangenen Jahres will man lieber nicht mehr sprechen. Stattdessen blickt man voraus auf die vier Landtagswahlen in diesem Jahr. Und Markus Söder stellt eine K-Frage.

 Der neue CDU-Chef Friedrich Merz (v.l.), CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und CSU-Chef Markus Söder markierten bei ihrem ersten offiziellen Treffen demonstrative Einigkeit.

Der neue CDU-Chef Friedrich Merz (v.l.), CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und CSU-Chef Markus Söder markierten bei ihrem ersten offiziellen Treffen demonstrative Einigkeit.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Berlin ist nicht Oberbayern und ein Backsteinbau mit Industriecharme ist nicht der Kirchsee vor Alpenpanorama. So schöne Bilder wie beim ersten informellen Treffen von CSU-Chef Markus Söder mit Friedrich Merz kurz nach dessen Wahl zum CDU-Vorsitzenden gibt es bei der Klausur der CSU-Landesgruppe also nicht. Aber sei’s drum, die Frontmänner der Union lassen sich vom verregneten Hauptstadtambiente die Stimmung nicht vermiesen. Merz ist sich sicher, „das wird eine richtig gute, stabile und auch sehr kollegiale, freundschaftliche Zusammenarbeit werden.“ Und Söder hebt als verbindende Elemente „Kraft, Schwung, Wunsch zu Veränderung, Besinnung auf alte Tugend und Entdeckung von neuen Stärken“ hervor. Die Botschaft ist klar: CDU und CSU sind ein Herz und eine Seele.

Nun kann man festhalten: Das Gegenteil wäre eine Nachricht gewesen. Es war zu erwarten, dass Merz und Söder ihr erstes offizielles Treffen auf Einladung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nutzen werden, um Geschlossenheit zu demonstrieren. Die demonstrative Harmonie sollen die bitteren Erfahrungen des vergangenen Jahres überdecken. Söder gesteht ein, 2021 sei ein Jahr mit „vielen Fehlern und Schwächen“ gewesen. Neben Merz, der sich noch in seinem 95-Prozent-Ergebnis sonnt, wirkt Söder beinahe blass. Der neue CDU-Chef dagegen will über das vergangene Jahr nicht mehr sprechen: „Das ist Geschichte“, sagt Merz. Bereits am kommenden Dienstag soll er auch zum Chef gemeinsamen Fraktion gekürt werden. Man will keine Zeit verlieren, es stehen neue Herausforderungen bevor.

Bei den vier Landtagswahlen in diesem Jahr will man die drei amtierenden CDU-Ministerpräsidenten im Saarland, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Amt verteidigen. Die CSU gelobt, ihren Teil dazu beitragen zu wollen, auch aus Eigeninteresse. Bereits 2023 wird auch in Bayern gewählt, und für Söder lief es schon einmal besser. Er erhofft sich Rückenwind von guten CDU-Ergebnissen in anderen Ländern. Und man wagt einen Blick voraus auf die nächste Bundestagswahl, genau genommen auf die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur. Beim nächsten Mal soll es besser laufen.  Merz und Söder wollen bei einer gemeinsame Präsidiumssitzung von CDU und CSU klären, ob man aus den Erfahrugen „instutitionelle Konsequenzen“ zieht, wie Merz es nennt. Für den Moment aber sieht Söder nur eine ungeklärte K-Frage: „Wo ist der Kanzler?“ Man kritisiert die fehlende Präsenz von Olaf Scholz, auch im Konflikt um die Ukraine.

 Dabei fordert Dobrindt eine Ausweitung des sogenannten Normandie-Formats mit Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine. Nach dem Willen der CSU soll daraus ein „Normandie-Plus-Format“ unter Beteiligung der USA werden. Die Vereinigten Staaten würden immer mehr in den „Fokus des handelnden Akteurs“ hineinwachsen, sagt Dobrindt. Er sieht es als „dringende Aufgabe“ der Bundesregierung, dieses erweiterte Format nun „zu erzeugen“.

Dobrindt bringt seinen Ansatz auf die einfache Formel, man müsse „wortstark und wehrhaft“ sein: Wortstark in den diplomatischen Bemühungen, aber auch eine „Befähigung zur Verteidigung für die Ukraine“ müsse eine mögliche Option sein. Dass man die Befähigung der Ukraine zur Verteidigung verhindere, könne keine deutsche Position sein. Zurecht würden andere Länder danach fragen, wie es sich mit der Bündnisfähigkeit Deutschlands verhalte. Dobrindt vermeidet dabei allerdings, Waffenlieferungen an die Ukraine explizit zu fordern.

 Sicherheitspolitische Expertise hat sich die CSU mit dem Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, dazugeholt. Ischinger äußerte Verständnis für den Kurs der Bundesregierung, bei Waffenlieferungen zurückhaltend zu sein, um Deutschlands Vermittlerrolle nicht zu verspielen. Er würde es aber im Hinblick auf Geschlossenheit und Führungskraft der EU und des nordatlantischen Bündnisses begrüßen, wenn Deutschland „nicht ganz am Ende des Konvois stehen würde“, sagte Ischinger. Viele der deutschen Partner hätten einen anderen Weg eingeschlagen. Es es sei nicht gut, „wenn Deutschland einen Sonderweg beschreitet“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Basta!
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt in der Ukraine-Krise bisher keine Führungsstärke Basta!