Corona-Minus in Mönchengladbach Das sagen die sechs Ratsfraktionen zum Doppelhaushalt

Mönchengladbach · Der Schlagabtausch der Fraktionschefs im Stadtrat gehört eigentlich beim Haushalt dazu. Das fiel diesmal wegen Corona aus. Die Ampel aus SPD, Grünen und FDP wie auch die Oppositionsfraktionen von CDU, Linken und AfD gaben ihre Stellungnahmen schriftlich ab. Wir dokumentieren Auszüge daraus.

 Der Hauptausschuss tagte anstelle des deutlich größeren Stadtrats am Dienstag im Haus Erholung und verabschiedete den Doppelhaushalt 2021 und 2022.

Der Hauptausschuss tagte anstelle des deutlich größeren Stadtrats am Dienstag im Haus Erholung und verabschiedete den Doppelhaushalt 2021 und 2022.

Foto: bauch, jana (jaba)

Jannan Safi, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion: Wir haben mühsam erarbeitete Spielräume – pandemiebedingt – so gut wie verloren. Das ist bitter. Wir brauchen eine vernünftige Lösung für die kommunalen Finanzen, die eine Politik ermöglicht, die sich mit den Wünschen und Anforderungen der Bürger auseinandersetzt. Mit Augenmaß, Verantwortungsbewusstsein und einer Orientierung an den realen Bedürfnissen. Wir sind die erste politische Mehrheit, die substantiell Stellen für den Kommunalen Ordnungs- und Servicedienst einrichtet. Es ist die erste politische Mehrheit, die ein Baumpflanzungsprogramm auf den Weg bringt. Es ist die erste politische Mehrheit, die Barrierefreiheit so ernst nimmt, dass sie fast eine halbe Million Euro für inklusive Ertüchtigung bereitstellt. Wir wollen sicherstellen, dass wir einen ausreichenden Fokus auf Rheydt legen. Die SPD-Fraktion und die Kooperationspartner stehen fest an der Seite der Familien und Eltern. Das zeigt sich auch in der Frage nach Spielplätzen.

Lena Zingsheim-Zobel und Boris Wolkowski, Vorsitzende der Grünen-Ratsfraktionen: Die Altschulden, die die Stadt drücken; hinzu kommen ab dem Jahr 2025 die durch „Corona“ neu entstandenen Lasten – es sind dies Lasten, die wir als Stadt Mönchengladbach nicht allein tragen können, wenn wir in irgendeiner Form handlungsfähig bleiben wollen. Für den aktuellen Doppelhaushalt freuen wir uns mit der Änderungsliste in der Kooperation von SPD, Grünen und FDP, den engen Spielraum zum Wohle der Stadt für mehr Bürgernähe, Umwelt- und Klimaschutz, die Verkehrswende und sozialen Zusammenhalt zu nutzen. Damit die Stadt den Folgen dieses Klimawandels begegnen kann, werden wir im Haushalt zusätzliche Summen bereitstellen, um insbesondere in unseren städtischen Zentren mehr Bäume zu retten und neue zu pflanzen. Begleitend dazu beginnen wir damit, den städtischen Gesamtverkehr sukzessive zu beruhigen und den Radverkehr weiter zu stärken. Einen Schwerpunkt konnten wir auf Kinder und Jugendliche legen.

Nicole Finger, Vorsitzende der FDP-Ratsfraktion: Bevor wir uns an neue Sparmaßnahmen begeben, müssen Bund und Land Farbe bekennen, ob und wie sie den Kommunen unter die Arme greifen. Sollen die seit 2012 erzielten Erfolge der Haushaltskonsolidierung nicht auf einen Schlag entwertet werden, bedarf es einer zusätzlichen Finanzausstattung von Kommunen. Solange keine Klarheit geschaffen wird, müssen wir bei unseren Planungen Vorsicht walten lassen. Der Haushaltsplanentwurf bietet deshalb politisch wenig Spielraum. Wir stecken mehr Geld in die Unterhaltung unserer Spielplätze. Wir beschleunigen den Ausbau der offenen Ganztagsschule. Wir lassen den stationären Einzelhandel und die Gastronomie nicht allein. Wir stellen die Menschen in den Mittelpunkt, die bereits in unserer Stadt leben und beschäftigen uns weniger intensiv mit Anreizen für Zuzüge. Wir wollen nicht nur eine wachsende Stadt sein, wir wollen vor allem, dass Menschen in unserer Stadt wachsen und sich entwickeln können.

Hans Peter Schlegelmilch, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion: Der Doppelhaushalt ist insbesondere den Maßnahmen und Prioritäten gewidmet, mit denen die Stadtentwicklungsstrategie mg+ ganz konkret die Lebensbedingungen der Menschen hier im sozialen, ökologisch-wirtschaftlichen und kulturellen Sinne im Wettbewerb anderer Städte voranbringt. Vor diesem Hintergrund dürfen die marginalen Änderungen, mit denen uns die Mehrheitsfraktionen im Finanzausschuss überfallen haben, eher als weitere Bereicherung der Stadtentwicklung betrachtet werden. Sie ändern aber an der zukunftsgerichteten mg+Struktur des Haushaltsplans nichts. Ein paar Bäume hier, ein bisschen Ordnungsdienst mehr dort, ach ja und ein paar neue Spielgeräte auf Kinderspielplätzen. Teilweise sind dies die Punkte, die uns einzelne der Ampelpartner in den Sondierungsgesprächen als ihre Punkte für eine Koalition mit der CDU vorgetragen haben. Trotzdem verglichen mit mg+ zeigt das Kompromisspapier am Ende aber bagatellhafte Kleinigkeiten!

Torben Schultz, Vorsitzender der Linken-Ratsfraktion: Da haben wir nach CDU-Bekenntnis einen Entwurf, der ihre konservative Handschrift trägt. Und wir haben eine Ampel, die fast drei Monate auf die Änderungsliste der Verwaltung wartet, um dann mit frei gewordenen Geldern tröpfchenweise die roten, grünen und gelben Pflänzchen zu gießen. Ein paar erst in der letzten Legislatur abgeschriebene Spielplätze pimpen. Ein wenig Barrierefreiheit, aber nur wenn es sich rechnet. Dann noch Bäumchen pflanzen – kommt immer gut an – den Ordnungsdienst etwas aufstocken und übersehen, dass die Stadtverwaltung an vielen Stellen kaputt gespart wurde. Obendrauf etwas Deko für die Innenstädte, um die Händler zu beruhigen. Das tut niemandem weh, aber es lindert auch nicht den Schmerz und schon gar nicht bekämpft es die Ursachen. Ich nenne so was: Trostpflaster! Radwege – wie auf der Bismarckstraße – kommen … irgendwann … irgendwie. Die versprochene weitere Gesamtschule lässt auf sich warten.

Holger Hexgen, finanzpolitischer Sprecher der AfD-Ratsfraktion:

Der Euro ist bereits jetzt nach volkswirtschaftlicher Definition keine Währung mehr. Er hat seine wichtigste Eigenschaft, nämlich die Eigenschaft ein Wertspeicher zu sein, bereits vor Jahren verloren. Die mickrigen Guthabenzinsen aus Sparkonten und Lebensversicherungen reichen schon nicht mehr aus, um die zwar noch geringe Inflation auszugleichen. Man muss in Sachwerte umsteigen um nicht enteignet zu werden, raus aus dem Geldwert. Was bedeutet das für uns in Mönchengladbach? Wir befürchten, dass unsere Stadt sich auf einen weiteren drastischen Rückgang aller Steuereinnahmen sowie die Streichung von Haushaltspositionen und geplanten Maßnahmen einzustellen hat. Die AfD wird daher im Laufe der nächsten Zeit, und vor allem während des Fortgangs und der Intensivierung der Krise, zur Unterstützung der städtischen Finanzen Vorschläge in Form von Anträgen und Anfragen einreichen.  

(angr)
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