Steuerrechtler über SPD-Pläne Lohnsteuer-Bonus ist "heimtückisch"

München (RPO). Die SPD will einem Zeitungsbericht zufolge mit einer Erleichterung für Steuerzahler im Wahlkampf punkten. Künftig sollen Arbeitnehmer, die auf eine Steuererklärung verzichten, mit 300 Euro belohnt werden. Steuerrechtler Lang kritisiert den Plan als "heimtückisch". Auch die anderen Parteien lehnen die Pläne kategorisch ab.

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Foto: ddp

Um an den Bonus zu kommen, soll es reichen, dem Finanzamt per Postkarte den Verzicht auf die Erklärung mitzuteilen, meldet die "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag. Die Genossen wollen für die Prämie drei Milliarden Euro bereit stellen.

Wer Einkünfte aus Vermietungen oder anderen Quellen bezieht, muss weiterhin eine Steuererklärung abgeben. Adressaten des neuen Bonus sollen zwei Gruppen sein: Alle Bürger, die bislang keine Steuererklärung abgegeben haben, sowie alle Beschäftigten, die mit einer Erstattung von weniger als 300 Euro rechnen. Eheleute sollen 600 Euro erhalten. Vorraussetzung sei jedoch, dass neben dem Arbeitslohn keine weiteren Einkünfte bestehen.

Steuerrechtler kritisiert SPD-Plan für Lohnsteuer-Bonus als "heimtückisch"

Der Kölner Steuerrechtler Joachim Lang hat die Pläne der SPD als "heimtückische Sozialpolitik" kritisiert. Sie solle "Steuerzahler zum Verzicht auf die Steuererklärung locken, denen eigentlich eine höhere Steuererstattung als 300 Euro zusteht", sagte Lang unserer Redaktion. Am Ende werde der Staat mehr Steuern einnehmen als er für den Bonus ausgibt, sagte Lang. Als Alternative schlägt der Steuerexperte vor, allen Steuerzahlern einen elektronischen, automatischen Entwurf für die Lohnsteuererklärung zu schicken, den diese ausfüllen: "So kann jeder Steuerzahler schnell und einfach seinen Fall prüfen."

Entbürokratisierung

Ziel dieser Prämie sei eine Entbürokratisierung des Steuerwesens und Hilfe insbesondere für Klein- und Durchschnittsverdiener. Unter ihnen fänden sich die meisten Steuerzahler, die neben ihrem Lohn keine Einkünfte hätten, hieß es laut "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch in den Parteikreisen.

Für diese Prämie wollen die Sozialdemokraten rund drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die sie mit einer neuen Börsenumsatzsteuer einzunehmen hoffen. In der SPD-Spitze wurde der Zeitung zufolge auch eine höhere Reichensteuer vereinbart. Den Eingangssteuersatz wollen die Sozialdemokraten auf fast zehn Prozent senken. Bisher war parteiintern immer von einer Reduzierung auf zwölf Prozent die Rede gewesen.

Weitergehende Steuersenkungen, etwa bei der von der Progression stark betroffenen Mittelschicht, seien nicht geplant, hieß es. Anders als noch vor einem Jahr angekündigt, will die SPD demnach in ihrem Wahlprogramm keine Senkung von Lohnzusatzkosten versprechen. Damit vollzieht die Partei auch als Folge der Finanzkrise einen Kurswechsel.

Die Parteiführung will am Donnerstag über das Wahlprogramm beraten. Vorstand und Parteirat sollen es am Samstag billigen.

Ablehnung durch Union, FDP, Grüne und Steuerzahlerbund

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer kritisierte das SPD-Konzept in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" als "unausgegoren, undurchdacht und ungerecht". Der Unions-Finanzexperte Otto Bernhardt (CDU) sprach in einer Erklärung von einer "steuerpolitische Bankrotterklärung". Der Vorschlag ginge "voll zu Lasten der hart arbeitenden Mittelschicht, die bei diesem Vorschlag regelmäßig leer ausgehen wird".

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel erklärte, das Steuerkonzept der SPD sei mit den Liberalen nicht zu machen. "Mit der FDP wird nur regieren können, wer keinen Steuererhöhungskurs fährt und die hart arbeitenden Menschen endlich steuerlich entlastet", sagte Niebel dem Berliner "Tagesspiegel".

Linken-Chef Oskar Lafontaine warf der SPD "Rosstäuscherei" vor. "Wer eine Börsenumsatzsteuer, eine Reichensteuer und einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn fordert und diese Ziele in einer Koalition mit der FDP durchsetzen will, betrügt die Wähler", sagte er dem "Tagesspiegel".

"Die SPD verspricht teure Steuergeschenke", erklärte Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin. "Das Geld wäre sinnvoller eingesetzt für die Senkung der Sozialbeiträge." Die SPD mache den gleichen Fehler wie CDU und FDP, wenn sie die Steuerbelastung für die Geringverdiener als Hauptproblem ausmache. "Die Hälfte der Bevölkerung zahlt gar keine Steuer."

Der Steuerzahlerbund kritisierte den SPD-Vorschlag als "populistisches Wahlversprechen". Nur die allerwenigsten Steuerzahler würden von einer solchen Prämie profitieren", erklärte Verbandspräsident Karl-Heinz Däke.

Viele Steuerzahler, die bisher keine Erklärung abgegeben haben, würden nach dem SPD-Konzept die 300 Euro beantragen, sagte der Vizechef der Deutschen Steuergewerkschaft, Manfred Lehmann, dem "Kölner Stadt-Anzeiger. "Da rechnen wir mit vier bis fünf Millionen zusätzlichen Fällen, "die wir nur wegen einer Postkarte aufnehmen und speichern müssten. Das wäre schon eine Menge Arbeit".

Von dem Bonus könnten nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" pro Jahr sogar bis zu zehn Millionen Arbeitnehmer profitieren. Bereits heute verzichteten zwei Millionen Arbeitnehmer auf eine Einkommensteuererklärung, weil sie den Aufwand scheuten oder keine Erstattung erwarteten, hieß es demnach in SPD-Kreisen.

(AFP)
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