NRW-Schulstart in Corona-Zeiten „Das ist kein Spaß hier“

Düsseldorf/Hilden/Neuss · Maskenpflicht, Sitzordnung, Abstandhalten: Schüler und Lehrer müssen sich mit neuen Regeln arrangieren. Wir haben uns am ersten Schultag in den Schulen umgesehen - mit Abstand.

 Nina Klomfaß, Lehrerin an der Hubertus Grundschule in Neuss, betreut am ersten Schultag ihre Zweitklässler mit Maske.

Nina Klomfaß, Lehrerin an der Hubertus Grundschule in Neuss, betreut am ersten Schultag ihre Zweitklässler mit Maske.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Für Frauke Kaspers wird es schon direkt zu Beginn komisch. „Normalerweise begrüße ich alle Schüler morgens mit Handschlag“, sagt die 32-Jährige, die an der Rudolf-Steiner-Schule in Düsseldorf-Gerresheim unterrichtet, „aber das fällt jetzt natürlich weg.“ Stattdessen muss auf ausreichend Abstand geachtet werden, und im Klassenraum der 9 tragen alle 37 Schüler und zwei Lehrer einen Mund-Nasen-Schutz. „Es ist ungewohnt, hier mit der ganzen Klasse zu sitzen“, sagt die 14-jährige Josephine, „wir hatten ja jetzt fast ein halbes Jahr lang keinen normalen Unterricht.“

In NRW hat am Mittwoch das neue Schuljahr begonnen – mit einer Wiederaufnahme des Regelunterrichts für rund 2,5 Millionen Schüler, trotz zuletzt gestiegener Infektionszahlen. Eine Vielzahl von neuen Regeln soll das ermöglichen, darunter die bundesweit einzigartige Maskenpflicht, die für die Schüler ab Klasse 5 nicht nur auf dem Schulhof und im -gebäude gilt, sondern auch im Unterricht, eine feste Sitzordnung für jeden Raum und getrenntes Essen in der Mensa.

 Die Neuntklässler der Waldorfschule in Düsseldorf gehen mit Gesichtsmaske in die Pause.

Die Neuntklässler der Waldorfschule in Düsseldorf gehen mit Gesichtsmaske in die Pause.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Nach der Begrüßung fragt Frauke Kaspers ihre Schüler, ob jemand in den Ferien Geburtstag hatte. Fünf Schüler zeigen auf – und Kaspers sagt: „Singen ist ja leider nicht erlaubt, aber wir gratulieren herzlich.“ Die Klasse applaudiert. Dann wird die Sitzordnung festgelegt und aufgemalt, danach erklären Kaspers und ihr Kollege Jens Jensen den Schülern den neuen Schulalltag. „Die Regeln schützen euch, aber auch eure Familien. Das Coronavirus kann auch junge Leute krankmachen, das ist kein Spaß hier“, sagt Jensen.

Drei Modelle habe eine Taskforce aus dem Kollegium über die Ferien erarbeitet – eine Maskenpflicht auch im Unterricht sei in keinem davon vorgekommen, sagt der 60-Jährige, der extra einen Antrag stellen musste, um unterrichten zu dürfen. Das Kollegium sei vier Tage zu einer Fortbildung zusammengekommen, zu den neuen Regeln und der digitalen Lernplattform. „Das kriegen wir schon hin“, sagt Jensen.

 Jacob von der Astrid-Lindgren-Grundschule in Hilden muss im Unterricht an seinem Platz keine Maske tragen.  	Foto:  Stephan Köhlen

Jacob von der Astrid-Lindgren-Grundschule in Hilden muss im Unterricht an seinem Platz keine Maske tragen. Foto:  Stephan Köhlen

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Für die Schulleiterin der Hubertus-Grundschule in Neuss bedeuten die neuen Regeln vor allem mehr Papierkram. „Jeden Tag schreibe ich auf, mit welchen Lehrern ich in einem Raum war, mit welchen Kindern ich Kontakt hatte. Wir haben die Vorgabe, alles zu notieren“, sagt Melanie Ueberacher. Vier Wochen lang muss sie die gesammelten Daten aufbewahren.

Normalerweise beginnt der Unterricht hier um 8 Uhr, jetzt sollen die Kinder aber schon ab Viertel vor zur Schule kommen und um kurz nach alle in den Klassen sein. So will man Gedränge auf den Gängen vermeiden, ein Hausmeister oder ein Mitglied des Kollegiums passt auf, dass die Kinder keinen Unfug im Gebäude machen.

Am Mittwoch funktioniert das gut. Die Kinder beschweren sich nicht und halten sich an die Regeln. In der zweiten Klasse kommt ein Mädchen um kurz nach 8 Uhr in den Klassenraum. Lehrerin Nina Klomfaß begrüßt die kleine Nachzüglerin und reicht ihr eine Tube Desinfektionsmittel. „Wenn wir in den Klassenraum kommen, müssen wir uns zunächst die Hände desinfizieren“, sagt sie. Die Schüler könnten ihre Hände zwar auch waschen – aber pro Raum gibt es nur ein Waschbecken. „Wir haben Klassen mit zum Teil 29 Kindern. Wenn jedes Kind einzeln 30 Sekunden Hände waschen soll, müssten wir eine Stunde zusätzlich anbieten.“

Für Grundschüler gilt die Maskenpflicht nur dann, wenn sie nicht an ihrem festen Sitzplatz sitzen. In der 3c der Astrid-Lindgren-Grundschule in Hilden wirken die Schüler schon routiniert: Wenn die Kinder aufstehen, ziehen sie die Maske auf. Jedes hat ein Tuch, auf dem es die Maske ablegen kann. „Wir ziehen die Masken schon automatisch auf“, sagt die achtjährige Charlotte, „aber nervig ist es trotzdem.“ Jakob hat die Schule schon vermisst – „vor allem habe ich mich auf meine Freunde gefreut“, sagt der Achtjährige.

Auch das Kollegium ist zuversichtlich und freut sich auf den Schulstart, sagt Schulleiterin Ute Plötzer. Sie ist froh, dass die Schüler im Unterricht keine Maske tragen müssen. „Wir gehen damit jedoch sorgsam um und wollen sicheres Lernen ermöglichen, bei dem sich Schüler und Lehrer wohlfühlen.“ An diesem ersten Schultag macht den Kinder auch das Wetter zu schaffen. „Bei der Hitze klebt der Stift an der Hand“, sagt Emily (8). „Wir freuen uns auf die Pause, wenn wir raus dürfen.“

Auch im Klassenraum der 9 in Düsseldorf ist es schon um kurz nach 8 Uhr drückend warm, ein Ventilator sorgt zumindest für ein bisschen Durchzug. Immer wieder streift ein Schüler kurz die Maske ab, um einen Schluck zu trinken oder mal durchzuatmen. Ab 12 Uhr ist an den ersten drei Tagen hitzefrei. „Bei den Temperaturen ist es schon anstrengend mit der Maske“, sagt Luna (15). „Man kriegt nicht so gut Luft, aber es wird schon.“ Das sei eben jetzt der normale Alltag, und Meckern bringe nichts. „Wenn wir uns alle an die Regeln halten, geht das mit der Pandemie auch hoffentlich schneller vorbei.“

Für manche ist das Masketragen ohnehin schon seit Längerem ganz alltäglich. Der 14-jährige Luis war mit seiner Familie in den Ferien in Katalonien in Spanien. „Da waren die Regeln deutlich strenger. Man musste eine Maske aufsetzen, sobald man aus dem Haus ging“, sagt er. „Ich hab mich also schon dran gewöhnt und es ist schön, wieder mit allen Klassenkameraden zusammen zu sein.“

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