Klimacamp 2020 am Hohen Busch ab 23. September Was Sie zum Klimacamp wissen müssen

 Viersen · Warum findet die Großveranstaltung am Hohen Busch statt, obwohl die Stadt sie nicht genehmigt hat? Gibt es Einschränkungen für die Viersener auf dem Freizeitgelände? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

 Beim Klimacamp 2019 am Hohen Busch waren in der Spitze bis zu 6000 Menschen vor Ort.

Beim Klimacamp 2019 am Hohen Busch waren in der Spitze bis zu 6000 Menschen vor Ort.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Dass von diesem Montag an die Bewegung „Ende Gelände“ ein Klima-Camp auf dem Freizeitgelände am Hohen Busch aufbaut, sorgt bei vielen Viersenern für Erstaunen. Rund 500 Braunkohlegegner aus ganz Deutschland werden zu dem Camp erwartet, die sich von Mittwoch an bis Montag, 28. September, auf dem Gelände aufhalten werden. Anschließend beginnt der Abbau, der am Mittwoch, 30. September, beendet sein muss. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Warum hat die Stadt diese Großveranstaltung in Corona-Zeiten genehmigt?

Das hat die Stadt nicht. Der Erste Beigeordnete Christian Canzler, auch zuständig für den Bereich Ordnung und Sicherheit, erklärt: „Das ,Klimacamp 2020’ am Hohen Busch ist im rechtlichen Sinn keine Veranstaltung, sondern eine Versammlung, die dem besonderen Schutz des Grundgesetzes unterliegt. Das bedeutet insbesondere, dass die Versammlung nicht genehmigt, sondern nur bei der Polizei als Versammlungsbehörde angemeldet werden muss.“ In Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes ist geregelt: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit hat also eine besondere Stellung. Insbesondere müssen alle Behörden ihr Handeln an dem Grundsatz ausrichten, dass sie eine Versammlung möglich machen und schützen sollen. Einen solchen grundgesetzlichen Schutz genießen weder Fußballspiele noch St.-Martinszüge.

Wer hat dann die Entscheidung getroffen, dass die Klimaaktivisten ihr Camp in Viersen aufschlagen dürfen? 

„Zuständige Versammlungsbehörde ist hier wegen der Braunkohlenproteste das Polizeipräsidium Aachen“, erklärt Canzler. „Das Polizeipräsidium hat der Ende-Gelände-Bewegung für das Klimacamp wie angemeldet das sogenannte Festivalgelände am Hohen Busch als Versammlungsfläche zugewiesen.“

Könnte sich die Stadt nicht weigern, die Fläche zur Verfügung zu stellen?

Diese Möglichkeit sieht die Stadt nicht. „Die Stadt ist rechtlich verpflichtet, die Fläche zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu treffen, damit die Versammlung stattfinden kann“, sagt Canzler. Das Gelände am Hohen Busch ist eine öffentliche Fläche und gehört der Stadt. Als Behörde muss die Stadt eine Versammlung ermöglichen. Das ergibt sich aus dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Selbst wenn die Stadt ausdrücklich „Nein“ sagt, darf die Polizei diesen Ort für eine Versammlung bestätigen.

Wie wird das denn mit den Corona-Schutzmaßnahmen im Camp gehandhabt?

Das mit der Versammlungsbestätigung befasste Verwaltungsgericht Aachen hat Aussagen zu den Corona-Schutzmaßnahmen getroffen. Die Organisatoren haben mit der Anmeldung ein Hygienekonzept vorgelegt. Die Zahl der Teilnehmer wurde auf 500 begrenzt. Zum Vergleich: Beim ersten Klimacamp im vergangenen Jahr waren in der Spitze bis zu 6000 Teilnehmer vor Ort.

Welche Einschränkungen wird es geben?

Für das Klimacamp gesperrt werden der Parkplatz am Labyrinth, das Labyrinth selbst sowie die sogenannte Hundewiese und die Wiese, auf der bei „Eier mit Speck“ die Bühne steht. Zwischen der Eisenbahnbrücke und der Autobahnbrücke wird auf dem Aachener Weg Tempo 30 gelten. Entlang des Aachener Weges darf in diesem Bereich weder auf der Fahrbahn noch im Randstreifen gehalten oder geparkt werden. Es wird anders als 2019 keine Einbahnstraßenregelung geben. Die Linienbusse der NEW fahren ihre gewohnten Wege.

Die Zufahrt zu den Parkplätzen an der Josef-Kaiser-Allee, zum Stadion und der dort betriebenen Gastronomie sowie zum Waldkindergarten bleibt frei. Die Parkplätze entlang des Ascheplatzes stehen uneingeschränkt zur Verfügung. Lediglich für die Parkplätze nördlich des Verbindungswegs zur Multifunktionswiese und an der Grillwiese wird es eine vorübergehende Parkscheibenregelung geben. Dort darf dann für drei Stunden kostenfrei geparkt werden. Die aktuell an der Josef-Kaiser-Allee gelagerten mobilen Toiletten werden auf das Campgelände umgesetzt.

Was ist mit den Sporteinrichtungen am Hohen Busch?

Der Zugang zu Basketballfeld, Beachvolleyballanlage und Skate Plaza vom Aachener Weg steht wegen der Parkplatz-Sperre nicht zur Verfügung. Die Sportanlagen und die Multifunktionswiese sind aber aus Richtung des Stadions erreichbar. Gleiches gilt für die Fußballplätze in diesem Bereich. Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) sagte: „Ich freue mich, dass wir einen Weg gefunden haben, der sowohl die Anforderungen des Klimacamps erfüllt als auch die Interessen der Viersener Bevölkerung weitestgehend berücksichtigt. Die gefundene Vereinbarung ist eine gute gemeinsame Lösung.“ Am Sonntag hatte sie mit den Camp-Organisatoren gesprochen. Sie betonte: „Für das Klimacamp gelten wegen der durch das Grundgesetz geschützten Versammlungsfreiheit andere rechtliche Grundlagen als für Veranstaltungen, die in Corona-Zeiten nicht stattfinden können. Die Entscheidungen rund um das Klimacanp liegen nicht in städtischer Hand.“

Welche Aufgaben hat die Stadt?

Aufgabe der Stadt Viersen ist es, die Polizei bei deren Aufgabenerfüllung im Verlauf der Versammlung ordnungsbehördlich und feuerwehrtechnisch zu unterstützen. Dazu gehört beispielsweise die erhöhte Einsatzbereitschaft von Feuerwehr und Rettungsdienst.

Wer kommt für die Kosten auf?

Bei Versammlungen unter freiem Himmel gilt allgemein: Die Kosten, die bei denen entstehen, die sich versammeln, zahlen eben diese. Die Kosten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung trägt die Allgemeinheit – auch, weil nur so Versammlungen überhaupt möglich sind. Und Schäden zahlt die Person, die sie verursacht.

Gibt es Reaktionen aus der Viersener Politik?

Durch ein „bedauerliches Versehen“ seien die Ratsfraktionen nicht wie beabsichtigt im Vorfeld über das bevorstehende Camp informiert worden, erklärte der Erste Beigeordnete Christian Canzler am Samstag. „Das habe ich zwischenzeitlich nachgeholt.“ Die FDP forderte die Verwaltung auf, das Hygienekonzept offenzulegen. „Uns ist es wichtig, uns davon zu überzeugen, dass die Gäste aus ganz Deutschland in unserer Stadt keine Gefahr durch Infektionen für unsere Bürger darstellen“, erklärte Alexandra Hurschler (FDP). CDU-Bürgermeisterkandidat Christoph Hopp sagte: „Ich finde es gut, dass Menschen sich für den Klimaschutz reinhängen und darauf aufmerksam machen - sonst befänden wir uns beim Klimaschutz noch im Tiefschlaf.“ Die Stadt könne das Camp rechtlich nicht verhindern. Hopp: „Ich hoffe, dass die Versammlung am Hohen Busch friedfertig abläuft, dass es keinen Ärger gibt.“

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