Mit Wermelskirchener Jägern auf den Hochsitz Bürger wechseln die Perspektive

Wermelskirchen · Der Hegering bot Interessierten wieder die Möglichkeit, die Jäger bei der der Ansitzwoche auf den Hochsitz zu begleiten. Wildschweine sind nach wie vor ein Problem, Rehe machen sich an der Aufforstung des Waldes zu schaffen.

 Wolfgang Diezl war noch gar nicht ganz auf dem Hochsitz angelangt, da entdeckte der Reviergast gleich eine Ricke mit zwei Rehkitzen.

Wolfgang Diezl war noch gar nicht ganz auf dem Hochsitz angelangt, da entdeckte der Reviergast gleich eine Ricke mit zwei Rehkitzen.

Foto: Stephan Singer

Die Diskussion um die Jagd ist teils sehr emotional aufgeladen. Aus der Ferne wird über „die Jagd“ oder „die Jäger“ gesprochen. Seit sechs Jahren ermöglicht der Hegering Wermelskirchen im Verlauf der sogenannten Ansitzwoche den Bürgern einen Perspektivwechsel und einen genaueren Einblick. In den 18 Revieren auf Wermelskirchener Stadtgebiet machten sich auch jetzt wieder zehn interessierte Bürger „auf die Socken“ und begleiteten Jäger auf die Hochsitze.

Im Revier von Hegeringleiter Norbert Drekopf waren es Dieter Wurth aus Hückeswagen und Wolfgang Diezl aus Pohlhausen. Letzterer stellte nach mehr als zwei Stunden auf dem Hochsitz in der abendlichen Dämmerung fest: „Ich habe vorher schon gedacht, dass die Tiere einem einfacher in das Blickfeld und damit den Jägern vor die Flinte laufen. Das ist eine mühselige Geduldsprobe.“ Er wolle jedoch in jedem Fall noch einmal wieder dabei sein: „Gerne möchte ich noch mehr sehen.“

In Zweiergruppen verteilten sich die Teilnehmer auf verschiedene Hochsitze, die kaum für drei Personen Platz bieten, sind sie doch eher für einen Jäger ausgelegt. Am Abend im Revier von Drekopf in Dhünn und Dabringhausen fiel zwar kein Schuss, zu sehen (die Jäger sprechen von „Ansicht“) gab es dennoch etwas: zwei Ricken mit je zwei Kitzen und ein Hase wurden gesichtet, eine Ricke konnte über mehr als eineinhalb Stunden beim Äsen beobachtet werden, und ein Rehbock trottete am Hochsitz quer durch das Maisfeld. Auf den legte Drekopf nicht an (das Anlegen, Entsichern der Waffe und Zielen nennen die Jäger „Stechen“): „Das war ein schöner Sechsender-Bock. Den lassen wir stehen – der war fit.“

Die Ansitzwoche nutzt der Hegering auch dafür, um über das Vorgehen der Jäger zu berichten, die bei schwierigen Lichtverhältnissen schnell eine Entscheidung pro oder contra Schuss fällen müssen: „Wenn ab Mai die Jagd auf Rehböcke beginnt, legen wir vor allem auf junge, schwache Tiere an.“ Die erkenne man am geringen Wildbret – sie bringen nur sieben bis acht Kilo auf die Waage – und an den „Knöpfen“, also einer geringen Gehörnbildung. „Die entnehmen wir, damit die anderen stärkeren Böcke mehr Raum haben. Denn die schwachen Tiere würden ihre schwachen Veranlagungen auch vererben“, sagt Drekopf Ähnlich sei das Vorgehen bei der Jagd auf Rehkitze im Herbst: „Hat eine Ricke zwei Kitze, entnehmen wir das schwächere, damit das stärkere mehr Muttermilch bekommt.“ Drekopf verbrachte vor dem Abend mit den Bürgern geschlagene vier Nächte auf Hochsitzen in seinem Revier und schoss vier Kitze: „Das ist echte Arbeit.“ Das Ziel dabei: Den Rehbestand eindämmen, um Landwirtschaft und den nachwachsenden Wald vor Verbiss zu schützen sowie den verbleibenden Rehbestand stärken. Und worauf achten die Jäger noch? „Wir schießen nur, wenn ein Kugelfang vorhanden ist“, betonte Drekopf. Ein „Kugelfang“, der das Geschoss beim Verfehlen des Ziels abfängt, ist aus der Perspektive des Hochsitzes meist der Boden. „Wir ballern nicht einfach herum“, sagte Drekopf, denn: Eine Kugel mit freier Flugbahn ist ein unkontrollierbares Risiko, ohne Hindernis fliegt sie bis zu fünf Kilometer weit.

Wildschweine in freier Flur bekamen Dieter Wurth und Wolfgang Diezl nicht zu sehen. „Die kommen erst später in der Nacht aus dem Wald“, berichtete Norbert Drekopf: „Die Wildschweine sind nach wie vor ein Problem. Wir haben zu viele davon, sie richten beträchtliche Schäden an und sind sehr schwer zu bejagen.“

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