Polizei räumt Baumhäuser 333 Platzverweise im Hambacher Forst

Kerpen · 39 Baumhäuser hat die Polizei im Hambacher Forst bereits geräumt. Ein Ende des Einsatzes ist aber nicht abzusehen. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach warnte die Besetzer: Der Forst sei kein rechtsfreier Raum.

Polizei räumt Baumhäuser im Hambacher Forst
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Tag 5 der Polizeiaktion im Hambacher Forst

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Foto: dpa/Oliver Berg

Es ist der sechste Tag der Räumung des Hambacher Forst, und die Polizei kommt aus ihrer Sicht gut voran. „Bisher wurden insgesamt 39 Baumhäuser geräumt und 32 davon abgebaut“, teilte die zuständige Aachener Polizei am Dienstagnachmittag mit. „Von insgesamt 327 Personen wurde die Identität festgestellt, gegen neun wurde ein Bereichsbetretungsverbot ausgesprochen, und 333 Personen wurde ein Platzverweis erteilt“, heißt es in der Mitteilung. Man könne aber noch nicht abschätzen, wann man mit der Räumung der geschätzten 55 Baumhäuser fertig sei. „Das wäre reine Spekulation, weil es so viele Unwägbarkeiten gibt“, sagt eine Polizeisprecherin.

Der Hambacher Forst sei kein rechtsfreier Raum, sagte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Dienstag auf einer Sondersitzung des Bauausschusses. Seit 2012 hätte es Hunderte Straftaten gegeben, bei denen auch Unbeteiligte verletzt worden seien – etwa eine Mutter mit ihrem Kind. „Die Besetzer kommen zum überwiegenden Teil nicht aus der Region, nicht aus dem Rheinland, sondern aus dem ganzen Bundesgebiet und dem Ausland“, so Scharrenbach. Straftaten könnten durch kein höheres Ziel legitimiert werden. „Es gibt keine friedvollen Straftaten“, so die Ministerin.

Ihr Ministerium hatte in der vergangenen Woche den Einsatz mit Brandschutzmängeln der Baumhäuser begründet. Gerichte bestätigten die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme. Nach Ansicht der SPD-Fraktion ist das aber nur ein vorgeschobener Grund. „Bis ins Ausland ist aufgrund dieser Begründung ein schräges Bild unseres Rechtsstaates entstanden“ sagte der SPD-Abgeordnete Guido van den Berg. Er vermisse eine klare Dialogbereitschaft der Landesregierung. „Es mangelt an Transparenz und Kommunikation“, so van den Berg. Die Fraktionen sprachen der Polizei ihren Dank für ihre Arbeit im Hambacher Forst aus. Sie würden ihr Leben riskieren, wenn sie in Tunnel steigen würden, hieß es  von Seiten der CDU. Der Grünen-Fraktionschef Arndt Klocke warf der Landesregierung vor, Tausende Polizisten in den Wald zu schicken, „um etwas zu lösen, was eigentlich die Politik lösen müsste“.

Räumung im Hambacher Forst - Tag 4
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Tag 4 der Polizeiaktion im Hambacher Forst

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Rund 2000 Polizeikräfte aus NRW und anderen Bundesländern sind rund um den Hambacher Forst im Einsatz – und das vermutlich noch viele Wochen. Immer wieder werden sie mit Steinen, Fäkalien, Zwillen und Molotowcocktails beworfen. Der Einsatz bringe die Polizei insgesamt an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, sagt der NRW-Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Erich Rettinghaus. „Viele Polizisten haben auch eine andere Meinung zum Vorgehen im Hambacher Forst, zur Energiepolitik generell. Sie stehen aber für den Rechtsstaat und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung“, so Rettinghaus. Das müssten auch die Besetzer endlich akzeptieren.  Wer sich in Tunneln und Erdlöchern festketten würde, setze die Gesundheit aller aufs Spiel. „Das ist definitiv kein friedlicher Protest“, so Rettinghaus.

Eine ursprünglich für den 14. Oktober geplante Großdemonstration „Wald retten! Kohle stoppen!“ der Braunkohlegegner soll wegen der schnell voranschreitenden Räumung von Baumhäusern und der drohenden Rodung im Hambacher Forst bereits am 6. Oktober stattfinden, teilten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, Greenpeace und die Naturfreunde Deutschlands mit. „Durch die Räumung der Baumhäuser macht der Kohlekonzern RWE jeden Tag Druck. Mit der Demonstration wollen wir ein Zeichen für den Erhalt dieses einzigartigen Waldes und für einen schnellen Kohleausstieg setzen“, sagen die Organisatoren der Demonstration. „Wir dürfen nicht zulassen, dass noch mehr klimaschädliche Braunkohle abgebaggert wird. Das ist Klimapolitik von vorgestern.“

Vor einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Münster über die Rechtmäßigkeit der Abholzung Fakten zu schaffen, sei eine Provokation von RWE, erklären die Umweltorganisationen.

(csh)
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