Puffer verspielt Borussia muss den Reset-Knopf drücken

Mönchengladbach · Seit dem 2:0 auf Schalke fehlt den Borussen etwas. Es gibt ein Tief mit dem nicht alles verspielt, aber der Puffer, den es gab, aufgebraucht wurde. Jetzt geht es auf die harte Tour um Europa und die Champions League. Dabei müssen die Gladbacher einige Fragen beantworten.

Man könnte fast abergläubisch werden im Staate Borussia. Denn seit dem 13. Sieg dieser Saison läuft es nicht mehr bei der Mannschaft von Trainer Dieter Hecking. Es scheint Lichtjahre her, seit diese am 20. Spieltag beim FC Schalke 2:0 gewonnen hat mit einer sehr reifen Leistung. Es stimmte alles: hinten standen die Gladbacher total sicher, hatten das dritte Spiel in Folge ohne Gegentor absolviert. Vorne gab es zwar den Makel der späten Torgeburt, doch gab es am Ende genug Leute, die einsprangen, wenn es darum ging, die Spiele zu entscheiden. Ja, Borussia war Anfang Feburar zu Recht Tabellenzweiter. Dass daraus die Option eines Titel-Dreikampfs destilliert wurde, war keineswegs absurd.

Vier Wochen nach dem 2:0 auf Schalke kassierte Gladbach ein 1:5-Debakel gegen den FC Bayern München, der an jenem 2. Februar übrigens 1:3 in Leverkusen verloren hatte und scheinbar nur noch pro forma im Titelkampf aufgezählt worden war. Dass nun der bis dahin Dritte gegen den Zweiten spielte, war im Spielverlauf nicht zu sehen. Borussia war völlig überfordert, konnte ihr Spiel kaum einmal durchbringen, wirkte fahrig und war löchrig. Das Ende vom Lied: das vierte Spiel ohne Sieg, 2:12 Tore. Ernüchterung.

Die Situation wirft Fragen auf: Was ist passiert seit Schalke? Wo sind die Stabilität und die Selbstverständlichkeit geblieben? Denn die war es, die die von Trainer Dieter Hecking neu erfundene Borussia in der Hinrunde zu 33 Punkten und in den Rückrunde zu den ersten neun Punkten getragen hatte. Und dann, nach Schalke: Puff. Weg. Wird es wie vergangene Saison, als in der Rückrunde alles Erhoffte abhanden gekommen war? Die Antwort ist sicher nicht: Alles halb so schlimm.

Ja, es hätte Siege geben können gegen Hertha BSC und Wolfsburg statt der 0:3-Niederlagen, weil es genug Chancen gab. Und ja, der Punkt, den Borussia aus Frankfurt mitgebracht hat, war einer, der Wert hat. Es war aber nur ein kleines Hoch im Februar-Tief. Insgesamt war es zu wenig. Nun darf man sich streiten, wie man es nennt: Ergebnisdelle? Negativ-Trend? Gar Krise? Fußballmenschen reagieren meist empfindlich auf dieses Wort, weil es nach großen Konsequenzen klingt. Es gibt reichlich weitere Angebote sozialen Netzwerken und in den Anklageschriften mancher erzürnter Fans. Dass die Borussen, unter anderem Jonas Hofmann, mahnen, die Ruhe zu bewahren, ist nachvollziehbar. Hinten wieder stabiler sein und vorn wieder Tore, so einfach ist sein Lösungsvorschlag.

Doch sollten die Borussen nicht die Augen verschließen vor möglichen Abgründen der Situation, sondern diese eindringlich erforschen und sie vielleicht sogar ernster nehmen als sie womöglich ist. Vielleicht braucht es jetzt, da noch ein Drittel der Saison übrig ist, eine Art Reset, ein Zusammenraufen, ein durchaus grundsätzliches Hinterfragen, um sich nochmal neu zu fokussieren – auf allen Ebenen. Noch ist nichts verspielt, noch sind die Borussen die Gejagten. Diese Rolle müssen sie annehmen und nicht als Bürde sehen. Einen Puffer gibt es nicht mehr, diesen Luxus haben die Borussen verspielt. Jetzt geht es auf die harte Tour um Europa und die Champions League. Das wird Borussia schon am Samstag in Mainz zu spüren bekommen. Augen auf und durch, das muss das Motto für den Erfolg sein. Klar ist: Je eher in der Siegbilanz aus der 13 eine 14 wird, desto besser. Nicht wegen des Aberglaubens, sondern rein sportlich.

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