Fragen und Antworten zur Kabinettsumbildung Stühlerücken, Ersatzfrau oder Nachbesetzung in der Union

Berlin · Fragt man derzeit auf der Unionsseite der Bundesregierung nach einer Kabinettsumbildung, gibt es immer nur eine Antwort: Vor der Wahl von Ursula von der Leyen zur neuen EU-Kommissionspräsidentin nächste Woche wird gar nichts passieren. Und dann?

 Das Namensschild von Ursula von der Leyen vor der Sitzung des Bundeskabinetts im Bundeskanzleramt (Archivbild).

Das Namensschild von Ursula von der Leyen vor der Sitzung des Bundeskabinetts im Bundeskanzleramt (Archivbild).

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Vorher sei es unsinnig, Entscheidungen zu treffen, heißt es in der Union, schon weil im Falle eines Scheiterns der CDU-Politikerin im europäischen Parlament Kandidaten beschädigt werden könnten. Von der Leyen würde ihr Amt ohnehin erst am 1. November antreten. Dennoch ist das Rätselraten munter im Gange, wer bei einem Wechsel der Niedersächsin auf Unionsseite ins Bundeskabinett nachrücken könnte.

DIE DIREKTE NACHBESETZUNG

Der einfachste Weg wäre es für Kanzlerin Angela Merkel, einen neuen Verteidigungsminister zu benennen. Merkel wird diese Entscheidung dabei nicht alleine treffen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat bereits betont, dass solche Entscheidungen gemeinsam gefällt würden.

Bei einem solche direkten Wechsel käme eigentlich nur eine Frau infrage, weil Merkels Aussage gilt, dass der Frauenanteil in ihrem Kabinett gleich hoch bleiben soll. Doch Verteidigungspolitikerinnen oder Anwärterinnen drängen sich in CDU und CSU nicht auf. Allerdings war auch die frühere Familien- und Arbeitsministerin von der Leyen eine Quereinsteigerin gewesen. Dennoch gilt dies mit einer Ausnahme parteiintern als eher unwahrscheinlich - und nur denkbar, falls die CDU-Chefin selbst zugreifen würde.

DIE AMBITIONEN DER CDU-CHEFIN

Dafür würden aus Sicht etlicher Kollegen im CDU-Bundesvorstand zwei Dinge sprechen. Zum einen würde Kramp-Karrenbauers Profil durchaus passen. Denn die frühere saarländische Ministerpräsident kennt sich als langjährige Innenministerin an der Saar mit Sicherheitsfragen aus. Sie spricht Englisch und Französisch, was für internationale Abstimmungen als wichtig erachtet wird. Kramp-Karrenbauer betonte zudem immer wieder - zuletzt bei einem Besuch in Israel -, dass Deutschland seine Verteidigungsanstrengungen erhöhen müsse. Zum anderen gibt es parteiintern immer wieder Ratschläge, dass Kramp-Karrenbauer ins Kabinett eintreten sollte. Denn in Umfragen waren ihre Sympathiewerte nach einem anfänglichen Hoch erheblich gesunken. Einige raten ihr, neues Profil über einen Ministerposten zu suchen. Allerdings: Kramp-Karrenbauer betont, dass sie ihre Rolle weiter außerhalb des Kabinetts sieht.

DER RINGTAUSCH

Als wahrscheinlichste Variante wird gehandelt, dass ein Minister auf den Verteidigungsposten nachrückt und damit ein weiterer Kabinettsposten frei wird. Dabei wird vor allem der Name von Gesundheitsminister Jens Spahn genannt. Als "Favorit" der Spekulationen gilt, dass für ihn dann Annette Widmann-Mauz nachrücken könnte: Die derzeitige Staatsministerin für Integration ist eine ausgewiesene Gesundheitsexpertin - und sie kommt aus dem wichtigen CDU-Landesverband Baden-Württemberg, der nach dem baldigen Abgang von EU-Kommissar Günther Oettinger gar nicht mehr in der ersten Reihe der Posten vertreten wäre. An ihre Stelle im Kanzleramt könnte dann beispielsweise die nordrhein-westfälische Integrations-Staatssekretärin Serap Güler nachrücken.

WENIG AUSSICHT FÜR MERZ - UND ANDERE NORDRHEIN-WESTFALEN

Die konservative Werteunion dringt darauf, dass Friedrich Merz ins Kabinett einrückt. Aber dies gilt nach Angaben aus der CDU als sehr unwahrscheinlich. So wird dem früheren CDU-Fraktionschef nachgesagt, dass er nicht in ein Kabinett Merkel eintreten würde - und der Kanzlerin wird wiederum nachgesagt, dass auch sie dies nicht wolle. Zudem gilt es als unwahrscheinlich, dass Nordrhein-Westfalen neben Spahn und Forschungsministerin Anja Karliczek einen weiter Kabinettsposten auf Unionsseite erhält. Dass Merz gerade sagte, dass er einen AfD-Politiker zum Bundestags-Vizepräsidenten mitgewählt hätte, habe bei parteiinternen Kritikern die Skepsis noch erhöht, betont ein Mitglied des CDU-Bundesvorstands.

DIE GROSSE LÖSUNG

Weil Merkel mehrfach in ihrer 14-jährigen Amtszeit unkonventionelle Personalentscheidungen getroffen hat, gilt ein großer Personalaustausch und Stühlerücken im Kabinett ebenfalls nicht als gänzlich ausgeschlossen. Zumindest gab es in den vergangenen Monaten öffentliche Kritik sowohl an Forschungsministerin Karliczek und an Wirtschaftsminister Peter Altmaier, dessen Ablösung etwa die Metallarbeitgeber fordern.. Gegen eine solch große Lösung spricht allerdings nicht nur Merkels Vertrauen in Altmaier, sondern auch die Unsicherheit, ob die SPD am Jahresende nicht doch die Koalition platzen lässt. Dann könnte die Zeit für die Profilierung neuer Gesichter etwas kurz geraten.

(felt/Reuters)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort