Interview mit Verena Oefler „Das Kino hat etwas Magisches“

Zons · Die Inhaberin des Filmverleihs „Filmlichter“ und Mitorganisatorin der Zonser Filmnächte setzt bei Vorführungen auf die besondere Atmosphäre.

 Am Donnerstag feiern die „Zonser Kinonächte“, die Verena Oefler zusammen mit der City-Offensive und der Stadt organisiert hat, auf der Freilichtbühne Premiere.

Am Donnerstag feiern die „Zonser Kinonächte“, die Verena Oefler zusammen mit der City-Offensive und der Stadt organisiert hat, auf der Freilichtbühne Premiere.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Frau Oefler, am Donnerstag starten die Zonser Kinonächte auf der Freilichtbühne Zons. Wie sieht ihre Bilanz bisher aus?

Verena Oefler Ich hätte nicht gedacht, dass der Vorverkauf so gut läuft. Wir haben eine tolle Location und es gab viel Mund-zu-Mund-Propaganda. Dass das Projekt schon im Vorfeld so gut ankommt, freut uns sehr.

In Dormagen gibt es derzeit kein stationäres Kino. Woran könnte das liegen?

Oefler Kino hat stark zu kämpfen, auch wegen der Streaming-Konkurrenz. Die Infrastruktur eines Kinos spielt aber natürlich auch immer eine Rolle. In Dormagen täglich acht bis neun Kinosäle zu füllen, ist schwer. Für ein kleines Arthaus-Kino fehlt das Publikum und für Mainstream-Filme fahren viele Menschen direkt nach Düsseldorf oder Köln.

Bedeutet das, dass Kinos nach und nach aussterben?

Oefler Nein, zwar schließen einige Kinos, aber es öffnen auch immer wieder neue. Kino wird immer existieren. Kino ist ein Ort an dem man Freunde trifft. Das gemeinsame Filmerlebnis und das Gefühl, das man am Ende heraus trägt, sind nicht zu ersetzten. Es hat etwas Magisches im Kinosaal zu sitzen, im Dunklen bei diesem besonderen Sound. Aber es ist wichtig, dass Kinos selbstbewusst sind und mehr bieten als nur Sessel und Leinwände.

Was bedeutet das?

Oefler Eine pauschale Strategie gibt es nicht. Wichtig für Kinos ist, den Standort und vor allem das eigene Publikum zu kennen. Das wurde lange versäumt. Streaming-Dienste machen das und präsentieren dem Zuschauer genau das, was er sehen will. Dafür braucht es auch die Bereitschaft der Kunden, ihre Daten zu geben. Kinos müssen mehr über ihr Publikum erfahren, um ebenfalls ein zielgerichtetes Angebot zu kreieren. Nur, wenn Kino einen Mehrwert bringt, gehen die Leute hin.

Wie kann denn so ein Mehrwert aussehen?

Oefler Neben einem guten Film braucht es auch das passende Rahmenprogramm, neue Orte und Varianten. Das kann beispielsweise ein Dokumentarfilmabend mit anschließender Diskussionsrunde und spannenden Gästen sein.

Heißt, ein Kinobesuch sollte ein Event sein?

Oefler Ja, bei einem Kinobesuch ist es gut, etwas zu haben, was den Besucher den ganzen Abend begleitet, etwas, dass man Zuhause auf der Couch nicht bekommt. Sehr gut laufen beispielsweise Luxus-Kinos. Dort bekommen die Zuschauer ein Rundumpaket mit Sekt, Lounge und Service. Auch die Zonser Kinonächte bieten eine besondere Atmosphäre durch das einzigartige Freiluft-Ambiente zusammen mit dem gastronomischen Angebot. Zusätzlich zu den sommerlichen Speisen und Getränken gibt es am 1.8. eine „Ladies Night“, bei der die weiblichen Besucher mit einem Sekt begrüßt werden.

Was muss ein Film haben, um ins Kino zu kommen?

Oefler Ein Film, der ins Kino gehört muss ein besonderes Thema behandeln, eine besondere Machart haben oder eine große Zielgruppe ansprechen. Natürlich zieht ein besonderer Cast viele Besucher ins Kino. Und große Blockbuster gehören auch ganz klar auf die Leinwand. Tatsächlich werden die Kinos aber von Filmen überflutet. Pro Woche gibt es etwa 15 bis 20 Filmstarts in Deutschland.

Ist das viel?

Oefler Das ist sehr viel. Da kommt niemand hinterher. Das ist auch ein Problem mit dem die Kinos und Produzenten zu kämpfen haben. Es laufen zu viele Filme mit Durchschnitts-Themen im Kino.

Woran liegt das?

Oefler Es werden zu viele Filme von den Filmförderungen subventioniert. Zudem sind Filme, die eine Kinoauswertung hatten, immer „wertvoller“ in der Wahrnehmung der Zuschauer, als die, die nur auf Streaming-Plattformen laufen, auch aufgrund der Werbung und Pressearbeit. Filme, die zuvor im Kino liefen, sind auch in der Zweitverwertung, also auch im Streaming erfolgreicher.

Kann sich Kino trotzdem dauerhaft gegen Konkurrenten, wie Netflix behaupten?

Oefler Die Zahl der anspruchsvollen Zuschauer ist gestiegen. Es gibt einen Zuwachs beim Publikum für Arthaus-Filme. Der Kinofilm „Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt“ war vor zwei Jahren ein Überraschungserfolg. Er zeigt die Weltreise eines Paares. Trotz niedrigem Budget war der Film so erfolgreich, weil sich die Qualität herumgesprochen hat. Er wurde ausgezeichnet als erfolgreichster Arthaus-Dokumentarfilm 2017. Studien zeigen außerdem, dass Personen, die online Geld für Filme bezahlen, auch eher bereit sind Geld fürs Kino auszugeben. Kino muss seine Wertigkeit behalten und sich als Premium gegenüber den Streaming-Diensten behaupten.

Wie sieht es mit den jüngeren Generationen aus, die es gewohnt sind, mit dem Smartphone immer und überall Filme und Videos zu schauen?

Oefler Die Generationen unter 30 verbindet nicht so viel mit Kino, wie es die älteren Zuschauer tun, deshalb ist es eine große Aufgabe, auch die Jüngeren zu erreichen. Man muss ihnen zeigen, was Kino ist und wie wertvoll es ist, sonst verliert man diese Generation ans „Handy“.

Wie kann das funktionieren?

Oefler Es braucht besondere Angebote, um die Jugendlichen an das Kino zu binden, beispielsweise Events oder Workshops, bei denen sie das Kino spielerisch entdecken. Es gibt spannende Projekte, bei denen beispielsweise Gaming ins Kino geholt wird. Das muss jedes Haus individuell beantworten. Wer ist mein Publikum? Was wird schon angeboten und was noch nicht? Können wir Filme für Jugendliche auch mal zu anderen Uhrzeiten zeigen?

Kommt das Kino durch die Zonser Filmnächte, wieder nach Dormagen zurück?

Oefler Wir wollen das Programm der Kinonächte in den nächsten Jahren ausbauen, vielleicht mit zwei Spieltagen mehr. Das Open Air-Kino soll ein Meilenstein der kulturellen Aktivitäten im Dormagener Sommer werden. Ab Herbst organisiert die Stadt Dormagen zudem wieder in Zusammenarbeit mit uns das Senioren-Kino mit einem ausgewählten Filmprogramm. Dort wird bei Kaffee und Kuchen der Besuch für die Zuschauer zu einem sozialen Treff. Für Dormagen ist es genau richtig, denn hier gibt es ein gutes Seniorennetzwerk. So kann Kino funktionieren.

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