Kultur in Wermelskirchen Kabarettist Florian Schröder hat Kanzleramt im Visier

Wermelskirchen · Kabarettist Florian Schroeder konnte sich am Freitagabend in der Kattwinkelschen Fabrik in Wermelskirchen über die volle Bogenbinderhalle freuen.

 Florian Schroeder ist mit seinem neuen Programm „Neustart“ in Wermelskirchen zu Gast.

Florian Schroeder ist mit seinem neuen Programm „Neustart“ in Wermelskirchen zu Gast.

Foto: Frank Eidel

Florian Schroeder ist ein wenig auf Krawall gebürstet, zumindest dann, wenn es um das Neun-Euro-Ticket geht. Der Kabarettist lobt das Ticket zunächst noch als „politisch wohl beste Idee der Bundesregierung“. Nur um dann hinzuzufügen: „Aber nicht mit diesen Leuten.“ Dem schließt sich eine wütende Tirade über jene Menschen an, die nichts anderes zu tun haben, als ihm, dem „Bahn-Profi“, im Weg zu stehen. „Ich fordere eine Fast-Lane für Bahn-Profis, ab Bahn-Card 50 aufwärts.“ Florian Schroeder ist mit seinem neuen Programm „Neustart“ in Wermelskirchen zu Gast - und entgegen seiner Befürchtung im Interview mit unserer Redaktion, wo er noch gesagt hat: „Halbvoll ist das neue ausverkauft“, ist die Kattwinkelsche Fabrik praktisch ausverkauft.

Um Florian Schroeder in Gänze zu erfassen, muss man auf die Auflösung warten, die seiner Tirade über soziale Medien folgt. „Nachdem ich euch jetzt so gut auf die Pause vorbereitet und aufgeputscht habe, könnt ihr die kommenden Minuten nutzen, um mir auf Facebook, Twitter und Instagram zu folgen.“ Tja, bei diesem hochanspruchsvollen Wortakrobaten weiß man eben nie so wirklich, woran man ist, was nun ernstgemeint ist, was bittere Satire.

Beim „Neustart“ geht es auch um die Suche nach dem Messias. Hier ist das Publikum gefordert, um zu entscheiden, ob Gerhard Schröder, Greta Thunberg, Immanuel Kant oder doch eher Otto von Bismarck zum Messias geeignet sind. „Man wird sich schwer einig“, muss Florian Schroeder feststellen. Dabei kann der Wahl-Berliner auch wieder einmal das zeigen, womit er zu Beginn seiner Karriere bekannt geworden ist: die Promi-Parodie. Ob nun Quasi-Namensvetter Schröder, Piepsstimmchen Heidi Klum oder Pop-Barde Herbert Grönemeyer – er hat sie alle drauf.

Dann stockt einem kurz der Atem. „Ich möchte nach 15 Jahren etwas Neues wagen. Ich möchte nichts weniger als Bundeskanzler werden.“ Wieder so ein Schroeder-Moment, bei dem man sich am Anfang des Gedankens fragt, meint er das jetzt ernst? Nur um im Verlauf des rhetorisch brillanten Vortrags schleichend zu erkennen, dass er einen einmal mehr aufs Glatteis geführt hat. Er entwirft eine Uto-Dystopie, in der ein künftiger Kanzler Florian Schroeder zeigt, wie man eine Diktatur entwirft. „Dazu braucht man noch nicht einmal einen Björn Höcke, sondern nur einen ruchlosen Opportunisten wie mich – und ein Publikum wie euch, das an den richtigen Momenten klatscht und mir so zeigt, wo ich wann und wie noch einen Schritt weitergehen kann.“ Es sind Momente wie diese, die klar machen, dass für einen Florian Schroeder nur gelten kann: „Ausverkauft ist das alte und neue ausverkauft.“

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