Olympia 2022 Streit zwischen USA und China über Boykott der Winterspiele in Peking

Peking/Washington · Die USA wollen mit ihren Verbündeten über einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking sprechen - oder doch nicht? Nun ist die Frage, wie der Rest der Sportwelt darauf reagiert. Bislang herrscht Zurückhaltung.

 Ein Mann, der einen Mund-Nasen-Schutz trägt, geht an den Olympischen Ringen vorbei.

Ein Mann, der einen Mund-Nasen-Schutz trägt, geht an den Olympischen Ringen vorbei.

Foto: dpa/Mark Schiefelbein

Olympia 2022 ohne die USA? Ein Hauch Kalter Krieg bei den Winterspielen in Peking? Oder alles nur heiße Luft? Die Vereinigten Staaten haben mit Äußerungen über einen möglichen Boykott des Mega-Events für Verwirrung gesorgt, der chinesische Gastgeber reagierte stinksauer und vermutete politische Motive - dann folgte der Rückzieher. Die explosive Gemengelage rund um die umstrittenen Spiele im Reich der Mitte gibt Rätsel auf.

Am Ende seines Presse-Briefings am Dienstag bestätigte Sprecher Ned Price vom US-Außenministerium, aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in China gemeinsam mit anderen Nationen über ein Fernbleiben von den Spielen (4. bis 20. Februar) nachdenken zu wollen. Es dauerte keine 24 Stunden bis zur Antwort aus Peking.

Das chinesische Außenministerium ließ am Mittwoch mitteilen, "dass es gegen die Olympische Charta geht, den Sport zu politisieren". Gleichzeitig sagte Sprecher Zhao Lijian, die Amerikaner hätten ihre Aussagen später erläutert und klargemacht, dass sie keinen Boykott anstreben. Ähnlich formulierte es das US-Außenministerium in einem Statement an den TV-Sender CNBC. Doch ist die Angelegenheit damit vom Tisch?

In den USA waren zuletzt aus der Politik Rufe nach einem Boykott laut geworden. Eine Gruppe von sieben republikanischen Senatoren brachte eine Resolution zum Entzug der Winterspiele Pekings in den US-Senat ein, zudem forderten im Februar 180 Menschenrechtsorganisationen die Regierungen weltweit zum Boykott auf.

Schon damals hatte Peking die "politisch motivierten" Aufrufe als "unverantwortlich" bezeichnet. Besonders die Verfolgung der Uiguren, einer muslimischen Minderheit, in der Region Xinjiang war immer wieder Anlass für Boykott-Forderungen. Price sprach im Fall Xinjiang von "Genozid". Er betonte aber auch, dass ein gemeinsames Vorgehen mit Verbündeten "mehr Einfluss auf Peking" habe als ein Alleingang der USA. Lijian bezeichnete den Vorwurf des Völkermords als "die Lüge des Jahrhunderts - von vorne bis hinten".

Die Spiele 2022 seien noch "weit weg, aber wir werden uns weiterhin mit Verbündeten und Partnern beraten, um unsere gemeinsamen Sorgen zu definieren und eine gemeinschaftliche Herangehensweise zu finden", so Price. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte im März bereits deutlich gemacht, was es von einem Boykott hält, als Präsident Thomas Bach einen solchen in den ARD-Tagesthemen als "falsche Antwort auf solche Fragen" bezeichnete.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatte sich im Februar angesichts der Menschenrechtslage in China besorgt gezeigt und erklärt, die Athletinnen und Athleten vorbereiten zu wollen. Jedoch machte DOSB-Präsident Alfons Hörmann bei Sky auch klar: "Irgendwelche Boykott-Aktivitäten, das hat die Vergangenheit gezeigt, bringen an dieser Stelle wenig bis nichts." Unter dem Boykott würden nur die Athletinnen und Athleten leiden, "das kann und darf nicht der richtige Weg sein", sagte der CSU-Politiker.

Nach den Sommerspielen 1980 in Moskau, welche die USA wegen des Afghanistan-Einmarschs der Sowjetunion boykottiert hatten, wäre es für die Weltgemeinschaft in der Tat ein Rückfall in vergangen geglaubte Zeiten. Vier Jahre nach Moskau war damals der Ostblock den Spielen in Los Angeles ferngeblieben.

Vor dem Hintergrund der Geschichte sieht Reinhard Ketterer, Vize-Präsident der Deutschen Eislauf-Union (DEU), einen Boykott kritisch. "Von dieser Art des Protestes halte ich wenig. Ein Boykott ist nicht das richtige Mittel, um solche Probleme zu lösen. Das hat sich doch schon bei den Spielen 1980 und 1984 gezeigt", sagte er dem SID und fügte an: "Der Kardinalfehler war, nach Peking 2008 Olympia erneut nach China zu vergeben."

Bereits vor den Sommerspielen vor 13 Jahren in Peking hatte der Konflikt um Tibet für Aufregung gesorgt, zu Sanktionen oder gar einem Boykott hatte sich die internationale Gemeinschaft jedoch nicht durchringen können. Im Dezember schrieb die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in einem offenen Brief an Bach: "Die Spiele 2022 werden unter Menschenrechtsbedingungen stattfinden, die signifikant schlechter sind als bei den Spielen in Peking 2008."

(old/dpa)
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