Ein Jahr A45-Brückendesaster Hendrik Wüst zu Gesprächen in Lüdenscheid

Lüdenscheid · Seit einem Jahr ist die A45-Rahmede-Talbrücke in Lüdenscheid nun gesperrt. Regierungschef Wüst spricht nach Austausch mit Politik, Wirtschaft und Anwohnern von einer Zumutung. Eine Bürgerinitiative zeigt sich enttäuscht.

Lüdenscheid:  Sperrung der A45-Talbrücke Rahmede  - Chronik
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Ein Jahr Sperrung der A45-Talbrücke Rahmede

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Ein Jahr nach der folgenschweren Sperrung der A45-Talbrücke Rahmede bei Lüdenscheid sieht Ministerpräsident Hendrik Wüst eine „Zumutung“ für die Region. „Das Allerbeste für die Anwohner wäre, und auch für alle anderen Betroffenen wäre, ganz schnell die neue Brücke fertigzumachen“, sagte der CDU-Politiker nach Gesprächen mit Betroffenen und Wirtschaftvertretern am Montag. Obwohl alle Beteiligten mit Hochdruck an einem Neubau arbeiteten, dauere es im Rahmen des aktuellen Planungsrechts aber „objektiv viel zu lange“.

Nötig sei eine Planungsbeschleunigung, betonte Wüst in Lüdenscheid. Anwohner, Pendler, auch Pflegedienste oder Hightech-Unternehmen hätten eindrücklich über ihre erheblichen Belastungen berichtet. Die Region ist stark getroffen durch Lärm, Abgasen und Dauerstau infolge eines massiven Umleitungsverkehrs. Die Sauerlandstadt und das größere Umland sind aber auch mit Lieferproblemen, Umsatzeinbrüchen und der Abwanderung von Arbeitskräften konfrontiert.

Seit einem Jahr ist die marode Autobahnbrücke Rahmede bei Lüdenscheid gesperrt, die deutschlandweit wichtige Nord-Süd-Achse (Frankfurt-Dortmund) unterbrochen. Täglich donnern rund 20 000 zusätzliche Fahrzeuge, davon rund 6000 Lastwagen, durch Umleitungsstrecken in Lüdenscheid.

Wüst kritisierte, die Bundesregierung habe noch keine substanziellen rechtlichen Änderungen vorgeschlagen, um Planungsverfahren bei solchen Großvorhaben zu beschleunigen. Das wichtige Thema sei daher von der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag gestrichen worden, bedauerte der MPK-Vizevorsitzende.

Betroffene forderten schnelle Hilfen von der Politik, primär ein Durchfahrtsverbot für den Transit-Schwerlastverkehr. Die Bürgerinitiative A45-Lüdenscheid zeigte sich enttäuscht nach dem Gespräch mit Wüst. Sprecher Heiko Schürfeld sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Regierungschef habe lediglich dargelegt, dass nun Rechtssicherheit bestehe, dass der überregionale Lkw-Verkehr umgeleitet werden könne. „Das war zu wenig und sehr unbefriedigend.“

A45 bei Lüdenscheid: Große Friedensbotschaft auf Rahmede-Talbrücke
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Große Friedensbotschaft auf Rahmede-Talbrücke auf der A45 bei Lüdenscheid

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Foto: dpa/Markus Klümper

Unter den geladenen Teilnehmern schilderten Vertreter eines Pflegedienstes nach Worten von Schürfeld, dass Pflegepersonal abwandere. „Wer am falschen Ende von Lüdenscheid wohnt, den erreichen keine Pflegedienste mehr“, gab er wider. Seine Bürgerinitiative habe Wüst einen Forderungskatalog mitgegeben. Sie verlangt ein weiträumiges Umleitungskonzept. Einige Anwohner hätten sich dafür an eine Anwaltskanzlei gewandt. Die Zeit dränge – auch wegen der deutlich steigenden Unfallgefahr infolge von Wintereinbruch und Schneefall.

Wüst gab zu bedenken, dass jetzt vor Ort ein Durchfahrtsverbot organisiert werden müsse – und zwar so, dass es wirklich helfe. Die IHK in Südwestfalen erläuterte, die wichtigste Industrieregion in NRW benötige auch weiterhin Anlieferungen und Abtransporte via Lkw. Es sei keine Lösung, den Verkehr aus Lüdenscheid herauszuhalten, um ihn dann einfach den Nachbarkommunen aufzubürden. Die große Sorge sei, dass eine ganze Region ausblute, mahnte der IHK-Vorsitzende Ralf Stoffels.

Nach bisheriger Planung ist der Neubau der Talbrücke auf fünf Jahre veranschlagt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte den Lüdenscheider Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD) als Bürgerbeauftragten eingesetzt, der das Brückenbauer-Büro unterhält. Dort sagte Büroleiter Mario Bredow, die Stadt im Märkischen Kreis mit mehr als 70 000 Einwohnern klammere sich nach einem Jahr extremer Belastungen inzwischen an „jeden Strohhalm“. Die Verkehrsministerien von Bund und Land NRW hätten lange – bis vor einigen Tagen noch – die Auffassung vertreten, dass ein gefordertes Durchfahrtsverbot gar nicht möglich sei.

Nun müssen sich die Kommunen einigen. Ein Konzept der Stadt Lüdenscheid war vor wenigen Tagen vom Märkischen Kreis in einer Schaltkonferenz mit allen beteiligten Akteuren aber zunächst abgelehnt worden, berichtete Bredow. In einer weiteren Runde sei dann vom Kreis doch eine Prüfung der Planungen zugesagt worden. Wagemeyer kritisierte jüngst, dass Egoismus, Parteidenken, Einzelinteressen und Tricksereien bisher oft verhindert hätten, dass alle an einem Strang ziehen. Man müsse jetzt „Hand in Hand“ und mit Hochdruck an Lösungen arbeiten - nach einem katastrophalen Jahr.

Der Verkehrsclub NRW äußerte Unverständnis, dass ein Jahr lang kein Tempo 30 an besonders belasteten Streckenabschnitten umsetzbar war und auch beim Streit um ein Durchfahrtsverbot keine Lösung erzielt werden konnte.

(toc/dpa)
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