Korrekturen abwarten NRW und Bayern führen Rechtschreibreform nicht ein

Hamburg (rpo). Zwei Wochen vor ihrem verbindlichen Start kündigten NRW und Bayern überraschend an, die neuen Regeln entgegen dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz noch nicht einzuführen. Damit wollten beide Länder den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung entgegenkommen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) reagierte mit scharfer Kritik, ebenso der rheinland-pfälzischen Ministerpräsident Kurt Beck (SPD).

"Bayern wird die Rechtschreibreform zum 1. August nicht in Kraft setzen. Wir wollen warten, bis der Rat für Rechtschreibung in den nächsten Monaten seine Empfehlungen für Korrekturen vorlegt. Denn ich will die Vorschläge des Rats für Rechtschreibung übernehmen", sagte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber der "Bild am Sonntag". Es habe keinen Sinn, die Reform jetzt verbindlich einzuführen und schon im nächsten Jahr wieder Änderungen vorzunehmen. Der neue bayerische Kultusminister Siegfried Schneider sagte dem "Spiegel", er gehe davon aus, "dass der Rat innerhalb eines Jahres zu tragfähigen Lösungen kommen wird".

"Wir wollen den Empfehlungen des Rates zum Erfolg verhelfen", sagte der neue nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) dem "Spiegel". Ein Sprecher der Landesregierung bestätigte der AP, dass Rüttgers zunächst die Empfehlungen des Rats für Rechtschreibung abwarten wolle.

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Wulff (CDU) will es in Niedersachsen zunächst bei der derzeitigen Übergangsregelung belassen. "Aus schulpraktischen und pädagogischen Gründen wäre eine weitere, zeitlich befristete Beibehaltung der gegenwärtigen Übergangsregelung besser als die beschlossene Neuregelung", sagte Wulff der AP.

Die KMK nannte das Vorgehen der Ministerpräsidenten "kaum nachvollziehbar". Schließlich sei jeder Schritt mit der Ministerpräsidentenkonferenz abgestimmt. "Die Menschen in Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz wollen endlich Klarheit. Ein Ausscheren einzelner Bundesländer aus der Vereinbarung führt nicht nur bei Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern zu neuer Verunsicherung", sagte KMK-Präsidentin Johanna Wanka.

Der rheinland-pfälzische Regierungschef Beck sagte der AP, der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz zur verbindlichen Einführung der Reform sei erst wenige Wochen alt: "Der letzte Rest an politischer Verlässlichkeit ist weg", kritisierte Beck. Rheinland-Pfalz werde die unstrittigen Teile der Rechtschreibreform zum kommenden Schuljahr einführen. Ein Sprecher der Saarländischen Regierung sagte AP, man bleibe beim Beschluss der Ministerkonferenz, um neue Verwirrung zu vermeiden. Das will auch Hessen, wie ein Regierungssprecher der "Welt am Sonntag" sagte.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", er wolle sich Anfang der Woche mit den anderen Ministerpräsidenten beraten.

Erst am 23. Juli verbindlich beschlossen

Der Rat für Rechtschreibung hatte in den Bereichen Getrennt- und Zusammenschreibung, Worttrennung und Zeichensetzung Änderungsvorschläge gemacht. Laut einstimmigem Beschluss der KMK vom 3. Juni sollte für diese Bereiche zunächst weiterhin die Übergangsregelung gelten, die übrigen Teile der Rechtschreibreform sollten aber verbindlich am 1. August für Behörden und Schulen in Kraft treten.

(ap)
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