Comedy im Reeser Bürgerhaus „In Rees ist jedes Mal super Stimmung“

REES  · „Herbert Knebels Affentheater“ bot in Rees herrlichen Blödsinn rund ums Altern.

 Bei seinem Auftritt im Reeser Bürgerhaus sinnierte er übers Altern.

Bei seinem Auftritt im Reeser Bürgerhaus sinnierte er übers Altern.

Foto: Michael Scholten

Das Grundsätzliche klärte Herbert Knebel sofort: „Steht Ihr auf Schlager?“, fragte er mit höchsten Erwartungen das Reeser Publikum, das recht entschlossen mit „Nein!“ antwortete. „Ja, dann seid Ihr hier genau... falsch.“ Es wurde dann aber doch noch ein äußerst vergnüglicher Abend, bei dem viel gegrölt und viel gesungen wurde. „In Rees ist jedes Mal eine super Stimmung“, befand der legendäre Frührentner aus Essen-Altenessen nach zweieinhalb Stunden Programm mit zwei Zugaben, „obwohl der Saal von ‘nem besoffenen Architekten entworfen wurde.“

Seit 31 Jahren tourt „Herbert Knebels Affentheater“ über die deutschen Bühnen. Diese beachtliche Zahl hatte der Ruhrgebiets-Opa extra „inne Betriebsunterlagen“ recherchiert. Dass drei Jahrzehnte nicht spurlos an Körper und Geist vorbeigegangen sind, zog sich wie ein roter Faden durch das Programm namens „Außer Rand und Band“. Gitarrist Ozzy Ostermann sei in dieser Zeit „vom scharfen Geschoss zur Kanonenkugel“ geworden, auch Bassist Ernst Pichl, der Schlagzeuger „Trainer“ und Herbert Knebel selbst wussten von vielen Zipperlein bei einfachsten Bewegungen zu berichten.

Aus dem gehauchten Bee-Gees-Hit „Staying Alive“ wurde da rasch ein gestöhntes „Alles ist steif“. Auch der Kopf will im Alter nicht mehr so wie früher. Da vergisst man schnell das Jahr der Mondlandung, des Mauerfalls und des Attentats auf John F. Kennedy, den Hochzeitstag oder den der eigenen Frau. Und wer weiß denn noch auf Anhieb, wann Belgien Fußballweltmeister wurde? Oder war es Brasilien? Egal. Das „Affentheater“-Quartett bot herrlich bekloppten Quatsch und so manche improvisierte Einlage, bei der sich auch die Rentnergang kein Lachen verkneifen konnte.

Bei aller Spielfreude und Spielkunst der Musiker, sind es aber natürlich Herbert Knebels kauzige Monologe und Lebensweisheiten, deretwegen das Publikum in die Live-Shows kommt. So erzählte der Mann mit der extra dicken Brille und der Helmut-Schmidt-Mütze ungeniert aus dem Eheleben mit seiner Guste, über den Staubsauger-Roboter eines Freundes und über den Junggesellenabschied, bei dem auf dem 20-Mann-Tretboot das wichtige Thema „Ehe: Sackgasse oder Irrtum?“ diskutiert wurde.

Köstlich waren auch die Schilderungen vom Pilzsammeln, nach dem sich die ahnungslosen Sammler „angenehm merkwürdig“ fühlten und am nächsten Morgen im völlig bekifften Zustand vom Förster aufgegriffen wurden. Oder die gewonnene Ostsee-Kreuzfahrt, die wegen Sturmtief Renate nicht über den Heimathafen von Warnemünde hinaus kam.

Nach gecoverten und eingedeutschten Songs von Pink Floyd, The Clash, The Who, Roy Orbinson oder David Bowie kam als Zugabe sogar noch eine stark behaarte Tina Turner alias Herbert Knebel alias Uwe Lyko auf die Bühne, um zur Melodie von „Simply the Best“ über die Folgen des mangelhaft atmungsaktiven goldenen Fummels zu singen: „Ich stink wie die Pest.“

Melancholisch wurde es dann noch bei der zweiten Zugabe: Im weißen Bademantel á la Udo Jürgens interpretierte Herbert Knebel den Hannes-Wader-Evergreen „Heute hier, morgen dort“.

Am 16. Dezember 2020 (!) kehrt Herbert Knebel übrigens solo ins Reeser Bürgerhaus zurück. Dann wird er weitere 14 Monate älter sein und entsprechend heißt auch sein Programm: „Im Liegen geht’s“.

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