Streetart-Spaziergang durch Mönchengladbach Vorbei an Joseph Beuys und Günter Netzer

Mönchengladbach · Joseph Beuys am Johann-Peter-Boelling-Platz, Günter Netzer in der Altstadt oder der schlafende Schüler am Geroweiher: Graffiti gehören fest zum Stadtbild. Tipps für einen Spaziergang entlang urbaner Kultur.

Mönchengladbach: Ein Streetart-Spaziergang durch Mönchengladbach
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Ein Streetart-Spaziergang durch Mönchengladbach

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Foto: Johannes Höhn, Street Art Philipp Kömen

Graffiti haben ihr Schmuddel-Image längst abgelegt und werden mittlerweile als Kunstform angesehen. Zum Glück, findet Stadtteilkoordinator Marius Müller. Denn für so eine überschaubare Stadt gebe es in Mönchengladbach eine Menge Graffiti-Kunst. „Ich habe den Eindruck, dass die Stadt der Street Art gegenüber immer offener wird“, sagt er. Trotzdem seien Graffiti immer noch negativ behaftet, weil sie mit Schmierereien und illegalen Edding-Schriftzügen an Hauswänden gleichgesetzt werden. „Doch das ist nur ein kleiner Teil der Szene.“

Bei Streetart-Kunstwerken handelt es sich meist um Murals, also großen Graffiti-Gemälden, die in der Regel in Auftrag gegeben werden. Murals findet man zum Beispiel an fensterlosen Fassaden, die durch Bau- oder Bombenlücken entstanden sind. Die sogenannten Brandwände sehen mit ihren Grau- und Brauntönen ziemlich trist aus und können zum Beispiel als Werbefläche oder als Leinwand für Streetart genutzt werden. Für viele Künstler ist Graffiti eine Ausdrucksform, oft vermitteln sie eine politische oder gesellschaftskritische Botschaft. Das Beste daran: „Die Werke sind für alle frei zugänglich“, sagt Müller.

Der Spaziergang startet am wohl bekanntesten Graffito Mönchengladbachs: Am Johann-Peter-Boelling-Platz blicken Hans Hollein, Architekt des Museums Abteiberg, und Joseph Beuys lässig herunter. Besprüht wurde die Fassade 2019 von Philipp Kömen, der auch an vielen anderen Wänden der Stadt zu sehen ist. Initiiert wurde das Werk von der Initiative Abteiberg, mit dem Ziel, das Gelände rund ums Museum aufzuwerten.

Weiter geht es in der Altstadt mit noch einem Kömen: 2021 beauftrage Wirt Hauk Jakob den Künstler für seine Fassade am Brauhaus Manamana am Alten Markt 12. Herauskam ein Porträt von der Borussia-Legende Günter Netzer mit dem DFB-Pokal. Einen Monat hat es gedauert, bis er das Waldgemälde fertig gestellt hat. Das hat aber nur wegen der Pandemie geklappt, die Neugestaltung wäre während des regulären Betriebs nicht möglich gewesen – alleine schon wegen des Gerüsts.

Die Waldhausener Straße hat sich in den letzten Jahren zum Graffiti-Hotspot der Stadt entwickelt. Die meisten Werke sind während des Urban Art Festivals „Home Street Home“, das im August 2019 in Mönchengladbach stattfand, entstanden. Auch das ehemalige Blaue Haus, jetzt das Waldhausen Astoria (Hausnummer 14), hat damals einen neuen Anstrich bekommen. Blau ist es immer noch, hinzugekommen sind zwei Engel, zwei Menschen und eine Menge Pflanzen. Das ist typisch für die Künstler: Das Krefelder Duo Tubuku arbeitet am liebsten mit Motiven aus der Tier- und Pflanzenwelt. Der Name Tubuku leitet sich von den Wörtern „too“ und „beaucoup“ ab, wörtlich übersetzt bedeutet es „viel zu viel“. Das ist auch das Motto dieses Graffito: viele Farben, viele Motive, viele Interpretationsmöglichkeiten.

Auch die Fassade des Projekt 42 (Waldhausener Straße 40-42) gehört zu den insgesamt sieben Wandgemälden, die während des Festivals entstanden sind. Was man nicht auf den ersten Blick erkennt: Das Wort „Anders“ bildet das Grundraster des Graffito, die freien Formen zeigen Menschen in Bewegung. Eine Anspielung auf das Motto des Festivals: „Anders leben“. Dem Duisburger Kollektiv „betont.es“ war es wichtig, Mensch und Architektur zusammenzubringen. Wer genauer hinschaut, kann auf dem Parkdeck des Gebäudes noch ein weiteres imposantes Graffito sehen: Die Frau mit der Taube stammt ebenfalls aus der Hand von Philipp Kömen.

„Maybe Utopia is all we have right now“ steht in großen Buchstaben an der Waldhausener Straße 57-61. Das Werk ist ebenfalls eines der Ergebnisse des Festivals. Gesprayt haben es die freischaffenden Künstler Johanna Olga und M05k, zwei beste Freunde aus Köln und Düsseldorf. Die beiden arbeiten häufig zusammen und versuchen, Typografie und Illustrationen in ihre Graffitis einzubringen. Das haben sie mit den verschiedenen Schriftarten, Farben und Perspektiven auch hier geschafft.

Weiter geht es in die Aachener Straße 60. Schon von weitem sieht man das Haus mit den Schriftzug „Spray it Loud“ in knallroten Buchstaben. Es stammt vom Mönchengladbacher Künstler Johannes Veit, der seit 1989 in der Graffitiszene aktiv ist. Er hat Kunst studiert und arbeitet gerne mit Pinsel und Leinwand, aber auch mit Graffitisprühdose und Fassade. Das Bild soll ein Manifest sein:„Sprich‘ es laut aus, mach es groß und bekannt. Sei mutig und zeig Größe. Erschaffe neue Strukturen für ein anderes Leben.“

Nicht auf den ersten Blick zu sehen ist das Graffito an der Brandwand der Aachener Straße 33a, denn es befindet sich an der Hinterwand des Hauses. Gestaltet wurde es von Steffen Mumm, in der Szene bekannt als akaHokerOne, den Künstlerkollegen Oldhaus und dem Duo Tubuku. In dieser Gemeinschaftsarbeit sind die Hauptkünstler vereinigt, die für das Home-Street-Home-Festival ein lokal angepasstes Mural gestaltet haben. Die vier Dosen stellen die vier Künstler dar.

Der Spaziergang endet an der Balderichstraße 8. An der tristen Fassade ist im Jahr 2016 ein buntes Gemälde entstanden, das mittlerweile zum Merkmal des Gymnasiums am Geroweiher geworden ist. Bärbel Schilling, ehemalige Lehrerin, bewarb sich damals als Privatperson um einen Zuschuss zur Verschönerung der Außenfassade ihrer alten Schule, kurz danach wurde der schlafende Junge von den Graffiti-Künstlern Steffen Mumm und Philipp Kömen realisiert. Die einzige Bedingung: Die Themen „Schule“ und „Mönchengladbach“ sollten im Mittelpunkt stehen.

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