Pkw-Maut in Deutschland gefordert Seehofer triezt CDU mit "Bayernplan"

Berlin/München · CSU-Chef Horst Seehofer will die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland gegen den Widerstand der CDU umsetzen. Mit dem "Bayernplan" für die Landtagswahl distanziert sich die CSU deutlich von der Schwesterpartei.

CDU-Chefin Angela Merkel und ihr Generalsekretär Hermann Gröhe hatten die Führung der Schwesterpartei vergeblich versucht davon abzubringen. CSU-Chef Horst Seehofer präsentierte gestern, nur zwei Wochen nach der Vorstellung des Unions-Regierungsprogramms für die Bundestagswahl, ein eigenes CSU-Programm für die Landtagswahl. Den "Bayernplan". CSU pur sozusagen.

Dass die Christsozialen dabei auch reihenweise bundespolitische Positionen verkündete, die quer zur CDU liegen, störte Seehofer offenbar nicht. In dem Papier, das der CSU-Vorstand beschlossen hat, fordert die CSU etwa die Einführung von bundesweiten Volksabstimmungen zu europäischen Fragen, eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer und vor allem erneut die Einführung einer Pkw-Maut — nur ausländische Autofahrer.

Ob eine solche Sondergebühr rechtlich möglich ist, blieb offen. Kanzlerin Angela Merkel hatte eine Pkw-Maut jedenfalls schon im Wahlkampf 2009 — in einem Interview mit dem ADAC-Magazin — generell abgelehnt. Auch bei den Beratungen für das gemeinsame Regierungsprogramm sperrte sich die CDU gegen die Gebühr. CDU-Verkehrspolitiker befürchten, dass eine Pkw-Maut früher oder später auch die heimischen Nutzer treffen könnte. Neue Belastungen müssten aber vermieden werden.

CDU-Unterhändler versuchten deshalb, die CSU von dem Projekt abzubringen. Das Thema sei Futter für die Opposition, die im Wahlkampf auf Widersprüche in der Union hinweisen könnte. Die CSU blieb hart. Der Erlös müsse zweckgebunden für den Straßenbau eingesetzt werden, heißt es nun im "Bayernplan"..

Dass es die CSU ernst meint mit der Abgabe, machte Parteichef Seehofer klar. "Da soll sich niemand täuschen drüber, dass wir das ernsthaft auch verfolgen." Die CSU habe in den vergangenen Jahren schon viele Alleingänge zur Vertretung bayerischer Interessen unternommen, "sehr erfolgreich", wie das Betreuungsgeld zeige, stichelte Seehofer. Die finanzielle Förderung für Eltern, die ihre Kleinkinder zuhause betreuen, hatte die CSU im Bund gegen Teile der CDU und der FDP durchgesetzt.

Dass es bei einer Neuauflage von Schwarz-Gelb im Herbst den Autofahrern an den Kragen gehen könnte, will aber die FDP verhindern. "Wir brauchen mehr Investitionen in Infrastruktur und keine neuen Belastungen für Autofahrer", sagte Generalsekretär Patrick Döring. Bei der Pkw-Maut wolle die CSU "mit dem Kopf durch die Wand". Das könne nicht gut gehen. Das Geld für die Finanzierung der Infrastruktur müsse aus dem Bundeshaushalt kommen.

Auch in anderen bundespolitisch relevanten Fragen, distanziert sich die CSU von der Schwesterpartei und dem Kurs der Kanzlerin. Über die Erbschaftsteuer sollen nach dem Willen der bayerischen Konservativen künftig die Länder entscheiden. Die CSU will die Steuer dann halbieren. Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble lehnen dies ab.

Schon bei den Verhandlungen zum schwarz-gelben Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl 2009 scheiterte die CSU mit dieser Forderung an der CDU. Merkel hatte sich damals angeblich persönlich eingeschaltet und ein Veto eingelegt. Auch die von der CSU propagierten Volksentscheide zu europäischen Fragen sind der CDU-Vorsitzenden, die wenig von direkter Demokratie hält, ein Dorn im Auge. Die Kanzlerin fürchtet, dass Volksabstimmungen bei komplexen europäischen Themen Nationalisten in die Hände spielen.

Von Einigkeit unter Schwestern ist beim Großthema Energiewende ebenfalls wenig zu sehen. Bei dem Projekt, das Merkel gerne als "nationale Kraftanstrengung" bezeichnet, droht die CSU mit einem Alleingang. Seehofer will die Energiewende im Freistaat völlig neu ordnen. Im "Bayernplan" droht er damit, die Energieversorgung als Land wieder selbst zu übernehmen, sollte Berlin die Energiewende nicht energischer vorantreiben.

So richtig überzeugend klang der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende also nicht, als er zum Abschluss der Pressekonferenz gestern in München die Harmonie mit der Union pries. "Man muss lange zurückdenken, um sich an eine solche gemeinsame Union zu erinnern, wie wir es heute erleben", sagte Seehofer. Einigkeit ist offenbar Definitionssache.

(brö)
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