Beschwerden über Klimaaktivisten in Wanlo „Die haben ihr großes Geschäft direkt am Friedhof erledigt“

Wanlo · Zugeparkte Einfahrten, Spielplätze, die als Toilette genutzt wurden, und einschüchternde Beleidigungen. Im südlichsten Stadtteil von Mönchengladbach gab es auch Ärger mit Klima-Aktivsten, die in Lützerath demonstrierten.

 Hunderte Demonstranten kamen am 14. Januar am Bahnhof in Hochneukirch an. Viele machten sich zu Fuß auf den Weg nach Lützerath.

Hunderte Demonstranten kamen am 14. Januar am Bahnhof in Hochneukirch an. Viele machten sich zu Fuß auf den Weg nach Lützerath.

Foto: Kandzorra, Christian

Das Dorf liegt am nördlichen Rand der Grube und hatte den Feind quasi immer vor Augen. Denn auch Wanlo sollte für die Braunkohleförderung abgebaggert werden. Was es heißt, sich gegen die Pläne des RWE-Konzerns zu wehren, kennen viele Wanloer also. Viele kämpften an der Seite der Klima-Aktivisten, und viele stehen auch heute noch hinter der Bewegung, auch wenn schon lange feststeht, dass ihr Dorf nicht den riesigen Baggern zum Opfer fällt, die sich durch die Landschaft am Ortsrand fräsen.

Doch nach den jüngsten Protesten im benachbarten Lützerath schwand bei manchen Anwohnern die Sympathie für die Demo-Teilnehmer.

Klima-Aktivisten waren nicht nur über die Erkelenzer Dörfer am Tagebaurand angereist, viele hatten auch den Weg über Wanlo gewählt. „Hier ging es zu wie im Taubenschlag, Einfahrten waren tagelang zuparkt, sodass die Anwohner nicht mehr weg kamen“, berichtet ein Wanloer. Manche Straßen seien so mit Bussen zugestellt gewesen, dass die Kinder nicht mehr von der Schule nach Hause gekommen seien. Einige Anwohner hätten ihre Grundstücke verbarrikadieren müssen, damit die Demo-Teilnehmer sie nicht als Park- oder Campierplätze missbrauchen.

Aber nicht nur die vielen Fahrzeuge seien ein Problem gewesen. In der Facebook-Gruppe „Du bist Wanloer, wenn“ beschweren sich Anwohner über beschmierte Hauswände, eine zerstörte Bank und Müll. Und: „Die haben den Sandkasten als Toilette missbraucht und ihr großes Geschäft direkt am Friedhof erledigt“, berichtet ein Anwohner. Viele seien vermummt gewesen und hätten bei Ansprache sofort gepöbelt. Einige hätten sogar mit Handgreiflichkeiten gedroht. „Außerdem wurden Reifen verbrannt, und ständig hörten wir Böller“, sagt der Wanloer.

45 Anwohner aus den Erkelenzer Tagebaurand-Dörfern fühlten sich von Klima-Aktivisten so eingeschüchtert und bedroht, dass sie einen Brandbrief an den Polizeipräsidenten, Bürgermeister und Landrat schrieben. In Mönchengladbach gibt es kein solches Schreiben. „Beim Bürgerdialog und in der Verkehrsregelung liegt eine Beschwerde wegen des hohen Verkehrsaufkommens in Wanlo anlässlich der Demonstration am 14. Januar vor, die im Nachgang eingegangen ist“, teilte ein Mönchengladbacher Stadtsprecher auf Nachfrage mit. Und: „Dass es in Wanlo ein hohes Verkehrsaufkommen, Parksuchverkehr und auch zahlreiche Fußgruppen im Zusammenhang mit der Demo gegeben hat, können wir bestätigen.“

Zuständig für die Genehmigung und Abwicklung der Lützerath-Demonstration seien die Stadt Erkelenz und das Polizeipräsidium Aachen gewesen.

Zwei Ursachen hat es aus Sicht von Mönchengladbach für das Verkehrschaos gegeben. So habe zum Beispiel der vorgesehene Parkraum auf der L 354n nicht ausgereicht. Dieser sei sehr schnell ausgelastet gewesen, weil so viele Demonstranten angereist seien, sagt der Stadtsprecher. Viele hätten deshalb Parkplätze in den umliegenden Dörfern gesucht.

Aber auch für Zugreisende gab es offenbar ein Hindernis. „Der Bus-Shuttleverkehr vom Bahnhof Hochneukirch zum Demo-Gelände war über Stunden wegen eines technischen Defekts ausgefallen, was zur Folge hatte, dass sich die Demo-Teilnehmer von Hochneukirch zu Fuß auf den Weg gemacht haben“, berichtet der Stadtsprecher. Und da es auf der Wegstrecke keine öffentlichen Toiletten gibt, könnte die Beschwerde über wildes Urinieren wohl durchaus Berechtigung haben.

Auf Anfrage bei der Polizei in Aachen teilte diese mit, dass rund um die Lützerath-Proteste rund 500 Hinweise und Anzeigen zu Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Umfeld der Demo eingegangen seien. Diese könnten aber ohne vertretbaren Aufwand nicht einzelnen Dörfern und Honschaften zugeordnet werden, sagte ein Polizeisprecher. Und: „Wir kennen aber den Brief aus Erkelenz. Sollten sich aus dem Inhalt Hinweise auf Straftaten ergeben, gehen wir diesen natürlich nach.“

Auch die Bewohner der Erkelenzer Dörfer berichteten von Sachbeschädigungen und nächtlichem Lärm. In dem Brief an den Polizeipräsidenten, Bürgermeister und Landrat schildern sie eindrücklich die Erlebnisse, die sie mit den Aktivisten hatten, die sich in den Dörfern niedergelassen hatten. „Sie rennen wie selbstverständlich in zwei Nächten durch die Dörfer, vermummt, schlagen Scheiben ein, beschmieren Wände und feuern Böller ab“, steht unter anderem in dem Schreiben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort