Künftige Ampel-Koalition Cannabis-Verkauf mit Warnhinweisen?

Berlin · Beim Tabak gingen den Grünen die Werbeverbote nicht weit genug, nun treiben sie die legale Abgabe von Cannabis in lizenzierten Geschäften voran. Die Fachverhandler der Ampel wurden sich einig. Wegen der immensen Gesundheitsgefahren sollten Kiffer jedoch nicht mit neutralen Verpackungen rechnen.

 Hanfplantage in Brandenburg, bei einer Razzia auf einem privaten Gelände entdeckt.

Hanfplantage in Brandenburg, bei einer Razzia auf einem privaten Gelände entdeckt.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Schockierende Bilder von kaputten Gebissen, zerstörten Lungen und sterbenden Menschen sollen Raucher vom Konsum von Zigaretten abschrecken und prangen deshalb groß auf den Verkaufsschachteln. Wenn die Cannabis-Legalisierung kommt, dürfte der Verkauf von ähnlichen Warnhinweisen begleitet sein. Selbst die erhöhte Besteuerung beim Tabak läuft schließlich unter der Begründung, dass damit „gesundheitlichen Aspekten Rechnung getragen“ werde, wie das Finanzministerium betonte. Das trifft auf Cannabis noch wesentlich stärker zu.

Die Union als künftige Opposition bleibt dabei, dass die Legalisierung von Cannabis „das völlig falsche Signal“ sei. Auch wegen der Züchtung mit stark erhöhtem THC-Gehalt sei Cannabis heute „gefährlicher denn je für die physische und psychische Gesundheit“, betont Unionsfraktionsvize Thorsten Frei. Und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) verweist darauf, dass es für eine Nutzung von Cannabis aus medizinischen Gründen bereits klare Regeln gebe: „Cannabis ist eine Droge, deren Konsum grundsätzlich gesundheitsgefährdend ist“, stellt der Minister fest und plädiert dafür, den Missbrauch so gut es geht zu verhindern. „Eine Legalisierung aus Genusszwecken lehne ich daher ab. Da helfen dann auch Schockbilder nicht wirklich,“ sagte der Minister unserer Redaktion.

Entsprechend ihrer übereinstimmenden Festlegung auf einen Cannabis-Legalisierungs-Kurs im Wahlkampf hatten sich die Fachpolitiker von SPD, Grünen und FDP in den Koalitionsverhandlungen bereits auf eine klare Absicht verständigt: „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein“, heißt es im Beschlusspapier. Nach vier Jahren sollten die gesellschaftlichen Auswirkungen dieses Cannabisgesetzes ausgewertet werden. Die Leitungsgruppe der Verhandler stellte klar, dass einzelne Verständigungen noch nicht feststehen, so lange es nicht eine Einigung in allen Punkten erfolgt sei.

Gewöhnlich stellen sich die Fachabteilungen in den Ministerien bereits vor dem konkreten Startschuss für das Erarbeiten von Einzelgesetzen auf die absehbaren Aufgaben ein, die aus einem neuen Koalitionsvertrag auf die jeweiligen Ministerien zukommen. Bei Cannabis tun sich die Ressorts jedoch schwer. Auf die Frage nach Warnhinweisen auf Cannabis-Verkaufspäckchen verweist das Gesundheitsministerium darauf, dass dies Sache des Ernährungsministeriums sei. Dieses retourniert jedoch mit dem Hinweis, dass alles in Sachen Legalisierung erst einmal beim Gesundheitsministerium liege und dass es der künftigen Regierung obliege, die konkrete und rechtssichere Ausgestaltung festzulegen.

Die Grenzen zwischen Tabak- und Cannabiskonsum sind indes fließend. Nicht alle „Tüten“ werden allein aus Cannabis gebaut. Viele füllen sie auch mit Tabak zum Selberdrehen auf. Genau achten die Gesundheitspolitiker darauf, dass Tabak nur verkauft werden darf, wenn in einer Konsumeinheit bestimmte Obergrenzen bei Teergehalt (10 Milligramm), Nikotin (1 Milligramm) und Kohlenmonoxid (10 Milligramm) nicht überschritten werden. Wenn der Tabak Zusatzerzeugnisse enthält, die die „toxische oder suchterzeugende Wirkung ... messbar erhöhen“, darf er gar nicht verkauft werden. Danach wäre wohl ein Cannabisgesetz verfassungswidrig, wenn es Gesundheitsgefährdungen zuließe, die im Tabakgesetz verboten sind.

Die gesundheitsgefährdenden und suchtfördernden Inhalte sind beim Cannabiskonsum ungleich größer und vielfältiger. Deshalb ist die Begründung für die Steuererhöhungen beim Tabak aufschlussreich. Das vom künftigen Kanzler Olaf Scholz geführte Finanzministerium begründete die schrittweise Ausweitung und Verteuerung diesen Sommer damit, dass auch neuartige Rauchprodukte wie E-Zigaretten und erhitzter Tabak „keine harmlosen Genussprodukte“ seien, sondern eine „Gefährdung der Gesundheit“ darstellen. Gerade neuartige Produkte und Wasserpfeifentabak, könnten Einstiegsprodukte für den Tabakkonsum sein. Durch die Besteuerung solle „im besten Fall bereits der Einstieg in den Konsum“ verhindert werden.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich eine komplizierte Gesetzgebung bei der Cannabis-Legalisierung ab.

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