Urlaub während Flutkatastrophe Anne Spiegel tritt als Bundesfamilienministerin zurück

Berlin · Bundesfamilienministerin Anne Spiegel stellt ihr Amt nach Kritik an ihrem Umgang mit der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz im Sommer 2021 zur Verfügung. Das erklärte die Grünen-Politikerin am Montag in Berlin.

Das ist Ex-Familienministerin Anne Spiegel
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Foto: dpa/Kay Nietfeld

„Ich tue dies, um Schaden vom Amt abzuwenden, das vor großen politischen Herausforderungen steht“, sagte Spiegel. Die Grünen-Politikerin war in die Kritik geraten, weil sie kurz nach der Hochwasserkatastrophe, von der neben Nordrhein-Westfalen auch Rheinland-Pfalz schwer getroffen wurde, mit ihrer Familie in einen vierwöchigen Urlaub fuhr. Vor allem aus der Union war die Kritik an Spiegel über das Wochenende lauter geworden.

Am Sonntagabend hatte Spiegel in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Berlin sichtlich bewegt und den Tränen nahe die Hintergründe für ihre damalige Entscheidung erläutert. Ihr Mann hatte demnach 2019 einen Schlaganfall erlitten und seitdem Stress vermeiden müssen. Außerdem habe die Corona-Pandemie bei ihren vier Kindern Spuren hinterlassen. Dies sei ein Fehler gewesen, sagte Spiegel rückblickend. „Das hat uns als Familie über die Grenzen gebracht.“ Die Familie habe im Sommer 2021 Urlaub gebraucht.

Die Grünen-Spitze nennt den Rücktritt von Bundesfamilienministerin Anne Spiegel richtig. Über ihre Nachfolge solle rasch entschieden werden, sagten die Co-Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour am Montag am Rande einer Klausurtagung in Husum. „Wir werden sehr bald, zeitnah, einen Vorschlag unterbreiten für die Nachfolge“, so Nouripour. Spiegel habe gute Arbeit geleistet und jetzt Verantwortung übernommen.

Mona Neubaur, Landesvorssitzende und Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen NRW sagt: „Die vergangenen Stunden haben vor allem für Anne Spiegel gezeigt, mit welchen Härten politische Verantwortung und ein öffentliches Amt verbunden sind. In ihrem gestrigen Statement hat sie sehr persönlich die Beweggründe ihrer Urlaubsreise dargestellt, Fehler eingestanden und um Entschuldigung gebeten.“ Ihre Entscheidung, die Leitung des Bundesfamilienministeriums abzugeben, verdiene großen Respekt. „So schwer dieser Schritt ist, er ist in der jetzigen Situation richtig. Ich danke Anne Spiegel für ihre Leistung als Bundesfamilienminsterin. Ein politischer Betrieb, in dem keine Rücksicht auf private Schicksale genommen wird, ist kein guter Zustand für alle Beteiligten.“

FDP-Chef Christian Lindner hat mit Respekt auf den Rücktritt von der Familienministerin reagiert. „Wir haben Respekt vor diesem Schritt. Wir wünschen Frau Spiegel und ihrer Familie alles Gute“, sagte Lindner unserer Redaktion. Auf die Frage, ob Spiegel eine Frau im Kabinett nachfolgen müsse, sagte Lindner: „Das ist alles Sache der Grünen. Da gibt es keine Einmischung in deren Fragen.“

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Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat „großen Respekt“ geäußert. Der Kanzler habe mit Spiegel im Kabinett eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet, erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag. „Er wünscht ihr nach dieser schweren Zeit für die Zukunft alles Gute.“

Spiegel war seit 2016 Familienministerin in Rheinland-Pfalz; zudem war sie Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Landtagswahl im März 2021. Im Januar 2021 übernahm sie geschäftsführend auch das Umweltressort. Bei der Bildung der neuen Landesregierung im Mai 2021 gab sie das Familienressort ab und wurde regulär Umweltministerin. Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ereignete sich Mitte Juli 2021.

(ahar/AFP/dpa/epd/rtr)
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