Unterwegs mit einem Energieberater „Das dürfte ein Problem beim Heizen werden“

Schwalmtal · Noch nie war Michael Berger von der Verbraucherzentrale NRW so gefragt wie jetzt. Er berät Menschen, die ihre Gas- oder Ölheizung gegen eine klimafreundliche Alternative tauschen wollen. Wir haben ihn begleitet.

Energieberater Michael Berger erklärt seinem Kunden Claus Benink, wie eine Wärmepumpe funktioniert.

Energieberater Michael Berger erklärt seinem Kunden Claus Benink, wie eine Wärmepumpe funktioniert.

Foto: Kirsten Jöhlinger

Michael Berger mustert das Backsteinhaus und weiß sofort, dass Wärme über die Kellerdecke verloren geht. „Es ist massiv und in gutem Zustand, aber das dürfte ein Problem beim Heizen werden“, sagt der Energieberater. Er steht an diesem milden Sommermorgen in einem Wohngebiet in Schwalmtal, blättert in seinen Unterlagen. Die Fenster wirken auf ihn neu, die seien sicherlich mal ausgetauscht worden. Der Klinker lässt vermuten, dass sich dahinter eine Wärmedämmung verbirgt – das wird er seinen Kunden gleich aber vorsichtshalber fragen. Und: Ist das Dach ausgebaut? Werden die Räumlichkeiten genutzt? Ist die oberste Decke gedämmt?

Berger liest noch einmal kurz nach, was sein Kunde ihm berichtet hat: Die 26 Jahre alte Ölheizung soll gegen eine klimafreundliche Alternative ausgetauscht werden, Solarthermie gibt es bereits. Das heißt, auf dem Dach sind Kollektoren angebracht, durch die eine Glykolmischung fließt. Wenn die Sonne scheint, erwärmt sich die Flüssigkeit und nimmt diese Wärme mit in den Keller, wo sie an das Warmwasser abgegeben wird. Allerdings unterstützt sie bislang nicht die Heizung. Das wäre auch möglich, der Kunde hat aber darauf verzichtet. „Wir werden jetzt mal schauen, welche Heizform für ihn am besten geeignet ist“, sagt Berger. Strafft die Schultern, lächelt und geht langsam zur Haustür.

Der Kunde heißt Claus Benink und wohnt mit seiner Frau und seinem Sohn in dem großen Backsteinhaus. Er hat sich vor dem Termin informiert, Notizen gemacht. Berger und Benink sitzen sich gegenüber und lachen viel. Benink versteht, was Berger sagt. Und Berger freut sich, dass sein Kunde schon so viel weiß. 3500 Liter Öl verbrauche seine Heizung im Jahr, sagt Benink. Die Fenster und Haustüre wurden vor kurzem ausgetauscht, um Wärmeverluste zu reduzieren. Er tendiert dazu, sich eine Luft-Wasser-Wärmepumpe einbauen zu lassen. Berger hält das für einen guten Weg. „Es ist die ökologisch sinnvollste Variante“, sagt er. Gas dagegen sieht er nicht als Mittel der Wahl. Aus ökologischer Sicht ohnehin nicht, aber wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der daraus resultierenden Gaskrise noch weniger. Das Thema ist schnell abgehakt.

Berger erklärt, wie so eine Luft-Wasser-Wärmepumpe funktioniert. Sie entzieht der Außenluft die Wärme über einen Kältemittelprozess und hebt sie auf eine höhere Temperatur, die dann wiederum Heizkörper und Fußbodenheizung erwärmt. „Es handelt sich sozusagen um den umgekehrten Kühlschrank-Effekt“, sagt er. Die beiden anderen Varianten, Sole-Wasser-Wärmepumpe und Wasser-Wasser-Wärmepumpe, schließen Berger und Benink gemeinsam aus. Für Erstere müsste Benink seinen Garten umpflügen, denn sie bezieht ihre Wärme aus dem Erdreich und benötigt viel Platz. Letztere gestaltet sich als risikoreich, weil sie auf Grundwasser angewiesen ist. Sobald das aber versiegt oder der Brunnen zufällt – und das hält Berger für realistisch – fällt sie als Heizmöglichkeit weg.

Die Luft-Wasser-Wärmepumpe wird‘s. 20.000 bis 25.000 Euro muss Benink dafür einplanen. „Je höher die Anschaffungskosten, desto niedriger die Betriebskosten“, sagt Berger. Und er hat gute Nachrichten: 35 Prozent der Kosten fördert der Staat. Und, weil sein Kunde eine Ölheizung hat, bekommt er sogar noch zehn Prozent mehr.

Gemeinsam gehen Berger und Benink durchs Haus und schauen sich an, wo noch Wärme verloren geht. Nur, wenn alle Schwachstellen beseitigt sind, kann die Wärmepumpe ihre volle Leistung entfalten und die Betriebskosten bleiben so gering wie möglich. „Wäre ja auch blöd, wenn ich trotzdem zwischendurch den Kohleofen anmachen müsste“, sagt Benink. Auch, wenn das natürlich gemütlich sei.

Eine Baustelle ist, wie Berger sich schon gedacht hat, die Kellerdecke. „Hier im Erdgeschoss haben wir 20 Grad, unten im Keller sind es 13 Grad. Das macht ordentlich was aus“, sagt er. Sie begutachten die Ölheizung und klettern später auf einer schmalen Leiter auf den Dachboden. Hier ist es deutlich wärmer. Das liegt daran, dass das Dach in den 1970er Jahren errichtet wurde und nicht gut gedämmt ist. „Ich würde in jedem Fall nachbessern“, sagt Berger. Benink nickt. Er hat auch schon darüber nachgedacht. Auch das wird ihn einiges kosten. Wie viel kann noch niemand genau sagen. Aber 20 Prozent davon wird immerhin der Staat fördern. „Ich werde mal den Dachdecker meines Vertrauens anrufen“, sagt er.

Nach fast zwei Stunden trennen sich Bergers und Beninks Wege vorerst. „Ich gehe mit einem guten Gefühl aus der Beratung raus“, sagt Benink. Er weiß jetzt, auf welche Heizform er umsteigen wird. Der Winter kann kommen.

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