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Nach dem Hochwasser in Düsseldorf Die Odyssee der Billardspieler

Düsseldorf · Der BC Gerresheim ist seit dem Hochwasser im Juli 2021 in Düsseldorf heimatlos, auf die Soforthilfe wartet der Verein bis heute. Die Suche nach einer neuen Spielstätte gestaltet sich abenteuerlich.

 Baustelle statt Billardkeller: Heiner Barz steht im ehemaligen Reich des Billardclubs Gerresheim, das seit 20 Monaten brach liegt.

Baustelle statt Billardkeller: Heiner Barz steht im ehemaligen Reich des Billardclubs Gerresheim, das seit 20 Monaten brach liegt.

Foto: Marc Ingel

Es gibt nicht mehr wirklich viele Möglichkeiten in Düsseldorf, Carambolage zu spielen, so etwas wie die Königsdisziplin im Billard – wie auch schon Albert Einstein wusste, erfordert dieser Sport doch „das logische Denken eines Schachspielers und die ruhige Hand eines Konzertpianisten“. Nun, beim Billardclub Gerresheim sind solche Könner mit dem Queue bestens aufgehoben.

Der Verein ist in vier Ligen angemeldet, gilt zudem als integratives Vorbild, bilden doch die Mitglieder unterschiedlichster Nationalität eine funktionierende Einheit. Eine Heimspielstätte jedoch, die hat der BC Gerresheim nicht mehr. „Wir treten seit Juli 2021 nur noch auswärts an“, sagt Heiner Barz.

Vor 20 Monaten trat die Düssel über die Ufer, gerade Gerresheim war stark betroffen von dem anschließenden Hochwasser. Auch sämtliche Sportanlagen des Post SV an der Dreherstraße wurden überschwemmt – inklusive des Kellers natürlich, und genau dort hatten die Carambolage-Spieler als Untermieter eine ehemalige Kegelbahn als ihr neues Reich umgebaut, über Nacht war alles dahin. „Wir haben fünf Tische, die Schieferplatten als Spielflächen sind alles, was uns geblieben ist. Unterbau, Banden, die Tücher waren nicht mehr zu gebrauchen“, erzählt Barz.

Und dennoch versuchten die Billardspieler, in den Tagen nach der Flut zu retten, was fast schon nicht mehr zu retten war. „Wir waren drei Wochen mit bis zu 15 Mann im Einsatz“, sagt der Professor an der Düsseldorfer Uni, der im Ehrenamt Schriftführer bei dem Gerresheimer Verein ist. Damit irgendwann mal wieder ein neuer Boden verlegt werden kann, mussten natürlich auch die schweren, vom Wasser zerstörten Holzkonstruktionen der ehemaligen Kegelbahn raus, das kostete viel Zeit und Schweiß.

 Billard im Schrebergarten: Alles eine Frage der Improvisation.

Billard im Schrebergarten: Alles eine Frage der Improvisation.

Foto: privat

Doch die Hoffnung auf eine schnelle Sanierung erfüllte sich bis heute nicht. „Bis jetzt warten der Post SV und wir noch immer auf die Soforthilfe“, sagt Barz. Das „Service-Telefon Wiederaufbau“ sei ebenso wie die entsprechende Mailadresse ein toter Briefkasten. „Die sofort eingeholten Kostenvoranschläge diverser Gewerke sind inzwischen natürlich längst veraltet und mussten aktualisiert werden.“ Barz schätzt den Schaden für die Tische allein auf 30.000 Euro, weitere 50.000 Euro seien wohl für den Innenausbau des Billardkellers notwendig.

Etwas neidisch blickt Barz auf andere Clubs in der unmittelbaren Umgebung, bei denen längst schon wieder Normalität eingekehrt ist. Woran es liegt, dass immer noch kein Geld vom Land geflossen ist, kann er auch nicht so genau sagen. Beim Post SV gab es einen Wechsel im Vorstand, mag sein, dass es auch damit zusammenhängt, eine Anfrage an den Verein blieb jedoch unbeantwortet.

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Foto: dpa/Henning Schoon

Also mussten sich die Spieler des BC Gerresheim nach Alternativen umsehen. Diese Suche gestaltete sich wahrlich abenteuerlich und führte Barz und seine Teamkollegen in Schrebergärten, abgewrackte Autowerkstätten, den schicken neuen Hochbunker in Gerresheim oder in noch schickere Firmenareale im Hafen. „Doch irgendwie ist nie wirklich was draus geworden, was manchmal natürlich auch einfach nur am mangelnden Platz lag, den man für Billard nun mal benötigt“, erzählt Barz. Als Provisorium am besten geeignet erwies sich noch ein Raum im Schrebergarten-Vereinslokal – auch, wenn es nur für einen Tisch reichte, „da kommt man dann bei 60 Mitgliedern natürlich nicht so oft dran“, relativiert Barz.

Er hat wirklich alles probiert, um eine adäquate Zwischenlösung zu finden, notfalls auch für längere Zeit. Der Hochschulprofessor fragte bei einer Schule an, „dann hätten auch die Kinder die Tische nutzen können“ – hat am Ende nicht funktioniert. Auf dem Trivago-Campus im Hafen hat er vorgefühlt, „da sind ja Zweidrittel der Mitarbeiter im Homeoffice, die verbliebenen hätten im Rahmen von Social Sponsoring ebenfalls davon profitieren können“.

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Foto: Krebs, Andreas (kan)

Das würde ja gar nicht so schlecht klingen, man denke drüber nach – Absage. In den Düsseldorf Arkaden steht viel leer, auch dort hat Barz vorgesprochen – mal sehen, warum nicht – Absage. Im alten Gerresheimer Pfarrhaus zieht eine Kita bald in einen Neubau, vielleicht wäre dort etwas möglich: „Ging nicht, das Gebäude war nach dem Hochwasser selbst schwer beschädigt und muss nun kernsaniert werden.“ Unter diesen Unwägbarkeiten litt zuletzt auch ein wenig ein Erfolgsmodell des Billardclubs, der Carambolage als Hochschulsport etabliert hat und so manche Nachwuchskraft akquirieren konnte.

Und so setzt sich die Odyssee der Billardspieler bis heute fort, denn Verzagen hilft ja bekanntlich nicht. Natürlich hoffen Heiner Barz und seine Kollegen, dass doch irgendwann der Tag kommt und sie wieder zurück zum Post SV können. Aber bis dahin dürfte wohl noch viel Wasser über die Düssel in den Rhein fließen.

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