Ehrenamtler helfen in Hilden So hilft die Tafel Hunderten Hildenern

Hilden · Pro Ausgabetag kommen über 100 Menschen zur Hildener Tafel - und rund 20 Ehrenamtler. Einer von ihnen ist Kajo Töller. Der frühere Banker ist seit dem ersten Tag dabei.

 Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 ist Kajo Töller für die Hildener Tafel engagiert. „Physisch bin ich nur zweimal pro Woche zu den Lebensmittelausgaben hier, gedanklich aber jeden Tag“, sagt er.

Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 ist Kajo Töller für die Hildener Tafel engagiert. „Physisch bin ich nur zweimal pro Woche zu den Lebensmittelausgaben hier, gedanklich aber jeden Tag“, sagt er.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Über zu wenige Paprikas kann Kajo Töller zurzeit nicht klagen. Die Lebensmittelkisten sind auch an diesem Donnerstagmorgen gut mit vornehmlich roten Exemplaren gefüllt. Auch an Rosenkohl mangelt es eigentlich nicht. „Den wollen viele aber gar nicht haben“, sagt Töller, Mitglied im Leitungsteam der Hildener Tafel, und schmunzelt. Ob es am Geschmack liegt oder an der aufwändigen Verarbeitung? „Ich mag Rosenkohl“, sagt Töller.

Rund 20 Ehrenamtler sind heute gemeinsam mit Töller im Einsatz. Sie befüllen Lebensmittelkisten zum Beispiel mit Backwaren, Obst und Gemüse. Sie bereiten alles vor, sorgen für Nachschub und räumen nachher wieder auf. Zweimal pro Woche, immer dienstags und donnerstags, gibt die Hildener Tafel Lebensmittel aus.

Es ist gerade kurz vor zehn Uhr vormittags, in wenigen Minuten beginnt die Lebensmittelausgabe. Wie immer werden auch heute 120 bis 130 Personen Lebensmittel für ihre Bedarfsgemeinschaften abholen. Geht man davon aus, dass in jeder Bedarfsgemeinschaft im Schnitt zwei bis drei Leute leben, bedeutet das Lebensmittel für mehr als 300 Personen. Dreieinhalb Stunden lang haben Berechtigte Zeit, um vorbeizukommen. Währenddessen behält Kajo Töller die Gesamtlage im Blick

Der 77-Jährige ist für die Tafel in Hilden seit ihrer Gründung im Jahr 2005 engagiert. „Ich bin damals zu einem ersten Planungstreffen hingegangen, von dem ich aus der Zeitung erfahren hatte. Seitdem bin ich dabei“, sagt er. In seinem früheren Leben war Töller Banker und lebte in Düsseldorf. „Wer zu uns kommt, möchte etwas Sinnvolles tun“, sagt er.

Um zehn Uhr stehen die ersten vor der Tür. Überwiegend Frauen, gemischtes Alter. Sie gehen herein, treten an eine Theke vor und zeigen ihren Berechtigungsausweis. Dann entrichten sie einen Kostenbeitrag: 2,50 Euro für Erwachsene, 50 Cent für Kinder. Eine Dame hat ihren Ausweis heute nicht dabei, zeigt nur ein Foto der Karte auf ihrem Smartphone vor. „Das akzeptieren wir eigentlich nicht“, sagt einer der Ehrenamtler. Heute macht er eine Ausnahme. Die Frau darf dennoch Lebensmittel mitnehmen.

„Das Geld nutzen wir, um einen Teil unserer Kosten zu decken“, sagt Töller. Aufgestockt wird mit Spenden. Der Träger der Tafel behält sich im nächsten Jahr eine moderate Erhöhung des Kundenbeitrags vor – abhängig von der zu befürchtenden Preis- und Kostenentwicklung. Nachgedacht wird gerade über 50 Cent. „Die Leute sind durch die Inflation schon belastet, in dieser Situation wollen wir den Betrag nicht zu stark erhöhen“, sagt Töller.

Aktuell sind im System der Hildener Tafel knapp 900 Personen vermerkt – mehr geht nicht. Deshalb hat die Hildener Tafel bereits seit Mai einen Aufnahmestopp verhängt. Damals lag die Zahl der Tafelkunden bei fast 1000. Knapp 390 Tafelkunden sind zurzeit Ukrainer – etwas weniger als noch vor einem halben Jahr, als man rund 420 Menschen aus der Ukraine zählte.

Wer seinen Berechtigungsausweis vorgezeigt hat, darf in den Innenhof vortreten. Dort bekommt er oder sie eine vorgepackte Kiste gereicht, deren Inhalt mitgenommen werden darf. Die Menschen packen ihre Lebensmittel in Taschen und Einkaufstrolleys um. Was nicht gewünscht wird, kann in eine Kiste in der Mitte des Hofs gelegt werden – und landet häufig schnell bei neuen Interessenten. Es dauert keine zwei Minuten, bis zwei gerade zurückgegebene Zucchini neue Abnehmer finden. Schließlich verlassen die Berechtigten die Räumlichkeiten der Tafel – bis zur nächsten Lebensmittelausgabe am Dienstag.

„Physisch bin ich nur zweimal pro Woche zu den Lebensmittelausgaben hier, gedanklich aber jeden Tag“, sagt Kajo Töller. Der 77-Jährige sagt, dass er mittelfristig einen geeigneten Nachfolger finden wolle, sich guten Gewissens zur Ruhe setzen möchte. Wann das sein wird? Ungewiss.

Gewiss dagegen ist, dass auch zur nächsten Ausgabe wieder viele Menschen kommen werden, die auf die Lebensmittel der Tafel angewiesen sind. Auf die Backwaren, Paprikas, Zucchini – und manchmal auch den Rosenkohl.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort