Kolumne „Hier in NRW“ Das Ruhrgebiet lässt die SPD im Stich

Düsseldorf · Ausgerechnet im Ruhrgebiet verliert die SPD noch mehr Zustimmung als im Bundesdurchschnitt. Geht es den Arbeitern im Pott nach all den Jahren des Aufschwungs einfach zu gut?

 Die Sonne geht hinter den Schornsteinen in Duisburg unter (Symbolbild).

Die Sonne geht hinter den Schornsteinen in Duisburg unter (Symbolbild).

Foto: dpa/Marcel Kusch

Wenn das Ruhrgebiet je die Herzkammer der Sozialdemokratie war, dann hat diese Herzkammer jetzt einen Infarkt. In der jüngsten Forsa-Umfrage vom Wochenende sank die Stimmung für die SPD im Ruhrgebiet noch schneller als im Bundesschnitt. Bei einer Landtagswahl käme die SPD im Revier nur noch auf 22 Prozent und läge hinter der CDU (24) und den Grünen (25).

Die SPD habe „offenkundig völlig den Draht zur arbeitenden Klasse verloren“, schlussfolgert Forsa-Chef Manfred Güllner mit Blick auf die einstige Hochburg der Kohlekumpel, Stahl- und Autobauer. So kann man die jüngsten Zahlen interpretieren. Vielleicht ist es aber auch umgekehrt. Vielleicht hat die arbeitende Klasse den Bezug zur SPD verloren.

Nach etlichen Jahren wirtschaftlichen Wachstums ist der persönliche Wohlstand der durchschnittlichen Arbeitnehmer deutlich gewachsen. Die Arbeitnehmerrechte wurden in kleinen Schritten, aber kontinuierlich ausgeweitet. Gleichzeitig liegt die Arbeitslosigkeit auf einem fast schon historisch niedrigen Niveau. Kann man den Arbeitern verdenken, dass sie den politischen Kampf für ihre Sache in solchen Zeiten etwas gelassener sehen? Zumal die anderen Parteien sich ja auch nicht gerade arbeitnehmerfeindlich generieren.

Wenn diese These stimmt, darf die SPD hoffen. Denn in Deutschland wie in der Welt verdunkeln sich die konjunkturellen Vorzeichen. Wenn die Wirtschaft einbricht und die Ressourcen wieder knapper werden, treten die Verteilungsfragen und der Bedarf an sozialer Absicherung wieder in den Vordergrund. Gerade dem Ruhrgebiet steht ohnehin ein massenhafter Stellenabbau in den Branchen Stahl, Energie und Chemie ins Haus. Gut möglich, dass die Arbeiter sich in ernsteren Zeiten doch wieder ihrer sozialdemokratischen Herzen erinnern.

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