Was ist in Lützerath passiert?
Während sich einige Dorfgemeinschaften den Umsiedlungsmaßnahmen widerstandslos fügten, kämpften andere gegen die Abbaggerung – so auch Lützerath. Die Bewohner wehrten sich jahrelang gegen die Räumung, Unterstützung erhielten sie von verschiedenen Klima- und Umweltschutzorganisationen. Die ersten Rodungs- und Abrissarbeiten führte die RWE 2020 durch, es kam zu Hausbesetzungen und Mahnwachen. Im April 2021 wehrte sich Landwirt Heukamp gerichtlich gegen seine Umsiedlung, verlor den Prozess aber gegen RWE.
Auch die Landes- und Bundespolitik diskutierte immer wieder über den Erhalt des Weilers. Im Oktober 2022 kam es zu einer endgültigen Entscheidung des Bundes- und Landwirtschaftsministeriums. Lützerath fiel dabei einem Deal zwischen NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne), Robert Habeck (Grüne) und RWE zum Opfer. Auf einer Pressekonferenz verkündeten die Politiker, dass Lützerath abgebaggert werden soll, dafür aber die fünf nicht geräumten Ortschaften Kuckum, Berverath, Keyenberg, Oberwestrich und Unterwestrich erhalten bleiben. Sie gaben außerdem bekannt, dass der Braunkohleausstieg von 2038 auf 2030 vorgezogen wird. Diese Entscheidung wurde von vielen Klimaaktivisten scharf kritisiert.
Auch Greta Thunberg äußerte sich: „Dass die Grünen mit solchen Unternehmen Kompromisse schließen, zeigt, wo ihre Prioritäten liegen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Die Kohle, die hier im Boden ist, wird die Preise nicht sofort senken. Wer so denkt, hat einfach keinen Bezug zur Realität.“ Viele Demonstranten fühlten sich von der Partei im Stich gelassen und zeigten ihren Unmut. Protestanten besetzten die Parteizentrale in NRW und Habecks Büro in Flensburg, in Leipzig und Aachen warfen sie Steine in die Grünen-Büros.
Wie verliefen die Proteste in Lützerath?
In der Woche vor dem endgültigen Abriss kam es immer wieder zu Demonstrationen von Klimaschützern, die gegen die Erweiterung der Braunkohleförderung kämpften. Laut der Veranstalter beteiligten sich um die 35.000 Personen an den Protesten, auch die Klimaaktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer waren vor Ort. Polizisten, etwa 3700 im Einsatz, und Demonstrierende warfen sich nach der Räumung gegenseitig Gewaltexzesse vor. So sollen bei einem Demonstrationszug von Keyenberg bis Holzweiler hunderte Leute eine Absperrung der Polizei durchbrochen und sich nahe der Abbruchkante befunden haben. Dabei soll es zum Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray gekommen sein. Hunderte Demonstrierende haben außerdem Zuggleise in der Nähe eines RWE-Werks und damit die Zufahrtswege zum Kohlekraftwert Neurath blockiert, auch diese Aktion wurde von der Polizei beendet. Wie viele Verletzte es gegeben hat, ist unklar.
Die Demonstrierenden gaben an, dass es in ihren Reihen zu einer zwei- bist dreistelligen Zahl an Verletzten gekommen ist. Laut Polizei sind neun Aktivisten mit Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden. NRW-Innenminister Herbert Reul, der die Proteste scharf kritisierte, verkündete, dass 102 Polizisten verletzt worden seien. Seit Beginn der Räumung, also nicht nur in der Vorwoche, habe die Polizei außerdem rund 200 Anzeigen gegen Besetzer und Demonstranten geschrieben, sagte er.
Wann haben die letzten Demonstranten Lützerath verlassen?
Nachdem die Einsatzkräfte Lützrath fast vollständig geräumt hatten, entdeckten sie Tunnel unter dem Dorf, in denen sich einige Aktivisten verschanzt hatten. Die Aktivisten hatten die Polizisten selbst darauf aufmerksam gemacht und sie gewarnt, nicht mit schwerem Gerät über die Fläche zu fahren. Fünf Tage nach Beginn der Räumung von Lützerath verließen die zwei letzten Klimaaktivisten am 16. Januar 2023 einen unterirdischen Tunnel. Sie gelten als die zwei letzten Besetzer von Lützerath.