Ex-Minister wird Energie-Berater Clement und die russische Versuchung

Moskau (RPO). Wolfgang Clement tut es seinem politischen Freund Gerhard Schröder gleich. Der ehemalige Ministerpräsident von NRW wird Berater des russischen Energieunternehmens Energy Consultings. Wieder ein Mitglied der 2005 abgewählten rot-grünen Regierung. Wieder ein (ehemaliges) SPD-Mitglied. Wieder Russland. Ex-Politiker, die in die Wirtschaft wechseln, sorgen seit vielen Jahren für Schlagzeilen.

Wolfgang Clements Abrechnung mit der SPD
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Foto: ddp

Der 1. Mai ist für Sozialdemokraten ein Großkampftag. Den sogenannten Tag der Arbeit nutzen Genossen traditionell zum Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Wolfgang Clement sollte auf einer Veranstaltung der IG BCE im westfälischen Ibbenbüren sprechen. Aber der gebürtige Bochumer, der im November 2008 aus der SPD austrat, sagte den Auftritt kurzfristig ab. Ob es an der lautstarken Kritik aus Gewerkschaftsreihen im Vorfeld lag oder an seinen neuen Aufgaben in Moskau, ist nicht überliefert.

Clement und Energie — ein Thema das die deutsche Öffentlichkeit lange beschäftigt. Clements enge Beziehungen zur Energiebranche wurden dem gelernten Journalisten bereits zu seiner Zeit als aktiver Politiker zur Last gelegt. Im Herbst 2008 hatte Clement in einem Zeitungsinterview indirekt von einer Wahl der SPD-Kanidatin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin gewarnt.

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister erklärte Ypsilantis ablehnende Haltung gegenüber neuer Atomwerke für unverantwortlich. Zu diesem Zeitpunkt saß Clement bereits zwei Jahre als neutrales Mitglied im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG. Die Affäre führte letztendlich zum Partei-Austritt Clements.

Jetzt also sein Wechsel nach Russland. "Herrn Clements Erfahrungen und internationaler Einfluss sollen helfen, die Kooperation mit ausländischen Partnern zu erweitern", heißt es bei Energy Consultings über ihren namhaften Neuzugang. Das in Deutschland eher unbekannte Unternehmen beschäftigt 700 Mitarbeiter und bietet Dienstleistungen in der Systemintegration an.

Damit setzt Clement eine Tradition seines ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder fort. Schröder trat im Jahr 2006 den Posten als Aufsichtsrat im internationalen Pipeline-Konsortiums NEGP Company an, an dem der russische Gaskonzern Gazprom die Mehrheit hält.

Der SPD-Politiker, der bereits zu seiner aktiven Zeit im Kanzleramt ein vertrauliches Verhältnis zum heutigen russischen Ministerpräsident Wladimuir Putin pflegte, wurde für sein Vorgehen massiv angegriffen. Schröder hatte Putin, der von Menschenrechtsorganisationen heftig kritisiert wird, stets als "lupenreinen Demokraten" bezeichnet.

Schröder selbst hält sein Verhalten für unproblematisch. Wenn er sich statt für ein russisches Unternehmen für ein amerikanisches Unternehmen entschieden hätte, würde ihm die Öffentlichkeit einen "Lohrbeerkranz flechten", witzelte Schröder kürzlich im Interview mit der "Zeit".

Auf Clement dürfte ähnliche Kritik zukommen. Wechsel von Ex-Politikern in die Wirtschaft haben für viele Bürger einen üblen Beigeschmack. Diese Diskussion ist nicht neu. Bereits Ende der 90er Jahre hatte der Fall des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers und EU-Kommissars für Telekommunikation, Martin Bangemann, für Aufsehen gesorgt.

Der FDP-Politiker nahm einen Posten beim spanischen Telefonanbieter Telefonica an. Ein Verfahren des Europäischen Gerichtshofs wurde jedoch wieder eingestellt. Der EU-Kommission verabschiedete stattdessen einen Verhaltenskodex für Neben- und Anschlusstätigkeiten und setzte eine Ethik-Kommission ein.

Clement droht vergleichbarer Ärger nicht. Bereits 2005 schied er aus dem Amt des Ministers aus, im November gab er sein Parteibuch zurück. Ob er allerdings noch einmal von einer Gewerkschaft als Festredner zum 1. Mai eingeladen wird, erscheint mehr als fraglich. Ob Clement dies bedauert — ebenso.

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