Aggressionen gegen Politiker auch im Kreis Mettmann „Jetzt habe ich den kleinen Waffenschein“

Mettmann/Erkrath/Wülfrath · Auch im Kreis haben Politiker Erfahrungen mit Beleidigungen und Drohungen. Und nicht alle wollen offen reden.

Die Diskussion um die Sicherheit von Kommunalpolitikern wird seit Wochen kontrovers geführt. Nun hat auch der Kerpener Bürgermeister seinen Rückzug und den Verzicht auf eine erneute Kandidatur erklärt, nachdem er Drohungen gegen seine Kinder erhalten hat. Derlei Fälle lassen auch die Politiker in Mettmann, Erkrath und Wülfrath nachdenklich zurück. Das offenbart eine Umfrage unserer Redaktion.

Wurden Sie auch schon einmal bedroht?, so lautete eine unserer Fragen. Nicht alle haben geantwortet. Andere erzählten zwar von ihren Erlebnissen, wollen aber nicht erkennbar sein. Aus Rücksicht auf diesen Wunsch veröffentlichen wir ihre Namen daher nicht. Wohl aber Aussagen, die zeigen: Das Problem ist auch im Kreis Mettmann angekommen.

„Die Verrohung der Sprache führt zur Verrohung des Umgangs miteinander“, sagt ein Gesprächspartner nachdenklich. Das politische Geschäft sei mehr und mehr von harten Auseinandersetzungen und Angriffen geprägt, „das geht mir auch in der Freizeit noch nach“. Tatsächlich sei die bedrohlichste Äußerung aber von Personen außerhalb politischer Kreise gefallen: „Da hieß es sinngemäß, dass man meine Kinder kennt.“ Ein Vorgang, den er der Polizei zur Kenntnis gebracht habe.

Dieses Eindringen in den privaten Raum löst Sorgen, Ängste, Ohnmacht aus. So berichtet ein weiterer Gesprächspartner davon, dass sein privates Eigentum beschädigt wurde. Auch in diesem Falle informierte der Betroffene die Polizei – „und seitdem habe ich einen kleinen Waffenschein“.

Berthold Becker, Fraktionschef der SPD in Mettmann, will offen reden. Auch er habe schon „Beschimpfungen per Mail und Telefon erlebt“, doch die Urheber konnten nicht identifiziert werden. Becker beklagt, dass ein gesellschaftliches Klima entstanden ist, das die Politik herab würdige. Der Bürger werde fordernder, sehe die Politik als Wunscherfüller. Dass jedoch nicht nur Politiker Zielscheibe von Beleidigungen oder gar Hass sind, darauf weist Wülfraths Bürgermeisterin Claudia Panke hin. Auch sie hätten schon besorgniserregende Äußerungen erreicht, „und die lassen mich selbstverständlich nicht kalt.“ Allerdings seien auch viele andere Personengruppen von Hass, Hetze und Respektlosigkeit betroffen – wie die Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte „und leider auch aktuell, so wie in Köln, Vollstreckungsbeamte“, gibt sie zu bedenken. In ihrem persönlichen Fall habe sie auch schon Menschen angezeigt, wenn sie als Urheber beleidigender Äußerungen identifiziert werden konnten.

Mettmanns Bürgermeister Thomas Dinkelmann hat ebenfalls bereits mit „Äußerungen von Hass und Hetze in den digitalen Medien“ Erfahrungen gemacht. „Da Gerichte den Schutzbereich der Meinungsfreiheit weit fassen, müssen sich besonders Personen des öffentlichen Interesses viel gefallen lassen, ich meine zu viel, denn so können sich Hass und Hetze schier ungebremst zur Normalität entwickeln“, findet Dinkelmann. Eine Waffe bei sich zu tragen, könne er sich nicht vorstellen. „Wenn es so weit käme, könnte ich nicht Bürgermeister sein. Schließlich bedeutet dieses Amt, vorbehaltlos unter Menschen in der Öffentlichkeit zu sein. Das geht nur ohne Angst“, sagt er.

Die CDU-Ortsvereinsvorsitzende in Mettmann, Gabriele Hruschka, hat bislang keine Hass-Mails erhalten. Doch auch sie beschäftigt das Thema. Sich zu bewaffnen sei „nicht zielführend“, sagt sie, „das sollte man der Polizei überlassen, die dafür ausgebildet ist.“ Das findet auch der SPD-Ortsvereinsvorsitzende in Mettmann, Heribert Klein: „Das Gewaltmonopol liegt beim Staat, und das ist auch gut so.“

Dennoch bleiben angesichts des bevorstehenden Kommunalwahlkampfs viele Politiker angespannt: „Ich hoffe nicht, dass wir dann in ein entsprechendes Fahrwasser hinein geraten“, sagt Mettmanns CDU-Chefin Hruschka.

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