Kabarett in der „Kulle“ Mathias Tretter philosophiert als „Ansgar mit dem Hammer“

Dormagen · Die Kabarett-Reihe des städtischen Kulturbüros Dormagen ist sehr beliebt. Jetzt trat Mathias Tretter in der ausverkauften „Kulle“ auf.

„Ansgar“ ist 46, Doktor der Philosophie und schon aus dem vorherigen Programm von Kabarettist Mathias Tretter bekannt. In seinem neuen mit dem Titel „Pop“ lässt Tretter seinen Spezi Ansgar zur Hochform auflaufen und am Ende sogar eine eigene Partei gründen. 200 Besucher in der ausverkauften „Kulle“ folgten zwei Stunden lang bei der städtischen Kabarett-Reihe gebannt dem irrwitzigen Dialog Tretters mit seiner Kunstfigur, die frei nach Nietzsches Vorbild mit dem Hammer philosophiert, was das Zeug hält.

Der ultracoole Durchblicker Ansgar parliert in „breidesdem Fränggisch“ und setzt bei dem sich beim „Windowing“ vollziehenden Zwiegespräch staubtrockene Pointen: Gemeinsam sehen sich beide eine Parade zum Christopher Street Day an. Um Identitäten geht es, natürlich auch um die sexuelle, wobei David Bowie als leuchtendes Vorbild derjenigen gepriesen wird, die eine solche ablehnen. Von der Identität ist der Bogen zu den „Identitären“ schnell geschlagen. Die Rechtsaußen-Truppe etikettiert Rassismus zum „Ethnopluralismus“ um, was bei der im Oberstübchen noch sparsamer möblierten Basis aber denkbar schlecht ankommen dürfte. Der idealtypische „Ronnie“ pflegt auf Komposita mit griechisch-römischen Wortstämmen wohl eher mit dem klassischen „Halt die Fresse, ich bin Deutscher“ zu reagieren.

Ein zentraler Begriff für Tretter ist die „Postdemokratie“ geblieben: Gemeint ist das Fortbestehen aller als demokratisch geltenden Institutionen bei weitgehender politischer Lethargie des „Souveräns“, der schon längst nicht mehr an eigene Einflussmöglichkeiten glaubt. Gäbe es da nicht den Populismus, dem der sich inzwischen als „Caretaker“ und „Facility Manager“ an einer Uni für eine Professur warmlaufende Ansgar mit einer eigenen Partei Paroli bieten will. Seine beiden wichtigsten Programmpunkte sind die flächendeckende Verordnung des Atheismus, gegenüber der sich die einstige DDR geradezu als Gottesstaat ausnehme, sowie die Freigabe von Cannabis. Ansgar ist auch hier Experte, hat er sich doch ein langes Studentenleben lang durch den Handel mit allerlei verbotenen Substanzen finanziert. Die Vorzüge des Atheismus sieht er darin, dass in dessen Namen noch nie Krieg geführt worden sei und auch nie Frauen verbrannt worden seien. Wogegen sich mit Gerhard Poli einwenden ließe, dass man nicht zwangsläufig religiös sein muss, um seinen Nebenmenschen umzubringen.

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