Kein stures Wiederholen Richtiges Lernen will gelernt sein

Landau (rpo). Wer kennt das nicht: Immer und immer wieder werden Vokabeln gepaukt, und dann fallen einem die richtigen Worte doch nicht ein. Wenn es mit dem Lernen nicht klappt, dann könnte das an der Methode liegen. Denn auch das Lernen muss man lernen. Stures Wiederholen des Lernstoffs führt dabei nur selten zum Ziel.

Und wer das dickste Lehrbuch studiert hat, ist noch lange nicht der Schlauste. "Alles, was wir sehen, hören und wahrnehmen, ist nur Information. Lernen bedeutet, aus diesen Informationen Wissen herzustellen", sagt der Psychologieprofessor Reinhold S. Jäger, geschäftsführender Leiter des Zentrums für empirische pädagogische Forschung der Universität Koblenz-Landau.

Und wie wird Information zu Wissen? Wie schafft man es, die unregelmäßigen Verben so zu speichern, dass man sie nicht nur auswendig beherrscht, sondern auch im Gespräch anwenden kann? Wie hilft man seinem Kind, das bei den Hausaufgaben am Dreisatz scheitert? "Die einzig wahre Lernmethode gibt es nicht", sagt Jäger. Aber es gibt einige Faktoren, die das Lernen erleichtern: "Wenn der Lernstoff mit der Lebenswirklichkeit zu tun hat, wenn neue Informationen an bekannte Sachverhalte andocken, wenn man neugierig zuhört, dann behält man das Neue auch besser", betont Jäger. Langeweile dagegen blockiert: Wer sich nicht für das interessiert, was er lernen soll, der wird den Stoff auch kaum in sein Hirn bekommen. Spätestens nach drei Wochen Ferien ist der Dreisatz wieder vergessen, und alles geht von vorn los.

Jäger plädiert deshalb für mehr Experimentierfreude im Unterricht: "Warum nicht mal neue Memo-Techniken ausprobieren, die mit Schlüsselwörtern oder Bildern arbeiten? Warum nicht mal mit den Schülern Konzentrationsübungen erproben?" - und damit desinteressierte Schüler wieder neugierig machen und ihnen zugleich neue Lern-Wege aufzeigen.

Auch die Eltern können helfen, wenn es beim Lernen hakt. "Sie können zum Beispiel ein zweites Kind einladen, das den Stoff erklärt. Oder für abstrakte Aufgaben Beispiele aus dem Alltag der Kinder suchen", sagt Jäger und ergänzt: "Ganz wichtig sind Erfolgserlebnisse. Sie sorgen für Selbstvertrauen und neue Motivation." Also nicht schimpfen, sondern das Gefühl vermitteln: "Gemeinsam schaffen wir es." Eltern sollten offen sein für die neugierigen Fragen ihrer Kinder: Weil die kleinen "Warum?"-Frager sich nämlich eine Antwort erhoffen, sind sie besonders aufmerksam - und alle Informationen, die sie auf diese Weise sammeln, haben eine gute Chance, als "Wissen" im Gedächtnis ihren Platz zu finden.

Die Basis für richtiges Lernen wird früh gelegt, weiß auch die Amberger Schulpsychologin Friederike Seitz aus ihrer Schulpraxis. In der ersten Klasse steht zwar Lesen und Rechnen auf dem Stundenplan, "aber die Erstklässler müssen vor allem das Lernen lernen". Sie rät Eltern, diesen Prozess in kleinen Schritten anzubahnen und zu begleiten: "Die Kinder brauchen einen eigenen Schreibtisch, an dem sie ungestört Hausaufgaben machen können." Auch konzentriertes Arbeiten muss man üben, ein strukturierter Tagesablauf hilft dabei. Seitz plädiert für eine Erziehung zur Selbstständigkeit: Hausaufgaben sollten auch die Erstklässler schon allein machen. Die Eltern können die Hefte kontrollieren, korrigieren sollten sie nichts, sondern "ihr Kind anleiten, Fehler selbst zu finden". Und sie sollten sie ermutigen, im Unterricht Fragen zu stellen, sagt die Schulpsychologin.

Neugierige Fragen der Schüler wünscht sich auch Lernpsychologe Jäger. Und er hofft auf Lehrer, die den Unterrichtsstoff auf solche Fragen abstimmen dürfen und nicht Punkt für Punkt den Lehrplan abhaken müssen - denn so schlage man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Schüler lernen, ihr Wissen anzuwenden, und mehr Spaß haben sie auch noch dabei.

(afp)
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