Hingucker des 27. Spieltages Slapstick-Eigentor, Multitasking und ein Ausraster

Düsseldorf · Eine fiese Kopf-ab-Geste in Bremen und eines der kuriosesten Eigentore der Bundesliga-Geschichte: Das und mehr gibt es in unseren Hinguckern des Tages.

Werder Bremen: Papy Djilobodji zeigt Pablo de Blasis die "Kopf-ab"-Geste
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Djilobodji zeigt de Blasis die "Kopf-ab"-Geste

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Foto: Screenshot ARD

Doppelpass des Tages: Havard Nordtveit und Martin Hinteregger

Für die einen war es Slapstick, für die anderen Billard: Das Eigentor des Mönchengladbachers Martin Hinteregger beim 1:2 der Borussia bei Schalke 04 war kein normales Eigentor. Der Österreicher spielte unfreiwillig Doppelpass mit seinem Abwehrkollegen Havard Nordtveit, dann trudelte der Ball zum Schalker 1:0 ins Tor (59.).

"Ich habe mich an meine Jugend erinnert gefühlt, als ich häufig Pinball auf dem Computer gespielt habe", meinte Leon Goretzka nach dem kuriosesten Bundesliga-Tor seit Jahren grinsend. Schalkes Jungstar Leroy Sané hatte an der Mittellinie Nordtveit den Ball abgeluchst, übersprintete Andreas Christensen und passte in die Mitte. Von Hinteregger sprang der Ball zu Nordtveit und wieder zurück — und zum Entsetzen der Gladbacher über die Linie.

Borussia Mönchengladbach: 13 gute Chancen beim FC Schalke 04
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Analyse: 13 gute Chancen auf Schalke

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Foto: Dirk Päffgen

Papy Djilobodji führte den Zeigefinger von links nach rechts über den Hals, die "Kopf-ab-Geste" galt seinem Gegenspieler Pablo de Blasis vom FSV Mainz 05. Mit seinem Aussetzer nach einem Zweikampf in der zweiten Halbzeit sorgte der Innenverteidiger von Werder Bremen für den Eklat des Tages.Schiedsrichter Manuel Gräfe (Berlin) hatte die Szene nicht gesehen, deshalb hat der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Sonntag nachträglich Ermittlungen aufgenommen. Ex-Bundesliga-Referee Thorsten Kinhöfer forderte in der "Bild am Sonntag" Konsequenzen: "So eine Szene muss ein Nachspiel haben". Er geht von einer Sperre aus: "Alles andere wäre für mich ein Skandal."

Werder-Trainer Viktor Skripnik sprach hinterher von einer "emotionalen Sache", Djilobodji habe "Temperament", ist ein "afrikanischer Typ. Ich hätte das nie gezeigt", sagte der Ukrainer, der eine mögliche Sperre nicht ausschließen wollte: "Ich akzeptiere alles, was kommt." Sportchef Thomas Eichin kündigte ein ernstes Gespräch an. "Ich werde mit ihm vernünftig darüber reden, und er wird es künftig nicht mehr machen", sagte er bei Sky, wollte die Szene aber auch nicht dramatisieren: "Für mich war das eine Geste, die zeigen sollte, dass er nicht den sterbenden Schwan machen soll."

Borussia Mönchengladbach: Martin Hinteregger mit Billard-Eigentor
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Hinteregger und Nordtveit produzieren Billard-Eigentor

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Foto: ap

Josip Drmic ist momentan zwar an den Hamburger SV ausgeliehen, für die Profis von Borussia Mönchengladbach war das aber kein Hindernis, Grüße an den verletzten Kollegen zu senden. Beim Einlauf der Mannschaften trugen die Borussen T-Shirts mit der Aufschrift "Josip — Wir sind bei Dir!"

Drmic hatte sich in der Vorwoche im Spiel des HSV bei Bayer Leverkusen einen Knorpelschaden im Knie zugezogen. Auch die Spieler auf der Bank und Trainer André Schubert trugen die T-Shirts. Eine tolle Geste, über die sich der verletzte Schweizer bestimmt gefreut hat.

Borussia Mönchengladbach: T-Shirts für Josip Drmic
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Gladbach-Profis tragen T-Shirts für verletzten Drmic

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Foto: dpa, gki gfh

Spieler des Tages: Ralf Fährmann

"Weltklasse", "unfassbar", "super" - die Lobeshymnen auf Ralf Fährmann nahmen nach dem grotesken 2:1-Sieg von Schalke 04 gegen Borussia Mönchengladbach kein Ende. Der Torhüter hatte den Königsblauen wieder einmal mit einer überragenden Leistung den überaus glücklichen Dreier gerettet und genoss den denkwürdigen Abend "unter der warmen Dusche mit einem kalten Bier". Einzig die Frage nach der Nationalmannschaft trübte seine gute Laune ein wenig. "Es wäre ein Traum gewesen", sagte der 27-Jährige. Dass Bundestrainer Joachim Löw für die Länderspiele gegen England und Italien zwar vier Keeper, aber eben nicht ihn nominierte, sei "bitter", gab er zu.

"Aber es ist kein Zeichen für mich, jetzt aufzugeben. Ich werde bis zum Schluss Vollgas geben, um jedem zu zeigen, dass man sich auf mich verlassen kann", ergänzte Fährmann: "Vielleicht kann ich irgendwann doch noch auf den Zug aufspringen." Für die EM im Sommer in Frankreich ist die Chance des Schalkers aber gleich null, erst danach könnte er ein Thema werden, hatte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke zuletzt erklärt. Gegen Gladbach weckte Fährmann Erinnerungen an seinen früheren Vereinskollegen Manuel Neuer. Wie der Schalker Keeper allerbeste Torchancen - mitunter im Stile eines Handball-Torwarts - zunichte machte, ließ noch einmal den Welttorhüter in Königsblau aufleben. "Super", urteilte sein Gegenüber Yann Sommer. "Unfassbar", meinte sein Trainer André Breitenreiter. "Ein Torhüter von Weltklasseformat", lobte sein Mitspieler Leon Goretzka.

Änis Ben-Hatira nimmt es mit jedem auf. Egal wann, egal wo. Sein neuer Verein Eintracht Frankfurt hatte gerade den Tabellenletzten Hannover 96 mit 1:0 (1:0) geschlagen und war dennoch zum ersten Mal in dieser Saison auf einen Abstiegsplatz abgerutscht. Trotzdem sagte der Mann des Abends: "Dass es schwer wird, wissen wir. Aber auch Dortmund ist zu Hause machbar. So ist das nicht."

Ben-Hatiras Selbstvertrauen lässt sich nicht so leicht erschüttern. Aber wer will ihm das nach seiner Geschichte in den vergangenen Monaten verdenken? Kurz zusammengefasst geht diese so: Lange Verletzungspause bei Hertha BSC, dann Rückkehr und gleich der Rauswurf bei seinem Herzensverein. Ben-Hatira liefert sich eine Prügelei im Mannschaftsbus und wechselt danach blitzartig nach Frankfurt. Dort denken viele: Was wollen die mit dem? Aber gleich bei seinem ersten Einsatz von Anfang an schießt er sein erstes und so wichtiges Tor (32.). Danach vergibt er noch zwei dicke Chancen, aber was läuft schon glatt in dieser bewegten Karriere?

"Ich bin ein Spieler, der mit dem Druck klarkommt. Ich mag den Druck", sagte Ben-Hatira. Sein neuer Trainer hat ihm von Anfang an vertraut. "Änis ist ein Spieler, der den Unterschied ausmachen kann", so Niko Kovac. "Er hat im Training Gas gegeben und sich belohnt."

Multitasker des Tages: Thomas Müller

90 Minuten auf der Bank zu sitzen, ist Thomas Müller nicht gewohnt. Und so wusste er gar nicht so recht, wohin mit all seinen Emotionen und seinem Aktionsdrang. "Ich hatte ein bisschen überschüssige Energie", sagte der Weltmeister von Bayern München nach dem 1:0 beim 1. FC Köln schmunzelnd. Der verletzte Teamkollege Jerome Boateng wunderte sich derweil vor dem heimischen Fernseher, als er die zahlreichen Bilder sah, die Kameras während der ereignisarmen Spiels von Müller einfingen. "Ich muss ja immer lachen, wenn ich ihn alleine schon sehe", sagte Boateng als Gast im Aktuellen Sportstudio des ZDF: "Aber heute hat er alles gemacht: Er war Zeugwart, Co-Trainer und am Ende hat er noch gefeiert."

In der Tat: Mal stand der 26-Jährige neben Trainer Pep Guardiola und gab Anweisungen, dann legte er dem ausgewechselten Xabi Alonso in fast schon mütterlicher Fürsorge eine Jacke um die kalten Schulter, nach dem Schlusspfiff lief er ausgelassen jubelnd aufs Spielfeld. Wie er sich dabei fühlte, berichtete Müller nach dem Spiel mit spitzbübischer Freude den Journalisten — auch das ist bei nicht eingesetzten Spielern selten der Fall.

Bleibt die Frage, ob Müller die Schonung, die ihm Guardiola nach den aufreibenden 120 Minuten gegen Juventus Turin gewährte, überhaupt brauchte. Emotional und bewegungstechnisch wirkte er schlicht unterfordert. Und müde Beine kennt Müller wohl auch nur vom Erzählen. Wie spottete doch zuletzt Teamkollege Arjen Robben: "Der Thomas ist eigentlich nie verletzt — weil er keine Muskeln hat."

Nach seinem Rekordtor zeigte Claudio Pizarro sein typisches schelmisches Grinsen. "Das ist eine Riesenfreude für mich", sagte der 37-Jährige nach seinem 101. Bundesliga-Treffer für Werder Bremen. Damit schloss der Peruaner mit dem bisherigen alleinigen Rekordtorschützen Marco Bode auf.

Altmeister Pizarro rettete den Grün-Weißen beim 1:1 gegen den FSV Mainz 05 mit seinem verwandelten Elfmeter einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf und wird immer mehr zur personifizierten Lebensversicherung für die Hanseaten. In den nächsten Wochen will Pizarro "noch ein paar Tore schießen für Werder" und seinen Rekord ausbauen: "Damit die anderen nicht so schnell an mich herankommen." Trainer Viktor Skripnik baut auf seinen Top-Torjäger: "Hoffentlich macht er in den nächsten Wochen so weiter." Pizarros Vertrag an der Weser läuft im Sommer aus, doch Werder will seinen Torgaranten halten. "Alle Hoffnungen, die wir in diesen Transfer gesetzt hatten, sind aufgegangen. Er spielt eine außergewöhnliche Saison und macht wichtige Tore", sagte Bode, aktuell Aufsichtsrats-Chef in Bremen, bei Sky: "Er ist aber auch in der Kabine ein wichtiger Ansprechpartner. Ich würde mich freuen, wenn er noch ein weiteres Jahr bei uns spielen könnte. Ich denke, dass die Aussichten gut sind."

Nach seinen umstrittenen Entscheidungen beim Sieg von 1899 Hoffenheim beim Hamburger SV am Samstag macht sich der Schiedsrichter für die Einführung des Videobeweises stark. Knut Kircher hat sich nach mehreren strittigen Entscheidungen beim 3:1 von 1899 Hoffenheim beim Hamburger SV am Samstag für die Einführung ausgesprochen.

"Ich war immer Traditionalist. Aber mittlerweile gibt es durchaus Situationen, wo der Videobeweis gutgetan hätte", sagte der 47-Jährige nach der Partie. Unter anderem hatte der Referee in der 20. Minute nach einer Notbremse von HSV-Keeper Rene Adler im Strafraum gegen Kevin Volland auf Strafstoß entschieden, dem Schlussmann statt der Roten jedoch nur die Gelbe Karte gezeigt. "Nach Betrachten der Bilder wäre Rot für Adler möglich gewesen", gestand Kircher seinen Fehler im Nachhinein ein.

Als sei die 0:2-Niederlage gegen Bayer Leverkusen nicht schon schlimm genug, hat der VfB Stuttgart in diesem Spiel ein böses Jubiläum "gefeiert". Der Leverkusener Führungstreffer durch Julian Brandt in der zwölften Minute war das 2500. Gegentor in der Stuttgarter Bundesliga-Geschichte. und bereits das 53. in dieser Saison. Doch es sollte noch das 2501. bzw. 54. durch Karim Bellarabi folgen. Damit stellt der VfB gemeinsam mit Werder Bremen die schlechteste Defensive der Liga. Zum Vergleich: Manuel Neuer von Tabellenführer Bayern München musste lediglich 13 Mal hinter sich greifen.

Und Brandt, der Bellarabis zweiten Treffer vorbereitete, war erstmals in seiner Bundesliga-Karriere an zwei Treffern in einem Spiel beteiligt. Des einen Freud ist bekanntlich des anderen Leid.

Borussia Dortmund ist nicht auf Pierre-Emerick Aubameyang angewiesen. Das wissen die Verantwortlichen spätestens seit dem 3:1-Auswärtssieg beim FC Augsburg. Denn der BVB hat guten Ersatz. Adrian Ramos avancierte mit einem Tor und einer Vorlage zum Matchwinner für den BVB, der sich lange Zeit schwer tat. Dabei war vor allem die Vorarbeit des Stürmers zum 2:1 für die Westfalen sehenswert.

Ramos nahm einen langen Ball mit der Brust an, verarbeitete ihn und hatte auch noch ein Auge für den mitgelaufenen Gonzalo Castro. Bei seinem eigenen Treffer zum 3:1 scheiterte Ramos erst mit einem Kopfball an Augsburgs Keeper Alex Manninger, um den "Rebound" zu verwerten.

Ramos war in dieser Saison alle 50 Minuten an einem Treffer beteiligt (5 Tore, 3 Assists) und damit sogar deutlich effektiver als Aubameyang (alle 78 Minuten eine Torbeteiligung).

(can)
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