Soziales Der erste Schritt zurück in die Gesellschaft

Kleve · „Der Mensch hinter den Schulden“ ist eine bundesweite Aktion der Schuldnerberatung. Die Caritas Kleve stellt zwei Menschen exemplarisch vor.

 Nach Angaben des Schuldner-Atlas 2020 sind aktuell rund 6,85 Millionen Verbraucher in Deutschland überschuldet. Der Caritasverband Kleve bietet Hilfe an der in Kleve an der Arntzstraße 9 an.

Nach Angaben des Schuldner-Atlas 2020 sind aktuell rund 6,85 Millionen Verbraucher in Deutschland überschuldet. Der Caritasverband Kleve bietet Hilfe an der in Kleve an der Arntzstraße 9 an.

Foto: dpa/Angelika Warmuth

Pia* ist Anfang 40 und kann nicht richtig lesen und schreiben. Pia hat – als sie jung war – einen falschen Freund kennengelernt. Er war Drogendealer, sie wurde süchtig. Und mit dem Stoff kamen die Schulden. So um die 30.000 Euro. „Mike* ist ebenfalls Anfang 40. Er ist gelernter Maurer und hat als Geselle angefangen, mit Freunden Cannabis zu rauchen. Die Freunde haben aufgehört, er ist dabei geblieben. Aus Cannabis wurde Speed, dann Kokain, Heroin und Ecstasy. Für seinen Drogenkonsum benötigte er Geld. Viel Geld. Über die Jahre waren das bestimmt 35.000 Euro. Pia und Mike sind mittlerweile ein Paar und auf dem besten Weg schuldenfrei zu werden. „Wir wollen doch noch was schaffen“, sagt Mike. Er schaut Pia an. Sie sieht glücklich aus, entgegnet ihm: „Ich habe nicht mehr daran geglaubt, dass ich es jemals soweit schaffen werde.“ Dabei behilflich ist ihnen Heidrun Hendricks-Welskop. Sie ist Schuldnerberaterin beim Caritasverband Kleve. Leiterin Rita Fergen sagt: „Der Mensch hinter den Schulden ist wie du und ich. Oft hat das Leben sie herausgefordert. Sie wurden arbeitslos, krank oder eine Trennung stand an. Sie machen sich auf den Weg, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und dies beeindruckt mich immer wieder.“

Den Weg zur Caritas fanden Pia und Mike über die Suchtberatung. Mike wurde 2008 aus einer Haft entlassen mit der Auflage, eine Therapie zu machen. Auch Pia wurde zuerst bei der Suchtberatung des Caritasverbandes Kleve vorstellig. Das war 2011. „Jenny, meine Suchtberaterin, verwies mich dann auch an die Kollegen der Schuldnerberatung“, berichtet Pia. „Hilfen aus einer Hand für Menschen mit Multiproblemlagen, für Menschen in Not“ – so kann man die Arbeit des Fachbereichs Soziale Hilfen beschreiben.

Im Falle von Pia und Mike sind das Suchtberatung, Schuldner- und Insolvenzberatung sowie Betreutes Wohnen. „Irgendwo da haben sie sich auch kennengelernt“, sagt Heidrun Hendricks-Welskop. Sie begleitet die beiden seit Jahren, ergänzt: „Seitdem Pia und Mike ein Paar sind, geht es mit ihnen bergauf. Ich denke, in drei bis vier Monaten sind wir soweit und können den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen.“

Für Pia und Mike ist eine Insolvenz eine Art Erlösung. „Die Schublade ging auf, die Post rein, ich habe keinen einzigen Brief geöffnet. Auch weil ich dachte, ich kann sowieso nichts mehr retten“, so beschreibt Pia die Belastung. Mike ging es nicht anders. Im Vordergrund standen immer die Drogen.

Ein Umdenken kam erst im Jahr 2017. Damals wurde Pia aus einer JVA entlassen. Damals entschied sie sich, ihr Leben zu ändern. „Wenn nicht jetzt, wann dann“, erinnert sich Pia. Sie fing an, ihre Briefe zu öffnen und zu sortieren. Mit diesen ging sie wiederum zur Schuldnerberatung – und nahm Mike, der 2018 ihr Freund wurde, mit.

Pia und Mike sind seit Juli 2019 verheiratet. Beide sind im Methadon-Programm, beide leben von Hartz IV. Zusätzlich haben sie einen Mini-Job. Jeweils 160 Euro bringt das monatlich ein. Pia und Mike brauchen Unterstützung. Deshalb sind sie zur Klever Caritas gegangen.

*Pia und Mike heißen eigentlich anders und möchten sie ihre richtigen Namen nicht veröffentlicht wissen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort