Abschlussbericht „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ Deutsche leben regional mit massiven Ungleichheiten

Berlin · In Deutschlands Regionen lebt es sich äußerst unterschiedlich. Zu diesem Ergebnis kommt die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Untersuchung der Lebensverhältnisse.

 Die idyllische Ortschaft Döringstadt. Der Bundestag berät über gleichwertige Lebensverhältnisse (Symbolbild)

Die idyllische Ortschaft Döringstadt. Der Bundestag berät über gleichwertige Lebensverhältnisse (Symbolbild)

Foto: dpa/Nicolas Armer

Es bestünden „erhebliche Disparitäten in den regionalen Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten, bei der Verkehrs- und Mobilfunkanbindung und beim Zugang zu Angeboten der Grundversorgung und Daseinsvorsorge“, heiße es im Abschlussbericht der Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, berichteten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

An diesem Mittwoch wollen Innenminister Horst Seehofer (CSU), Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) die Ergebnisse vorstellen. Das Kabinett hatte die Kommission von Bund, Ländern und Kommunen im Juli 2018 eingesetzt. Am Mittwoch will nur die Bundesseite ihre Ergebnisse präsentieren. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte berichtet, die Kommission werde von Querelen überschattet.

Den Funke-Zeitungen zufolge will die Regierung dann auch eine Neujustierung ihrer Struktur- und Förderpolitik beschließen, die nicht länger nach Ost und West, sondern nach „Bedarfslagen“ ausgerichtet werden soll. Dazu gehöre auch die Selbstverpflichtung der Regierung, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen als „Richtschnur bei allem politischen Handeln“ zu nehmen.

Am Sonntag gab Forschungsministerin Anja Karliczek bekannt, dass bis 2024 zur Innovationsförderung 600 Millionen Euro in strukturschwache Regionen fließen sollen. „Das ist unser Beitrag, den Zusammenhalt im Land zu stärken“, erläuterte die CDU-Politikerin in der „Welt am Sonntag“. „Dieser ist zumindest an einigen Stellen brüchig geworden, auch durch die unterschiedliche regionale Entwicklung.“

Thüringens CDU-Chef Mike Mohring forderte die schwarz-rote Koalition auf, bei einer Steuerreform das zu liefern, was zugesagt war: „Nämlich Arbeitgeber entlasten, damit sie bessere Löhne zahlen können.“ Der Osten habe einen riesigen Strukturwandel hinter sich und neue Arbeitsplätze geschaffen, sagte er am Montag vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. Trotzdem fehlten Zukunftschancen, um die Schere zwischen Ost und West zu schließen. Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann verlangte zudem vor allem schnellere Planungs- und Genehmigungszeiten beim Thema Mobilität. Bei der Verkehrsinfrastruktur liege die Dauer hier bei teilweise 20 oder 30 Jahren - das sei viel zu lang.

Die Sprecherin für Kommunalpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, nannte die Arbeit der Kommission „enttäuschend“. „Statt des für Juli angekündigten gemeinsamen Abschlussberichts von Bund, Ländern und Kommunen gibt es offenbar nur ein paar Eckpunkte des Bundeskabinetts“, erklärte sie in Berlin. Mit der Kommission seien große Erwartungen geweckt worden, die nun aber nicht bedient werden könnten.

Gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland sind nach Ansicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes „die Schicksalsfrage für die Zukunft unseres Landes“. „Wir erwarten endlich konkrete Schritte, um dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland näherzukommen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Passauer Neuen Presse“. „In einigen Gegenden fühlen sich die Menschen teilweise abgehängt.“

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, forderte die Bundesregierung auf, „ein Zeichen für die von Altschulden geplagten Städte zu setzen“. In der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ habe es dazu keine Einigung gegeben. „Umso mehr rufen wir als Städte dem Bund zu, sich einen Ruck zu geben und an einer Lösung des Altschuldenproblems finanziell mitzuwirken“, sagte er den Funke-Zeitungen. Die Städte hätten sonst keinen Spielraum etwa bei notwendigen Sanierungen von Schulen, Schwimmbädern und Straßen.

(felt/dpa)
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