Kritik an Vorfall in Moers Polizei leiht Corona-„Spaziergängern“ Lautsprecher

Moers · In einer Gruppe des Messengerdienstes Telegram danken die Organisatoren der Polizei im Kreis Wesel. Wie die Behörde reagiert und warum die Linken eine Aufklärungskampagne fordern.

 Beamte tragen Polizeiwesten (Symbolfoto).

Beamte tragen Polizeiwesten (Symbolfoto).

Foto: dpa/Silas Stein

Zum vierten Mal haben sich am Montagabend Gegner der Corona-Maßnahmen zu einem „Spaziergang“ durch die Moerser Innenstadt getroffen. Auch in anderen Kommunen im Kreis Wesel fanden solche Versammlungen statt. Die Aufzüge in Moers und Rheinberg waren laut Polizei angemeldet. In Alpen, Schermbeck, Dinslaken und Xanten kamen die Menschen zusammen, ohne ihren „Spaziergang“ vorher anzukündigen.

Wie viele Menschen genau in Moers durch die Stadt zogen, wollte die Polizei aus einsatztaktischen Gründen nicht beantworten. In einer Gruppe des Messengerdienstes Telegram sprechen die Organisatoren jedoch von mehr als 300 Teilnehmenden – nach 100 beim ersten „Corona-Spaziergang“ vor drei Wochen. Außerdem loben sie die Polizei: Diese habe am Ende der Veranstaltung sogar den Polizeilautsprecher für eine Dankesrede zur Verfügung gestellt, heißt es.

Ein Sprecher der Kreispolizei Wesel bestätigte das am Dienstag auf Anfrage. Geschehen sei dies in der Absicht, die Versammlung auf diese Weise schneller auflösen zu können. Das sei auch gelungen, so der Polizeisprecher. Von Seiten der „Spaziergänger“ werde diese Entscheidung nun aber instrumentalisiert.

Angelika von Speicher, Stadträtin aus Neukirchen-Vluyn, hält das Vorgehen für ein Unding. „Ich bin entsetzt und enttäuscht über die Polizei hier bei uns“, schreibt sie. „Es darf nicht wahr sein, dass die, die unsere Gesetze und Vorgaben bewusst unterlaufen, die uns alle durch ihr Verhalten in der Pandemie gefährden und sich dann noch von Rechts instrumentalisieren lassen, von der Polizei hofiert werden.“

Kritik am Umgang der Kreisverwaltung mit den Versammlungen kommt auch vom Vorsitzenden der Fraktion Die Linke im Weseler Kreistag, Sascha Wagner. In der Kamp-Lintforter Telegram-Gruppe der „Spaziergänger“ seien beispielsweise führende Neonazis aus der Region aktiv, so Wagner. Seiner Meinung nach müsse die Kreisverwaltung mit einer Aufklärungskampagne deutlich machen, „vor wessen Karren sich gerade einige Bürgerinnen und Bürger spannen lassen“. Immer noch fehle im Kreis Wesel ein Informationsportal zu rechtsextremen Strukturen und Aktivitäten. Landrat Ingo Brohl (CDU) sei hier gefordert.

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