Merz stellt sich den Mitgliedern - Braun präsentiert sein Team Der eine setzt auf Klassiker, der andere aufs Herz

Analyse | Berlin · Nun wird es richtig spannend in der CDU: Die Vorstellungsphase der Kandidaten für den Parteivorsitz hat begonnen. Am Abend stellte sich Ex-Fraktionschef Friedrich Merz digital den Fragen von Mitgliedern. Stunden zuvor hatte noch rasch einer seiner Konkurrenten sich und sein Team der Hauptstadtpresse präsentiert – der sanftmütige Kanzleramtschef Helge Braun.

 Helge Braun geht mit Ex-NRW-Staatssekretärin Serap Güler (l.) und der Digital-Expertin Nadine Schön (r.) ins Rennen um den CDU-Vorsitz.

Helge Braun geht mit Ex-NRW-Staatssekretärin Serap Güler (l.) und der Digital-Expertin Nadine Schön (r.) ins Rennen um den CDU-Vorsitz.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Erneuerung, Ehrlichkeit, Klarheit, Führungsstärke. Gleich zu Beginn äußerten die zugeschalteten Mitglieder per Umfrage diese Erwartungen an den neuen Vorsitzenden. „Da kommt viel zum Ausdruck, was mir gut gefällt“, kommentierte Merz schmunzelnd. Nicht, ohne auch auf das Konservative in der Union zu verweisen. Dafür tritt er ein. Drei Kernpunkte musste er dann aber nennen, wofür die CDU überhaupt noch steht. „Wir sind Volkspartei und haben ein Menschenbild. Wir stehen für soziale Marktwirtschaft. Drittens: Wir stehen für Generatio nengerechtigkeit.“ Es waren die Unions-Klassiker, mit denen der 66-Jährige für sich warb. Darunter auch die stärkere Bekämpfung der Clankriminalität und mehr Engagement für die Bundeswehr, zu der er immer ein enges Verhältnis gepflegt habe. Bei den Themen Flüchtlinge und Einwanderung setzte Merz ebenfalls auf eine in der CDU gern gehörte Haltung: „Wir brauchen in diesem Land Einwanderung“, betonte er. Aber es gebe Grenzen, „und die müssen europäisch definiert werde und nicht deutsch“. Es könne jedenfalls nicht sein, dass „alle Flüchtlinge“ nach Deutschland kämen.

Auch der Klimawandel, Top-Thema im Wahlkampf, spielte freilich eine Rolle. Mit der Problematik habe er sich intensiv beschäftigt, betonte Merz. Allein durch die „Vermeidung von CO2“ werde man das Klimaproblem nicht lösen, sagte er. „Ich will mir mal vorurteilsfrei anschauen, welche neuen Technologien es gibt.“ Mit Wind und Sonne allein werde man den Energiebed arf in Deutschland wohl nicht decken können. Der gelernte Wirtschaftspolitiker gab dann auch erneut den Sozialpolitiker: „Wir müssen uns über die Zukunftsfähigkeit des Sozialstaats unterhalten“, forderte er. Dafür habe man ja in der Opposition nun genug Zeit. Wohl war. Es war eine gefällige Fragerunde, die Merz alles in allem souverän meisterte. Mittwoch sitzt der nächste Kandidat, der Außenpolitiker Norbert Röttgen, auf dem nicht ganz so heißen CDU-Stuhl. Am Donnerstag muss Braun ran, der zuvor seine Kandidatur vor der Presse begründet hatte.

Helge Braun ist der Dritte im Bunde der Kandidaten. 49 Jahre alt, geboren in Gießen, ehemaliger Anästhesist, schwergewichtig. Gerne bezeichnet man ihn im politischen Berlin als „Balu der Bär“, weil er so gutmütig daherkommt. Von Merz und Röttgen war eine Kandidatur für den CDU-Vorsitz erwartet worden. Aber den noch amtierenden „ChefBK“, so sein offizielles Kürzel, hatten die Wenigsten a uf dem Zettel. Braun ist freilich der Neue im Wettstreit; Röttgen versucht zum zweiten Mal, Merz bereits zum dritten Mal den Sprung auf den Unions-Chefsessel. Brauns Chancen? Bislang wohl eher gering. Auch wenn er dagegen wetten würde, wie er vor der Presse betonte. Er wolle die CDU jetzt „mit Herz und Verstand“ wieder nach vorne bringen. Dafür muss er aber auch er erst einmal gewählt werden.

In vielen Bereichen sei die Union nicht mehr attraktiv, begründete Braun seine Kandidatur. „Das Angebot muss lauten, dass die CDU mit all ihren Wurzeln wieder gleichgewichtig ahrgenommen wird.“ Zwei Frauen sollen ihm dabei helfen: Serap Güler, 41, will Braun zur Generalsekretärin machen. Sie war einst im Team Armin Laschet, früher Staatssekretärin für Integration in NRW, jetzt ist sie Bundestagsabgeordnete. „Es soll sich insgesamt wieder gut anfühlen, bei der CDU zu sein“, meinte Güler. Und Nadine Schön, 38, bisher Digital-Expertin der Fraktio n. Die Saarländerin soll Leiterin der CDU-Struktur- und Programmentwicklung werden, wenn Braun die Wahl gewinnt. „Wir wollen und müssen unsere eigene Parteiarbeit reformieren und modernisieren“, befand Schön.

Hobbygärtner Braun ist allerdings nicht überall in der Union gut gelitten. Das hat Gründe. In ihm sehen viele ein „Weiter so“ wegen seiner jahrelangen Regierungsarbeit im Schatten der Kanzlerin. Den Vorwurf könne er aber „nicht nachvollziehen“, wehrte er ab. „Jetzt fängt eine neue Ära an, die völlig anders ist. Eine Ära der Opposition.“ Wie die Partei ticke, „was sie an innerem Herzblut wieder entwickeln will, um erfolgreich zu sein, das weiß ich“, behauptete er. Sein Team stehe deshalb für eine inhaltliche und organisatorische Erneuerung; er wolle die Union zur „Mitmachpartei“ machen. Sein anderes Problem: Er ist nun mal Angela Merkels Corona-Manager. Braun ist damit auch für jede Panne im Corona-Kampf mitverantw ortlich – und davon gab es einige, die die Unionisten vor Ort ausbaden mussten. Das haben ihm viele nicht vergessen. Was er besser als Merz oder Röttgen könne? „Was ich sehr gut kann ist, mich bescheiden nicht selber loben“, so Braun sanftmütig.

Freilich wird in der Union bereits darüber debattiert, ob angesichts der Corona-Lage eine Verschiebung des im Januar geplanten Parteitages erfolgen muss - auf dem Konvent muss der neue Vorsitzende nach der Mitgliederbefragung noch bestätigt werden. Oder aber ob der Parteitag nicht doch besser digital abgehalten werden sollte. Am Montagvormittag waren die Parteigremien in hybriden Sitzungen zusammengekommen, um auch darüber zu diskutieren. Endgültige Entscheidungen seien noch nicht gefallen, betonte Generalsekretär Paul Ziemiak. Dem Vernehmen soll das nun aber zügig geschehen.

(has)
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