Arbeitssuchende in Wermelskirchen  Jobcenter finanziert Führerscheine und Autos

Wermelskirchen · 181 Führerscheine und 119 Kraftfahrzeuge hat das Jobcenter Rhein-Berg 2019 mit etwa 425.000 Euro bereits finanziert.

Wermelskirchen: Jobcenter finanziert Führerscheine und Autos
Foto: Quelle: Jobcenter rhein-Berg | Grafik: Ferl, Zörner

Ein schwacher Öffentlicher Personennahverkehr in einem Flächenkreis wie dem Rheinisch-Bergischen Kreis – da müssen Arbeitnehmer mobil sein. Wer heute ohne Auto ist, kann selten attraktive Arbeitsstellen annehmen. Mobilität ist das Thema der Stunde. Wie aber gehen Kunden des Jobcenters damit um? Ohne einen fahrbaren Untersatz können sie nicht einfach Stellen antreten, die vielleicht im Südkreis oder in einer Nachbarstadt liegen. Und nicht alle Arbeitsstellen im Rheinisch-Bergischen Kreis, in Leverkusen, Remscheid oder im Oberbergischen können mit dem Bus erreicht werden. Da springt inzwischen das Jobcenter ein und unterstützt seine Kunden finanziell beim Erwerb eines Führerscheins oder Fahrzeugs.

Wer mobil ist, kommt schneller aus der Arbeitslosigkeit raus: Das ist das Ziel des Jobcenters Rhein-Berg. Deshalb wurden 2019 (bis 4. September) 181 Führerscheine gefördert. 2018 waren es 173. Die Förderung umfasst die Kosten des Neuerwerbs, die MPU und auch die Anerkennung ausländischer Führerscheine. 2019 wurden 119 Kraftfahrzeuge finanziert – Autos, E-Bikes, Motorräder. Und auch Reparaturen fallen darunter. 2018 waren es 87 Kraftfahrzeuge.

Die Kosten für die Förderung eines Führerscheins belaufen sich im Mittelwert auf 2500 Euro für die Jahre 2018 und 2019, teilte die Sprecherin des Jobcenters Rhein-Berg, Sandra Vorwerg, auf Anfrage dieser Redaktion mit. Die Gesamtsumme der Förderung von Kraftfahrzeugen betrug für das Jahr 2019 aktuell 312.103 Euro (Mittelwert je Förderung: 2364 Euro). Im Jahr 2018 betrug die Gesamtsumme 112.605 Euro (Mittelwert je Förderung: 2010 Euro).

Vorwerg: „Die mit Mittelwert höheren Ausgaben im Jahr 2019 sind darauf zurückzuführen, dass die Förderhöhe von 2000 Euro (2018) auf 3000 Euro erhöht wurde.“ Denn in der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass die ehemalige Höchstförderung von 2000 Euro häufig hohe Reparaturbedarfe bei den angeschafften Kraftfahrzeugen nach sich gezogen habe. „Um dem entgegenzuwirken, wurde die Förderhöhe angepasst.“

Warum fördert das Jobcenter Fahrzeuge und Führerscheine? „Mobilität ist für die Bürger in Rhein-Berg von hoher Bedeutung“, erklärt die Pressesprecherin. Denn nicht jede Wohn- und Arbeitsstätte sei mit dem ÖPNV zu jeder Zeit erreichbar. „Insbesondere bei Arbeitszeiten, die sehr früh beginnen oder sehr spät enden wie in der Gastronomie, Pflege, Busfahrer. Da ist es unabdingbar, einen Führerschein und einen Pkw zu besitzen, um zur Arbeit und zurück zu kommen.“ Deshalb fördere das Jobcenter Rhein-Berg – Zahlen auf den Standort Wermelskirchen gibt es nicht – im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die Steigerung der Mobilität. Zudem gebe es in Wermelskirchen eine hohe Quote von Auspendlern; viele Arbeitnehmer arbeiten nicht in Wermelskirchen, sondern in der Umgebung, sagt die Sprecherin. Deshalb sei Mobilität der Leistungsberechtigten ein wichtiges Kriterium zur Arbeitsaufnahme.

Ziel des Jobcenters sei, so der gesetzliche Auftrag, die Leistungsberechtigten zu unterstützen, wieder in Arbeit zu kommen oder diese zu behalten. „Wir unterstützen Leistungsberechtigte darin, ihre Hilfebedürftigkeit und die ihrer Familie zu vermeiden, zu verringern oder zu beenden. Daneben sichern wir die Existenz der Leistungsbeziehenden und ermöglichen die Teilhabe am sozialen Leben“, sagt die Jobcenter-Sprecherin.

Eine Auswertung, ob die geförderten Leistungsberechtigten eine Arbeit haben, gibt es laut Jobcenter nicht. Vorwerg: „Das ist nicht die alleinige Fördervoraussetzung. Eine Förderung kann bereits dann erfolgen, wenn ein Führerschein oder Kraftfahrzeug förderlich für eine zukünftige Integration ist.“ Denn: „Die Menschen im Leistungsbezug nach dem SGB II erhalten das Existenzminimum und können sich aus diesen Mitteln nicht die Kosten für einen Führerschein oder einen Pkw ansparen, da diese in der Regelleistung nicht enthalten sind.“

Neben der Förderung von Führerscheinen und Fahrzeugen haben Leistungsberechtigte seit 2013 die Möglichkeit, den „MobilPass“ auch im Verkehrsverbund Rhein-Sieg zu nutzen. Dieser Pass ist quasi die Berechtigungskarte, vergünstigte Tarife in öffentlichen Verkehrsmitteln zu bekommen. Das Jobcenter hat im Jahr 2018 mehr als 8300 dieser Mobil-Pässe ausgegeben.Die finanzielle Unterstützung von Autos und Führerscheinen ist aber nur eine Fördermöglichkeit; es fängt an beim Training für die Erstellung von Bewerbungsunterlagen über die Vorbereitung zu Bewerbungsgesprächen, Umschulung und Fortbildung wie auch Einstiegsgeld für Arbeitnehmer, also die befristete finanzielle Unterstützung bei der Arbeitsaufnahme von Geringverdienern.

Dazu zählen aber auch Eingliederungszuschüsse für Arbeitgeber oder kommunale Eingliederungsleistungen wie für Suchtberatung, Schuldnerberatung oder psychosoziale Betreuung.

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