CDU-Europa-Kandidat in Hamminkeln Krähen beflügeln EU-Wahlkampf

Hamminkeln · Was die Saatkrähen von Dingden mit Europa zu tun haben: CDU-Kandidat Stefan Berger bekam es mit einem tierischen Thema zu tun, bevor er die Folgen der großen Agrarpolitik vor Ort erkundete.

 Anwohner aus Dingden kamen zum Ortstermin und berichteten Stefan Berger (r.) und Charlotte Quik (2. v. l.) von ihrem Ärger mit den Krähen.

Anwohner aus Dingden kamen zum Ortstermin und berichteten Stefan Berger (r.) und Charlotte Quik (2. v. l.) von ihrem Ärger mit den Krähen.

Foto: CDU

Die Europawahl 2019 ist die neunte Direktwahl zum Europäischen Parlament. Sie findet vom 23. bis 26. Mai in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union statt, in Deutschland nur am 26. Mai. Jetzt wurde in Hamminkeln der Start in den Wahlkampf vollzogen. Mit einem höchst lokalen Signal, denn die Krähen vom Dingdener Friedhof, vielfach schon örtliches Thema, krächzten plötzlich auf europäischer Ebene, als der Europakandidat Stefan Berger der CDU Niederrhein den Stadtverband Hamminkeln besuchte.

Der aus Viersen stammende Kandidat musste sich mit dem Ärger um Lärm und Dreck der geschützten Kolonie befassen, denn die Saatkrähe unterliegt der EU-Vogelschutzrichtlinie. Weiter ging es zum Bauernhof von Wilhelm Kleine-Besten, um agrarpolitische Themen zu besprechen. Der Landwirt und Fraktionsvize der CDU im Stadtrat hatte sich Unterstützung von zwei Ortslandwirten geholt. Bestimmendes Thema aber war die unendliche Geschichte von den Saatkrähen, ein hitziges Thema in Dingden.

Anwohner kamen zum Ortstermin und schilderten dem Europapolitiker, der nach Brüssel will, aber derzeit noch im Landtag Düsseldorf sitzt, wie störend die naturgeschützten Tiere empfunden werden. „Wenn ich zum Grab meines Mannes will, schaue ich erst, ob die Saatkrähen im Anflug sind. Dann droht Dreck von oben“, erzählte eine Seniorin. Wie zur Demonstration flog eine kleine Schar Krähen den Friedhof an, im Schnabel Aststücke, um Nester auszupolstern. Der Flugverkehr ist aktuell groß, denn die stürmischen Tage haben die gerade für die Brutzeit gebauten Nester zerzaust.

„Wir können uns nicht mehr auf die Terrasse setzen. Was ist mit dem Menschenschutz? Warum darf in Bayern vergrämt werden, nicht aber in NRW?“, fragte ein Anwohner. Das war das Signal für den CDU-Vorsitzenden Norbert Neß, der im Zuständigkeitendschungel nach dem Hebel sucht, handeln zu können. Denn die Saatkrähen und damit ihre Kolonien stehen unter Schutz nach EU- und deutschem Recht, das bestätigte Berger ebenso wie CDU-Kreistagsmitglied Johannes Hofmann aus Dingden. Damit verweigert die Kreisverwaltung, die Krähen zu vergrämen, Bejagung ist sowieso verboten.

In NRW ist auch das Vergrämen untersagt, was der Kreis wiederum vor Ort exekutiert. So lief die Idee ins Leere, Falken oder andere Greifvögel über der Kolonie am Friedhof ihre Schleifen fliegen zu lassen, bis die Krähen sich eine neue Heimstatt suchen. In Bayern zum Beispiel darf vergrämt werden, EU-Recht zum Trotz. Berger, Neß und die Landtagsabgeordnete Charlotte Quik vereinbarten nun zu prüfen, wie bayrisch NRW werden kann. Sprich: welche Beamten in welchen Behörden setzen den Schutz um, und könnten sie Ausnahmen zulassen?

Der CDU-Kandidat kann erst europäisch handeln, wenn er ins EU-Parlament gewählt wird. Als Abgeordneter können er und Quik nachforschen, warum NRW den Krähenschutz so rigide fährt. Das wollen sie nun tun, obwohl das Thema nicht erst jetzt auftaucht. Berger sagte aber, dass die Zahlen des Saatkrähenbestandes nicht gestiegen und der Schutz damit gerechtfertigt sei.

Eine andere Frage ist, was man mit dem Vergrämen überhaupt erreicht. Helmut Wisniewski, der Vorsitzende des Freibadvereins, fürchtet, dass sich die Tiere auf den Bäumen des Badgeländes niederlassen. Anderswo im Ort würde man die Saatkrähen ebenfalls nicht gerne sehen und hören. Wohin sonst? An den Rand von Waldstücken nisten die Krähen ungern, zu viele Feinde haben sie dort. In Wesel-Büderich wurde in der Grauzone des Vergrämens gearbeitet, sprich die Bäume am dortigen Markt regelmäßig geschnitten.

„Nutzt nicht wirklich. Die Vögel sind sehr treu und kommen zurück“, sagte Kreistagsmitglied Hofmann. Eine verabschiedete Resolution nutzte nichts, half höchstens Dampf aus dem Aufregerkessel zu lassen. Bleibt eine andere Variante wie in Mehrhoog, wo die Krähen ebenfalls Spektakel veranstalten: Einfach aushalten!

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