Kolumne Mensch Gladbach Die Zeichensetzer

Mönchengladbach · Im Karneval hat Mönchengladbach weit über die Stadtgrenzen positive Eindrücke gesendet, vor allem wegen des Prinzen-Paars. Es gibt weitere gute Beispiele für Toleranz und klare Haltung.

 Der Prinzenwagenmit Axel I. und Niersius Thorsten im Veilchendienstagszug,

Der Prinzenwagenmit Axel I. und Niersius Thorsten im Veilchendienstagszug,

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Der Veilchendienstag war zugleich Höhepunkt und Ende einer besonderen Session. Sie hat nämlich auch manche begeistert, die es sonst nicht so mit Brauchtum haben. Einmütig und gleichermaßen begeistert schunkelten, sangen und tanzten sie mit traditionellen Karnevalisten. Ein Heimatbekenntnis namens „Gladbach, Gladbach“ zur Melodie von Dschinghis Khan überstrahlt vom Regenbogen. Der Veilchendienstagszug war noch bunter und ausgelassener als sonst, dass dazu – anders als Rosenmontag in Düsseldorf oder Köln – zum Großteil auch noch die Sonne schien, passte perfekt.

Impulsgeber war das Prinzen-Paar, Axel I. (Ladleif) und Niersius Thorsten (Neumann), das sich zum ersten Mal mit Bindestrich schreibt, weil es ein Paar zweier Prinzen ist. Zwei Männer, ein Ehepaar, in eigentlich traditionellen Rollen, das war ein Wagnis, wurde aber ganz selbstverständlich zum Bekenntnis: Wir sind eine offene, eine tolerante Stadt. Eine Besonderheit war diese Besetzung vor allem in der Außenwirkung: Das erste gleichgeschlechtliche Prinzen-Paar des Rheinlands machte bundesweit Schlagzeilen. Und zeichnete ein positives Bild von Mönchengladbach.

In der Stadt selbst wurden die zwei erfrischend selbstverständlich zur Normalität. Sie waren gut, sorgten für Stimmung, waren auf der Bühne kurzweilig und gestalteten jeden Auftritt individuell. Ob innerhalb oder jenseits der Stadtgrenzen – die Tollitäten aus der Vitus-Stadt hinterließen immer fröhliche Gesichter. Nur darauf kommt es im Karneval an. Und wer schon mal im Zug Kamelle geworfen hat, weiß, wie dieses Erlebnis soziale Schichten, Kinder und Alte, unterschiedliche Nationalitäten in einem Gefühl der Gemeinsamkeit vereint. Auch das ist Integration.

Dass bislang unbekannte Täter, womöglich aus dem Kreis der Karnevalisten, wenige Tage vor dem Zug den Prinzenwagen mit üblen homophoben Botschaften beschmiert hatten, ist widerwärtig, kann aber die starken positiven Zeichen, die diese Session gesetzt hat, nicht schmälern. Zu den starken Zeichen dieser Woche gehörten auch die Worte des Gedenkens an die Opfer des rassistischen Attentäters von Hanau, die MKV-Chef Gert Kartheuser Rosenmontag vor dem Rheydter Rathaus verlas, und die kritische Karikatur zu rechtsextremen Strömungen in der AfD im Veilchendienstagszug.

Auch kurz nach dem Amoklauf von Hanau, bei dem ein Rassist neun Menschen und anschließend sich selbst tötete, kamen spontan hunderte Mönchengladbacher, zusammen um auf der Hindenburgstraße gegen Rechts zu demonstrieren. Eine wichtige Botschaft.

Ebenso Zehntausende Borussia-Fans, als Ultras in der Nordkurve, viele davon maskiert, während des Spiels gegen Hoffenheim auf einem riesigen Plakat dessen Mäzen Dietmar Hopp in einem Fadenkreuz zeigten. Wenige Tage nach Hanau fanden das die meisten im Stadion unerträglich, machten ihrem Unmut mit anhaltendem Auspfeifen Luft. Auch der Verein hat drastische Konsequenzen angedroht, sollte sich Ähnliches wiederholen.

Mönchengladbach setzt Zeichen. 

In diesem Sinne: Ein weltoffenes Wochenende!

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