Europawahl Trend: Regierungsparteien verlieren

In vielen EU-Ländern strafen die Wähler die Parteien an der Macht ab.

 Frankreichs Präsident Emmanuel Macron winkt aus einem Auto, nachdem er seine Stimme für die Europwahl abgegeben hat.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron winkt aus einem Auto, nachdem er seine Stimme für die Europwahl abgegeben hat.

Foto: dpa/Kamil Zihnioglu

(RP) Etliche auf nationaler Ebene regierende Parteien mussten bei der Europawahl wie Union und Sozialdemokraten in Deutschland Verluste hinnehmen. In Frankreich etwa lag die rechte Nationale Sammlungsbewegung von Marine Le Pen vor der Partei von Präsident Emmanuel Macron. Le Pen wurden von den Meinungsforschungsinstituten Ifop und Ipsos 23 bis 24 Prozent prognostiziert, Macrons La République en Marche 21,9 bis 22,5 Prozent. Le Pen erklärte ihre Partei daraufhin zur Siegerin. Das Ergebnis bestätige eine „neue nationalistisch-globalistische Teilung“ in Frankreich und darüber hinaus. Sie forderte Macron auf, das französische Parlament aufzulösen.

In Griechenland wurde die linke Regierungspartei Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras in Hochrechnungen von der konservativen Nea Dimokratia überflügelt. Tsipras kündigte daraufhin Neuwahlen an. Und in Großbritannien, wo schon am Donnerstag gewählt wurde, befürchteten die Konservativen der scheidenden Premierministerin Theresa May das Schlimmste.

In Österreich stemmte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz trotz geplatzter Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ gegen diesen Trend; nach den Turbulenzen um die sogenannte Ibiza-Affäre um seinen Vizekanzler Heinz-Christian Strache legte seine konservative ÖVP mehr als sieben Prozentpunkte auf 34,5 Prozent zu. Die FPÖ verlor um die zwei Prozent und wurde mit 17,5 Prozent drittstärkste Partei hinter den Sozialdemokraten.

In Italien landete nach ersten Prognosen eine Regierungspartei auf Platz eins: die rechtsgerichtete Lega von Innenminister Matteo Salvini. Sie erreichte laut Nachwahlbefragungen bis zu 31 Prozent.

Auch in Polen konnte sich die Regierungspartei offenbar durchsetzen. Der nationalkonservativen Recht und Gerechtigkeit wurden auf Grundlage von Wählernachfragen 42,6 Prozent prognostiziert; sie würde damit vor der Europäischen Koalition mit 39,1 Prozent stärkste Partei. In Ungarn erreichte die nationalkonservative Fidesz von Regierungschef Viktor Orbán mehr als 50 Prozent der Stimmen.

Auch in Spanien zeichnete sich ein deutlicher Sieg der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) von Ministerpräsident Pedro Sánchez ab. Prognosen auf Grundlage von Wählerbefragungen zufolge würde die PSOE mit rund 28 Prozent der Stimmen etwa 18 Sitze im EU-Parlament besetzen – 2014 waren es noch 14 Mandate. Spanien hat 54 Sitze im EU-Parlament. Die Sozialisten hatten bereits die Parlamentswahl Ende April gewonnen, auch wenn sie die absolute Mehrheit dabei deutlich verfehlten.

Ein erneutes Debakel erlebte den Prognosen zufolge die konservative Volkspartei PP, die bis Juni 2018 in Spanien an der Regierung war und bereits bei der Parlamentswahl in einem historisch schlechten Ergebnis die Hälfte ihrer Mandate verloren hatte. Die PP käme demnach nur auf 17 Prozent und elf Mandate – bei der EU-Wahl 2014 hatte sie mit 16 Mandaten noch vor den Sozialisten gelegen. Parteichef Pablo Casado muss um seinen Posten fürchten. Die ultrarechte Newcomer-Partei Vox, die bei der Parlamentswahl mehr als zehn Prozent der Stimmen und 24 Mandate geholt hatte käme laut Prognosen nur auf 6,5 Prozent.

Positiv wie auch in Deutschland entwickelte sich die Wahlbeteiligung. Wie ein Sprecher des Europaparlaments mitteilte, lag sie nach vorläufigen Berechnungen bei 51 Prozent – die höchste Beteiligung seit mindestens 20 Jahren.

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