Doppel-Interview Rene Osterwind & Markus Wölke „In Lintorf ist es besser als in einer leeren Halle“

Lintorf · Am Samstag (18 Uhr) empfängt der TuS 08 Lintorf in der Handball-Verbandsliga die SG Ratingen II zum Derby. Davor stellen sich TuS-Trainer Markus Wölke und SG-Trainer René Osterwind einem Doppel-Interview quasi auf neutralem Boden: Das „Meck“ ist zwar in Lintorf und damit die Stamm-Wirtschaft des TuS, der Ratinger Coach Osterwind hat da als langjähriger Spieler der Lintorfer aber schon weitaus mehr Abende verbracht als Wölke.

 Verstehen sich gut: Die Verbandsliga-Handball-Trainer René Osterwind (links) von der SG Ratingen II und Markus Wölke vom TuS 08 Lintorf.

Verstehen sich gut: Die Verbandsliga-Handball-Trainer René Osterwind (links) von der SG Ratingen II und Markus Wölke vom TuS 08 Lintorf.

Foto: Georg Amend

Herr Wölke, wie wahrscheinlich alle Handballer nennen Sie René Osterwind „Hansi“. Wissen Sie, woher der Spitzname kommt?

Wölke Ehrlich gesagt nein. Ich habe den Spitznamen vor zwei Jahren so übernommen.

Klären Sie es auf, Herr Osterwind?

Osterwind Meine Familie hatte mehr als 50 Jahre einen Gastronomie-Betrieb in Ratingen, und da gab es den Kellner Hans-Joachim Lippert – das war der Original-Hansi. Das war ein sehr, sehr lustiger Kellner, und nach meinem ersten Seniorenspiel mit Lintorf sind wir mit der Mannschaft da essen gewesen, die Jungs fanden ihn auch lustig – und da hatte ich den Spitznamen weg. Dank meines damaligen Mitspielers Thorsten Haufs.

Sie sagten, Sie haben „Hansi“ vor zwei Jahren übernommen...

Wölke Ja, als ich seine Mannschaft übernommen habe, also damals die Zweite des TuS Lintorf. Wir haben nach der Vorbereitung miteinander gesprochen, Hansi hatte super Arbeit geleistet mit den Jungs, es ging nur darum, dass sie sich einlassen auf das, was ich vorhabe. Und das haben sie getan und es mir sehr leicht gemacht. Ich habe mich von Anfang an heimisch in Lintorf gefühlt.

Wie war das für Sie, als Ur-Lintorfer diese Mannschaft abzugeben?

Osterwind Man hofft ja immer, wenn man eine Mannschaft verlässt, dass sie danach in guten Händen ist. Und das ist sie bei Markus auf jeden Fall. Alles gut.

Sie wurden dann aber zum Trainer der Ersten in Lintorf befördert...

Wölke Ich hatte nicht damit gerechnet. Es hat mit mir und der Zweiten super gepasst, menschlich wie sportlich. Und es hat auch weh getan, die Mannschaft zu verlassen, da bin ich ehrlich. Ich habe ein Jahr lang beide Mannschaften betreut, aber das ist dann letzte Saison durch die Decke gegangen mit den 13 Siegen in Folge, der Verbandsliga-Vizemeisterschaft und der Zweiten, die Dritter in der Landesliga wurde. Ich wünsche der Zweiten auch dieses Jahr den Aufstieg, aber ich würde nie wieder beide Mannschaften gleichzeitig betreuen. Es hat unglaublich viele Körner gekostet, ich war nach der Saison so platt wie nie, und meine Familie hatte ja auch noch weniger von mir. Da habe ich gesagt, das tue ich nicht mehr, sonst sitze ich irgendwann mit einem Schild unter der Brücke (lacht). Aber die Zweite ist ja jetzt auch in sehr guten Händen bei Ralf Trimborn.

Schauen wir auf das Wochenende. Was erwarten Sie vom Derby?

Wölke Ich erwarte dasselbe wie bei den vorangegangen Derbys: Es wird eng und umkämpft sein. Ein Derby hat nichts mit der Tabelle oder Personal zu tun, sondern es treffen zwei Mannschaften aufeinander, die sich nichts schenken werden. Es kann sein, dass es nicht schön anzusehen ist, aber es wird von Spannung und Emotionen leben. Das Hinspiel haben wir 28:26 gewonnen, es hätte aber auch andersherum ausgehen können. Hansi wird die richtigen Worte für seine Spieler und die richtigen Hebel finden – das habe ich aber auch vor. Ich möchte meine positive Serie mit einem Unentschieden und zwei Siegen in diesem Derby gerne ausbauen.

Herr Osterwind?

Osterwind Wir sind erst einmal ganz entspannt nach den zwei Siegen zuletzt, die uns Luft im Abstiegskampf verschafft haben. Wir haben uns kämpferisch enorm gesteigert und auch deswegen zuletzt nur 19 Gegentore kassiert. Ich sehe Lintorf am Samstag schon als Favorit, aber im Derby kann alles passieren. In Lintorf herrscht auf jeden Fall eine super Atmosphäre, und das wird meinen Jungs auch mehr Spaß machen als in einer leeren Halle zu spielen. Außerdem entspannt sich unsere Personalsituation, Bastian Schlierkamp ist wieder im Training.

Wie ist das eigentlich? Können Sie den Geschäftsführer der SG Ratingen eigentlich auswechseln?

Osterwind (lacht) Ja natürlich. Das ist ein sehr professionelles Verhältnis bei uns. Basti ist für mich ja nicht nur Geschäftsführer der SG, er ist auch ein sehr guter Kumpel. Aber während des Spiels bin ich Trainer und er ist Spieler. Erst danach ist er wieder der Chef, der die Richtung vorgibt.

In Lintorf haben Sie eine Jugend-Kooperation mit dem TV Ratingen, aus der Sie viele junge Spieler einsetzen können.

Wölke Ja, die Spieler, die unter dem TuS laufen, können in beiden Mannschaften spielen, und Thierry Greday und Jan Fassbender haben bei uns ja auch schon Verbandsliga gespielt. Es wäre fahrlässig, wenn wir so ein Potenzial nicht nutzen würden. Das ist auch schön mit Blick auf die nächste Saison – so einen Pool an Spielern zu haben, wünschen sich alle Senioren.

Sie auch?

Osterwind Das hätte sicher jeder Trainer gerne – vor allem als Trainer einer zweiten Mannschaft. Aber wir haben ja auch Leute für unser Regionalliga-Team hervorgebracht wie aktuell Leo Loose oder Maik Ditzhaus oder Yannik Nitzschmann, der auch bei uns angefangen hat. Und wir bauen ja gerade in der Jugend etwas auf.

Sie meinen die Kooperation mit dem HC Düsseldorf.

Osterwind Richtig. Wir haben davon jetzt immer drei bis vier Spieler bei Ace (Jonovski, Trainer der Regionalliga-Mannschaft, d. Red.) im Training und schon einige Testspiele gegen die B-Jugend des HCD gemacht. Wir wollen das etablieren, um daraus nachhaltig etwas entwickeln zu können. Ich hoffe natürlich, dass da auch Spieler für mich bei herauskommen und nicht nur für die Erste (lacht). Wir können jungen Spielern auf jeden Fall die Perspektive geben, bei uns Spielzeit zu bekommen und zusätzlich regelmäßiges Training mit namhaften Spielern bei der Ersten.

Wie finden Sie das Konstrukt bei der SG Ratingen?

Wölke Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen: Als Essener bin ich raus aus dem Lokalkolorit (schmunzelt). Aber differenziert: Die SG hat sich für ihr Modell entschieden, und die Verzahnung mit dem Verein Interaktiv scheint eines zu sein, das Sinn macht. Meine persönliche Meinung ist: Im Handball wird es grundsätzlich ohne Kooperationen auf Dauer nicht gehen, und daher finde ich jedes Modell gut, das zukunftsfähig ist. Ob man das der SG mag oder nicht ist Sache des Lokalpatriotismus. Immerhin bin ich als Trainer in Kettwig gegen die Erste der SG angetreten, als die noch auf dem Weg nach oben war. Mit Basti Schlierkamp als Spieler.

Osterwind Und mir...

Wölke Stimmt! Was ich sagen will: Für uns war die Zusammenlegung der A-Jugend mit dem TV Ratingen der richtige Schritt, da waren mit Ralf Trimborn und den anderen drumherum auch die richtigen Leute am Werk. Wenn sich dadurch Nachhaltigkeit entwickelt, hilft das für die kommenden Jahre. Ich finde die Geschichte mit der SG und dem HC Düsseldorf auch spannend, es ist gut, längerfristig zu denken. Ich denke, jeder Verein muss etwas für sich und seine Entwicklung finden. Ich weiß, dass Basti den Traum von der Dritten Liga hat und finde, dass man sich große Ziele stecken muss, um sie zu erreichen.

Das klingt wie beim Deutschen Handball-Bund, wo die Ziele bei der EM zuletzt nicht erreicht wurden. Was sagen Sie zu Bundestrainer Christian Prokop?

Wölke Wie gesagt, ich finde es richtig und gut, sich ambitionierte Ziele zu setzen. Aber die Diskussion um Prokop gerade ist unfair. Er hatte viele wichtige Spieler verletzt. Gut, gegen Kroatien wurde ein Spiel verloren, das man nicht verlieren muss und bei dem man über den einen oder anderen Wechsel reden kann. Aber wenn am Samstag unser Derby ist, sitzen am Breitscheider Weg hundert Leute, die dem Hansi nachher 20 Wechselfehler attestieren und hundert, die mir 20 Wechselfehler attestieren. Das ist halt so.

Osterwind Ich hatte ja gerade so eine Situation: Bei mir hat Bastian Lindner, der ein halbes Jahr nicht gespielt hat, zuletzt in der Crunchtime auf dem Feld gestanden, dafür saß Clemens Oppitz draußen, der ja jetzt zweimal bei der Ersten dabei war. Ich hatte aber bei Basti ein gutes Gefühl – und er holt den entscheidenden Siebenmeter heraus und wirft den auch noch ein. Wenn wir das Spiel verloren hätten, wäre ich der Depp gewesen, der Clemens draußen gelassen hat. Bei Prokop ist es generell so: Wir sind da alle viel zu weit weg von. Aus der Ferne ist es immer super leicht, über Entscheidungen eines Trainers zu urteilen.

Dann näher zu Ihnen: Wie besiegen Sie den TuS am Samstag?

Osterwind Das werde ich jetzt sicher nicht sagen (lacht). Was ich sagen kann: Wir müssen vorne wenig Fehler machen und geduldig spielen, denn wenn Lintorf mit Tempo kommt, gerade Basti Thole, kann man die Spieler nicht halten. Und hinten müssen wir robust decken.

Wie sieht es bei Ihnen aus?

Wölke Das kann ich genau so unterschreiben. Wenn wir vorne Fehler machen, hat Hansi genug Spieler im Kader mit Schnelligkeit und Cleverness. Wir müssen eigentlich beide dasselbe unterbinden und beide dasselbe richtig machen.

Osterwind Dann geht es 0:0 aus.

Wölke Das wird nicht passieren.

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