Ausgangsbeschränkungen werden verlängert „Ich weiß, dass das hart ist“

Berlin · Die Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise werden verlängert. Die Kanzlerin dankt der Bevölkerung, dass sie mitmacht. Das rette Menschenleben. Ein Überblick über die Entscheidungen von Bund und Ländern.

Die Kanzlerin sprach mit dem Ministerpräsidenten am Mittwoch per Telefonkonferenz. (Archivbild)

Die Kanzlerin sprach mit dem Ministerpräsidenten am Mittwoch per Telefonkonferenz. (Archivbild)

Foto: dpa/Michael Kappeler

Regieren per Telefon – was zu Beginn der häuslichen Quarantäne der Bundeskanzlerin am 22. März noch schwer vorstellbar war, ist inzwischen fast Routine. Nur, die Corona-Krise ist es nicht. Deswegen haben Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder am Mittwoch in einer digitalen Ministerpräsidentenkonferenz über die drastischen Eingriffe in die Grundrechte wie Kontaktbeschränkungen und Geschäftsschließungen beraten - und erneut harte Beschlüsse gefasst. Per Telefon. Die schlechte Nachricht: Der zunächst bis zum 5. April geplante Ausnahmezustand wird um zwei Wochen verlängert. Die Pandemie ist noch nicht eingedämmt. „Wir sind weit davon entfernt, dass wir an den Kontaktbeschränkungen etwas ändern können“, sagt Merkel. Mehr als 70.000 Menschen in Deutschland sind inzwischen nachweislich mit dem Virus infiziert, mehr als 700 gestorben. Die gute Nachricht: Über 16.000 Menschen sind genesen und die Zahl der Neuinfektionen steigt langsamer. Aber Entwarnung kann es deshalb noch nicht geben. „Es wäre ganz schlimm“, warnt Merkel, die Maßnahmen zu früh zu lockern und „später zurückrudern zu müssen“. Ein Überblick über die Entscheidungen von Bund und Ländern:

Ausgangsbeschränkungen: Sie gelten nun bundesweit bis zum 19. April fort. Viele Länder hatten das auch schon so beschlossen. Fast überall enden an diesem Tag die Osterferien. Das heißt aber nicht, dass das öffentliche Leben am 20. April wieder hochgefahren wird. „Ich kann dazu, wie lange das noch dauern wird, keine Aussage machen“, erklärt die Kanzlerin. Darüber werde am 14. April wieder beraten.

Ostern: Ausnahmen gibt es auch nicht für die Feiertage. Eltern, Großeltern, Kinder und Enkel müssen auf Distanz bleiben. Ostereiersuche darf es nur mit Angehörigen des eigenen Hausstandes geben. Private Reisen und Verwandtenbesuche sind tabu. Darüber soll es auch keine politischen Diskussionen mehr vor Ostern geben. So hofft es zumindest die Kanzlerin. Sie mahnt: Eine Pandemie orientiert sich nicht an Feiertagen.

Maskenpflicht: Eine Anordnung wie in Österreich und in der thüringischen Stadt Jena, Mundschutzmasken zu tragen, wird es nicht geben. Zum einen befürchten die Politiker, dass Bürger mit einer Maske unvorsichtiger würden – zum anderen sind sie absolute Mangelware und werden dringend von Medizinern und Pflegern gebraucht. Eine Pflicht für alle Bürger, Masken umzubinden, würde die ohnehin schon extrem angespannte Lage in Praxen und Kliniken massiv verschärfen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagt, Masken für die Allgemeinheit würden keinen durchschlagender medizinischen Erfolg erzielen.

Coronavirus-App: Darüber wurde in der Konferenz nicht gesprochen, aber die Bundesregierung setzt große Hoffnungen in eine App für Handys zur Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten, die aktuell in Berlin getestet wird. Das Robert Koch-Institut (RKI) kooperiert hier mit dem Fraunhofer-Institut und zahlreichen Wissenschaftlern. Arbeitsminister Hubertus Heil sagte unserer Redaktion: „Da der Schutz der Gesundheit der Bürger im Mittelpunkt steht, werde ich natürlich auch meine Handy-Bewegungsdaten freiwillig abgeben, wenn eine Tracking- oder Tracing-App auf dem Handy das ermöglicht. Die App werde in der Lage sein, persönliche Datenrechte zu schützen. Wenn wir nach einer gewissen Zeit die Einschränkungen wieder lockern, dann brauchen wir geeignete Instrumente, um ein mögliches Wiederaufflammen der Virus-Ausbreitung in den Griff zu bekommen. Dann werden diese digitalen Lösungen besonders wichtig sein.“ Merkel persönlich betont: „Klar ist dass wir das auf freiwilliger Basis machen würden.“ Wenn die App erfolgversprechend sei, würde sie den Bürgern das unbedingt empfehlen - „und bereit sein, das selber anzuwenden“.

„Ja, Merkel?“ In Zeiten von Corona gibt es keinen Auftrieb mit den Ministerpräsidenten im Kanzleramt und auch keine große Pressekonferenz im Anschluss. Alles wird telefonisch organisiert. Journalisten können sich einwählen. Merkel gibt am Mittwoch gemeinsam mit Söder und Hamburgs Regierungschef Peter Tschentscher (SPD)  Auskunft. Sehen kann man niemanden - und manchmal auch nichts hören. Nach Merkels Eingangsstatement bricht die Leitung zusammen. Dann eine Stimme aus dem Off: „Ja, Merkel“? Und: „Ist Söder noch dabei?“ Söder ist noch dabei, aber nicht mehr als die Journalisten Fragen stellen. Es ist Merkels zehnter Tag in häuslicher Quarantäne, nachdem sie von einem mit Corona infizierten Arzt behandelt worden war. Dreimal wurde sie bisher getestet: Negativ. Sie dankt den Bürgern dafür, dass sie sich an die Auflagen halten und sagt: „Ich weiß, dass das hart ist. Aber es rettet Menschenleben.“

(kd)
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